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AHO Aktuell - 29.07.2002

Tierschutz-Chaos: 133 Ziegen und 100 Hängebauchschweine beschlagnahmt


Darmstadt-Dieburg (aho) - Wegen massiver Verstöße gegen das Tierschutzgesetz
hat das Veterinäramt des Landkreises Darmstadt-Dieburg am Donnerstag auf
einem "Gnadenbrothof" im vorderen Odenwald 133 Ziegen beschlagnahmt. Die Tiere
wurden vorläufig auf anderen Anwesen untergebracht. Einige davon sind offenbar
schwer krank, humpeln und weisen Entzündungen auf, an denen Maden herumkriechen.
Die behördlichen Veterinäre sprechen von schlimmen Zuständen. Inwiefern noch
eine Behandlung möglich ist und ob einzelne Tiere eingeschläfert werden müssen,
wird sich bei den folgenden Untersuchungen herausstellen.

Der auf einem Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt beruhende Einsatz dauerte
sieben Stunden und nahm zeitweise Formen einer Wildwestshow an. Die 51 Jahre
alte Eigentümerin und ihre 25-Jährige Tochter leisteten erheblichen Widerstand.
Nur mit Handschellen konnten Polizisten die junge Frau am Schlagen und Treten
hindern. Die Ältere blockierte das für den Abtransport der Tiere bereitstehende
Fahrzeug und fuhr ihren Wagen erst weg, als der Abschleppdienst anrollte. Durch
den mäßigenden Einfluss des Anwalts der Betroffenen beruhigte sich später die
Situation. Große Schwierigkeiten bereitete auch das Einfangen der Ziegen, die
zusammen mit rund 100 Hängebauchschweinen, etlichen Gänsen und Hühnern auf dem
weitläufigen Hanggrundstück am Ortsrand gehalten wurden. Es bedurfte einiger
Anstrengungen, die Tiere mit Hilfe von Hütehunden und mobilen Zäunen zusammen-
zutreiben und zu verladen. Das Veterinäramt Darmstadt-Dieburg war, unter
anderem unterstützt von Fachleuten aus Erbach und Gießen, von Mitarbeitern
des Regierungspräsidiums, der Naturschutzbehörde und des kommunalen Bauhofs,
mit einem Aufgebot von insgesamt 21 Personen angerückt. Der Fall hat eine
längere Vorgeschichte und wird sich wohl noch fortsetzen. Nicht nur dem
Veterinäramt, auch der Naturschutzbehörde gibt die durch ständige Neuaufnahmen
und ungebremste Fortpflanzung ausufernde Tierhaltung fortwährend Anlass zum
Einschreiten. Die Besitzerin des "Gnadenbrothofes", die auch Eseln, Pferden
und Katzen Obdach gewährt, scheint - bei allen edlen Motiven - organisatorisch
und fachlich überfordert. Gegen jegliche behördliche Intervention setzt sie
sich juristisch zur Wehr. Der jüngste Widerspruch beispielsweise richtet sich
gegen einen Bußgeldbescheid in Höhe von 2.500 Euro. Anlass dazu: Im Februar
dieses Jahres waren vierzehn Pferde auf einer völlig verschlammten Weide
angetroffen worden.

Auf die Ziegenhaltung versucht das Veterinäramt seit anderthalb Jahren
einzuwirken. Wiederholte Kontrollen ergaben unter anderem, dass ein Großteil
der Herde Gelenk- und Klauenerkrankungen aufweist; die betroffenen Tiere sind
in ihrer Bewegung stark beeinträchtigt. Statt amtstierärztlichen Rat und
Anordnungen zu befolgen, prozessierte die Frau jedoch durch die Instanzen
bis zum Verwaltungsgerichtshof. So lange waren dem Veterinäramt die Hände
gebunden. Erst mit dem richterlichen Beschlagnahmebeschluss konnte jetzt
zumindest dem Leiden der Ziegen ein Ende gesetzt werden. Die Aktion vom
Donnerstag zieht ein noch nicht genau beziffertes, hohes Bußgeld (der
gesetzliche Rahmen geht bis 25.000 Euro) und eine Rechnung für Einsatz
und Folgekosten wie Unterbringung und ärztliche Versorgung der Tiere nach
sich.
 



 

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