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AHO Aktuell - 07.02.2002

Ghostwriter schreiben medizinische Artikel


London (pte) - Sarah Boseley von der britischen Zeitung "The Guardian" hat
zweifelhafte Praktiken im Medizinjournalismus aufgedeckt. Pharmafirmen
bezahlen Wissenschaftlern hohe Geldsummen, damit diese ihren Namen unter
Artikel setzen, die nicht von ihnen selbst geschrieben wurden. Die Ärzte
kennen dabei oft nicht die ursprünglichen Daten.

Anfänglich war im medizinischen Bereich Ghostwriting auf von der Industrie
gesponserte Zusatzbroschüren beschränkt. Nun ist es laut Boseley ein übliches
Mittel in allen großen Medizinjournalen. Betroffen sind vor allem die Bereiche
Kardiologie und Psychiatrie. Es geht dabei so weit, dass Wissenschafter auch
ein von der Firma bezahltes Symposium abhalten, für das sie Summen zwischen
2.000 Dollar (2.305,69 Euro) und 10.000 Dollar (11.528,40 Euro) erhalten.
Robin Murray, Leiter der Abteilung für psychologische Medizin am Institut für
Psychiatrie in London, ist über diesen Zustand beunruhigt: "Es herrscht nun
die Situation, wo ein Publikum während des Vortrages eines bekannten britischen
Psychiaters unsicher wird, ob der Vortragende vom Inhalt seines Vortrages
überzeugt ist, oder ob dafür bezahlt wird."

Im psychotherapeutischen Bereich liegt darin nach Angaben von Boseley eine
bedeutende Gefahr. In der USA laufen einige Gerichtsverfahren, da Personen,
die unter dem Einfluss von SSRI (selekive serotonin reuptake inhibitors),
einem Antidepressivum, Selbstmord begangen oder Morde verübt haben. Der
Psychopharmakologe David Healy hat bewiesen, dass jene Firma, die dieses
Medikament vertreibt, sich auf Artikel verlassen hat, die von Wissenschaftlern
ohne Kenntnis der Daten authorisiert wurden. Auch die Weltgesundheits-
organisation (WHO) äußerte sich betroffen zu den Abmachungen zwischen der
Pharmaindustrie und Forschern: "Wenn klinische Versuche zu einem kommerziellen
Wagnis werden und Eigeninteresse über dem öffentlichen Interesse steht, ist
der gesellschaftliche Vertrag, der Forschung an Menschen für den medizinischen
Fortschritt erlaubt, gebrochen."
 



 

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