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AHO Aktuell - 28.04.2002

Q-Fieber im Lahn-Dill-Kreis: Waren Schafe die Infektionsquelle?


Wetzlar (aho) - Im Lahn-Dill-Kreis sind in den vergangenen Wochen mehrere
Menschen an Q-Fieber erkrankt oder zeigen Krankheitsmerkmale, die auf eine
Infektion mit Q-Fieber hinweisen könnten. Nach einem erstmals im Februar
dieses Jahres gemeldeten Erkrankungsfall sind vornehmlich Mitte bis Ende
März nachweislich weitere vier Menschen im Bereich der Gemeinde Dietzhölztal
erkrankt. In einem Todesfall konnte Q-Fieber als Todesursache nicht sicher
bestätigt werden.

Bei inzwischen veranlassten Untersuchungen der im Raum Dietzhölztal weidenden
Schafe wurden bislang keine Q-Fieber-Erreger nachgewiesen. Weitere Ergebnisse
vom 25. April deuten jedoch darauf hin, dass die Erkrankungsfälle mit den
dort gehaltenen Schafen in Verbindung stehen könnten.

Hochinfektiös

Q-Fieber ist eine weltweit verbreitete von Tier zu Mensch übertragbare
Infektionskrankheit durch den Erreger Coxiella burnetii. Er gehört zur
Familie der Ricketsiaceae und vermehren sich ausschließlich innerhalb von
Zellen (obligat intrazellulär). Coxiella burnetii befällt vor allem Schafe,
Kühe und Ziegen. Er findet sich aber auch in Zecken, Wildtieren, Hunden und
Katzen. Coxiella ist hochinfektiös, einige wenige Erreger genügen bereits.
Primäre Überträger des Q-Fiebers sind in Europa Zecken der Gattung Dermacentor,
die den langfristigen Infektionszyklus unterhalten. Nach Infektion von Ziegen
oder Schafen gibt es mehrere Wege der Weiterverbreitung: Infektiöser Zeckenkot
kann in der Schafwolle zurückbleiben und per Aerosol (Staub) weitere
Infektionen verursachen, oder die Infektion kann über die Milch erkrankter
Tiere weitergegeben werden. In der Praxis wohl am häufigsten ist der dritte
Weg: Die Infektion führt beim trächtigen Muttertier zu einer Plazentitis mit
sehr hohen Keimzahlen im plazentaren Gewebe. Bleibt die Nachgeburt im Gelände
liegen, kann nach Austrocknung ein hochinfektiöses Aerosol entstehen. Das
Aufwirbeln des Staubs reicht dann oft schon aus, um den Erreger zu übertragen.

Klinische Erscheinungen beim Menschen

Eine auffallende Besonderheit von Coxiella ist die sehr hohe Resistenz gegen
Austrocknung und Lichtexposition, weshalb noch nach Monaten sekundäre
Infektionen, vor allem durch Aerosole (Einatmen von erregerhaltigem Staub)
möglich sind. Bei etwa ca. 50 Prozent der infizierten Menschen werden keinerlei
Krankheitszeichen erkennbar. Die Diagnose Q-Fieber wird durch eine
Blutuntersuchung gestellt.

Zwei klinische Varianten sind bekannt: Die akute und die chronische Form des
Q-Fiebers. Bei der akuten Form kommt es nach Aerosolübertragung (sehr selten
nach Zeckenbiß oder Genuß infizierter Milch) mit einer Inkubationszeit von
ca. 20 Tagen in vielen Fällen nur zu einem milden, mehr oder weniger
fieberhaften Infekt, in manchen Fällen aber auch zu einem hochfieberhaften
Krankheitsbild mit Kopf- und Gliederschmerzen. Etwa die Hälfte der Erkrankten
entwickelt eine Lungenentzündung (atypische Pneumonie). Komplikationen sind
nicht selten, neben einer granulomatösen Hepatitis können Myo-Perikarditiden
und Meningitiden auftreten. Die chronische Form führt häufig zu Endokarditiden,
die nach einer Latenz von 3-20 Jahren beobachtet wurden.

In der Regel heilt Q-Fieber beim Menschen folgenlos aus, nur in seltenen Fällen
kommt es zu einer langandauernden Infektion. Das Q-Fieber wird in der Regel mit
Tetracyclinen (Doxycyclin (200 mg/d über 20 Tage) behandelt. Bei der
chronischen Form reicht dies nicht aus, in diesem Fall muß über mehrere Monate
bis Jahre mit einer Kombination aus Doxycyclin und Rifampicin oder
Trimethoprim/Sulmethoxazol behandelt werden.

Erkrankungsfälle in Deutschland

In den Jahren 1998 und 1999 sind in Baden-Württemberg mehrere größere Ausbrüche
von Q-Fieber aufgetreten. Dies begann im Mai bis Juli 1998, wo mehr als 100
Erkrankungen in Freiburg beobachtet wurden. Als Zentrum der Epidemie konnte
das Gelände des alten Flugplatzes eingegrenzt werden, das gelegentlich zur
Schafbeweidung genutzt wird. Im August und September 1999 kam es zu mehreren
Ausbrüchen im Gebiet von Rottweil und der schwäbischen Alb. Auch für diese
konnten Kontakte mit Schafen als Ursache wahrscheinlich gemacht werden. In
Rottweil hatten Schafe ihre Kälber auf Weiden geboren, durch die Wanderwege
führen, in Stetten gab es eine Festveranstaltung mit Schafschur. Möglicherweise
war die lang anhaltende Trockenheit ein wesentlicher Faktor, da es so zu einer
verstärkten Aerosolbildung bzw. Staubentwicklung kam. Im Jahr 2001 wurden
in Deutschland etwa 250 Fälle von Q-Fieber beim Menschen amtlich festgestellt.
 



 

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