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AHO Aktuell - 29.03.2002

Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin gegen Tierschutz als Staatsziel


Bonn - Erhebliche Bedenken gegen eine Aufnahme des Tierschutzes als
Staatszielbestimmung in das Grundgesetz hat die Arbeitsgemeinschaft
Hochschulmedizin geäußert. Es sei zu befürchten, daß der Tierschutz im
Einzelfall in Konflikt mit der verfassungsrechtlich garantierten
Forschungsfreiheit gerate. Dies würde zur Folge haben, daß jeder einzelne
Forscher nachweisen müßte, daß die Ziele seiner Arbeiten nur durch
Tierversuche erreichbar seien. Da sich wissenschaftliches Neuland jedoch
gerade nicht aus gesichertem Tatsachenwissen erschließen läßt, kämen
zahlreiche Forschungsvorhaben zum Erliegen oder würden ins Ausland
verlagert. Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin forderte zum Schutz
der medizinisch - naturwissenschaftlichen Forschung eine normative
Absicherung im Grundgesetz, sollte die Einführung des Tierschutzes als
Staatszielbestimmung nicht zu umgehen sein. Eine derartige
"Forschungsklausel" könnte wie folgt lauten: "Tiere werden im Rahmen
der geltenden Gesetze, insbesondere im Rahmen der Freiheit der
Wissenschaft sowie von Forschung und Lehre, vor Leiden und Schäden
geschützt, die durch keinen vernünftigen Grund zu rechtfertigen sind."
Die Arbeitsgemeinschaft wies darauf hin, daß das deutsche Tierschutzgesetz
eines der strengsten der Welt sei. Dies gelte in besonderer Weise für den
Bereich der Tierversuche in der Forschung, wo Experimente an und mit
Tieren nur unter der Voraussetzung besonderer Fachkunde und auf Grundlage
eines äußerst strengen Genehmigungsverfahrens zugelassen würden. Den
Tierschutz in die Verfassung aufzunehmen sei daher nicht nur überflüssig,
sondern auch kontraproduktiv. "Wissenschaftliche Forschung an und mit
Tieren ist nicht nur ethisch vertretbar, sondern zwingend notwendig",
sagte ein Sprecher der Arbeitsgemeinschaft. "Die Geschichte der Medizin
lehrt, daß die Forschung auf Tierversuche nicht verzichten kann. Dies
gilt vor allem für die klinische Arzneimittelprüfung, die
Grundlagenforschung und den Arbeitsschutz." Ohne Tierversuche gäbe es
heute weder Insulin zur erfolgreichen Behandlung des Diabetes noch
wirkungsvolle Narkosemittel zur Durchführung größerer Operationen und
zu einer effektiven Schmerztherapie. Rötelnprävention bei Schwangeren
und Diagnosemöglichkeiten bei Ungeborenen wären ohne Forschung an Tieren
erheblich eingeschränkt. Früher sei Leukämie bei Kindern nicht erfolgreich
zu behandeln gewesen. Heute überlebten 80 % dieser Kinder, weil an Mäusen
entwickelte Behandlungsmethoden angewandt werden könnten. Wer für die
Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung plädiere, beschwöre eine nicht
zu unterschätzende Gefahr für die künftige Vermeidung und Behandlung
von Krankheiten herauf. Bei schweren, zum Teil heute noch nicht heilbaren
Krankheiten wie Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, Rheuma, Aids, Multipler
Sklerose und Allergien müßte ohne Tierversuche die Anwendung von
diagnostischen und therapeutischen Verfahren unmittelbar am Menschen
vorgenommen werden. Die Durchführung von Experimenten am Menschen, die
man mit dem Gebot eines effektiven Tierschutzes rechtfertigen müßte,
wären jedoch gerade in Deutschland unerträglich.

Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin hat im März 2000 ein Positionspapier
zu diesem Thema erstellt, das von folgenden Institutionen getragen wird:

Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland (MFT)
Vorsitzender: Professor Dr. med. von Jagow, Klinikum der Universität
Frankfurt am Main. Der MFT ist die Konferenz der medizinischen Ausbildungs-
und Forschungsstätten an den deutschen Universitäten mit zur Zeit 36
Mitglieds- und 3 Gastfakultäten. Er vertritt ihre Fachinteressen gegenüber
Öffentlichkeit und politischen Gremien.

Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
(AWMF); Vorsitzender: Professor Dr. Hans Reinauer, Düsseldorf
In der AWMF sind derzeit 123 wissenschaftliche Fachgesellschaften aus allen
Bereichen der Medizin zusammengeschlossen.

Bundesvereinigung der Landeskonferenzen ärztlicher und zahnärztlicher Leiter
von Kliniken, Instituten und Abteilungen der Universitäten und Hochschulen
Deutschlands (BVL)
Vorsitzender: Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Dick, Mainz.
Die BVL ist ein Zusammenschluß klinischer Landeskonferenzen mit dem Ziel
der Wahrnehmung und Koordination berufsspezifischer Belange im Bereich der
klinischen Hochschulmedizin und -zahnmedizin.

Deutscher Hochschulverband (DHV)
Präsident: Professor Dr. Hartmut Schiedermair, Bonn. Der DHV ist die
überparteiliche und fächerübergreifende Berufsvertretung der
Universitätslehrer an den wissenschaftlichen Hochschulen und Universitäten
Deutschlands mit über 18.000 Mitgliedern.

Das Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin kann über
die Pressestelle des Deutschen Hochschulverbandes, Rheinallee 18,
53173 Bonn, Tel.: 0228/90 260-15, Fax: 0228/90 260-90 angefordert werden.
 



 

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