Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 25.07.2002

Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf die Landwirtschaft


(ZDS) - Dass das Ruhestandsalter von heute real rd. 60 Jahren bis zum Jahr 2018
kontinuierlich auf 65, bis zum Jahr 2036 gar auf 70 und schließlich bis zum
Jahr 2074 auf 73 Jahre angehoben werden muß, damit der Rentenbeitragssatz nicht
über Gebühr steigt, wird heute von niemanden mehr bestritten. Man redet nur
nicht gerne darüber. Selbst Industrie und Versicherungen lassen mittlerweile
die Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf die Absatzmöglichkeiten ihrer
Produkte untersuchen. Um die Einwohnerzahl von rd. 82 Mio. zu halten, wäre eine
Geburtenrate von rd. 2,1 Kindern je Frau nötig. Derzeit beträgt die Geburten-
rate je Frau in Deutschland aber nur 1,3. Und die Prognosen sind düster. Trotz
verstärkter Migration ausländischer Mitbürger und einer familienfreundlichen
Politik wird die Einwohnerzahl Deutschland bereits im Jahr 2030 auf rd. 78 Mio.
geschrumpft sein. Im Jahr 2080 gar auf 53 Mio. Fast 47 % der Bevölkerung werden
bereits im Jahr 2030 älter als 60 Jahre sein. Die Folgen für die schweine-
haltenden Landwirte sind gravierend. Unterstellt man einen jährlichen
Rückgang des Schweinefleischverzehrs von nur 100 Gramm / Kopf und Jahr, läßt
sich der Nettobedarf an Schweinefleisch auf der Basis der prognostizierten
Bevölkerungsentwicklung berechnen: Er wird im Jahr 2030 nur noch 2,8 Mio.
Tonnen betragen. Das sind 1,7 Mio. Tonnen Schweinefleisch bzw. 18,5 Mio.
Schweine weniger als im Jahr 2001. Es müssten nur noch 24 Mio. Schweine
geschlachtet werden, um die heimische Nachfrage zu decken. Derzeit sind es rd.
45 Mio. Tiere. Geht man weiter davon aus, dass die Betriebsschließungen in
dem Ausmaß weiter gehen wie in den letzten Jahren, werden nur noch eine Hand
voll Landwirte übrig bleiben, die Schweine halten. Um im internationalen
Wettbewerb bestehen zu können, wären Betriebsgrößen mit 1.100 Sauen und 10.000
Mastschweinen vorteilhaft. Weitere Expansionen wären jederzeit möglich, weil
wegen der gesunkenen Tierzahlen die Flächenbindung keine Thema mehr ist
(wie heute bereits in Ostdeutschland) und die Höfe nach EU-Biosiegelkriterien
wirtschaften. Insgesamt wären bei diesem Szenario nur noch 900
Ferkelerzeugerbetriebe notwendig, die im Direktverkehr die noch
übriggebliebenen 1.000 Mastschweinebetriebe beliefern. Aber auch nur, wenn
die Nachfrage zu 100 Prozent aus heimischer Produktion gedeckt würde. Und
das ist sehr unwahrscheinlich.

Zugegeben, die dargestellten Folgen für die Schweineproduktion sind rein
hypothetisch. Die Prognosen der Bevölkerungsentwicklung jedoch nicht. Selbst
eine optimale Familien- und Migrationspolitik kann daran nichts mehr ändern.
Diese Chance wurde von der Politik schlicht verschlafen. In der Landwirtschaft
darf man nicht die gleichen Fehler machen. Alle Gesetze und Verordnungen
müssen zukünftig vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung auf ihre
langfristigen Auswirkungen hin überprüft werden. Es müssen heute die Weichen
für eine funktionierende, vielfältige bäuerliche Landwirtschaft
im Jahr 2030 gestellt werden.

(siehe auch: "Perspektiven der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland und
Europa - Konsequenzen für die sozialen Sicherungssysteme" in
http://www.ibs.uni-bielefeld.de/download/)
 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de