Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 16.01.2002

Fehlerhafte BSE - Tests: "Nur die Spitze des Eisberges"


Gießen/Ludwigsburg (VUP) - Der Deutsche Verband unabhängiger
Prüflaboratorien (VUP), Gießen, hat die Absicht des Verbraucher-
ministeriums begrüßt, Testlabors zukünftig schärfer zu kontrollieren.
Anlass der Erklärung von Ministerin Künast war der am Montag
(14.01.02) in einer Meldung der Agentur AP bekannt gewordene
Fall nicht ordnungsgemäßer BSE-Untersuchungen eines Passauer
Speziallabors, wonach alles Rindfleisch der dort untersuchten Proben
aus dem Verkehr gezogen werden musste.

"Der in Ost-Bayern zu Tage getretene Skandal ist nur die
Spitze des Eisberges in der gesamten Bundesrepublik",
stellt VUP-Präsident Dr. Klaus-Peter Lörcher (Ludwigsburg)
fest. "Seit Monaten weist unser Verband zuständige
behördliche Stellen auf die Ursachen der Misere hin. Bis
jetzt leider ohne jegliche Konsequenzen." Fehlende
Qualitätskontrollen der öffentlichen Auftraggeber in
Zusammenhang mit der gängigen Vergabepraxis
öffentlicher Stellen ebne das Spielfeld für die wenigen
schwarzen Schafe der Branche. Dieses betreffe leider
keinesfalls nur die BSE-Tests sondern den gesamten
Bereich der hoheitlichen, gesetzlich geregelten
Untersuchungen, also auch die Umwelt- und
Trinkwasseranalytik.

In der letzten Zeit habe sich quer durch Deutschland, ja
sogar in die Billiglohnländer des benachbarten Auslandes,
ein regelrechter "Probentourismus" entwickelt. Brisante
hoheitliche Untersuchungen, wie BSE-Tests würden oft in
Regionen untersucht, in denen die zuständige staatliche
Überwachungsstelle aufgrund ihres vorgegebenen
regionalen Kompetenzbereiches überhaupt nicht
kontrollieren dürfe.

Als Beispiel verweist er auf die Korrespondenz des VUP
mit dem Rheinland-Pfälzer Landesuntersuchungsamt in
Koblenz. "Im Interesse des Steuerzahlers", so das Amt,
werde man bei den BSE-Tests einen Preiswettbewerb
herstellen. Daraus folgte, dass heute BSE-Proben über
Hunderte von Kilometern von dortigen Schlachtbetrieben in
ein Bundesland verschickt und weit ab vom
Überwachungsbereich der Rheinland-Pfälzer Behörde
analysiert werden. "Ich kann die angeführten Bedenken
nicht teilen", wies die Mainzer Ministerin Klaudia Martini
noch kurz vor Ihrem Berufswechsel in die Privatwirtschaft
die vom VUP vorgebrachten Bedenken mit
formal-juristischen Argumenten zurück.

"Es kann nicht sein, dass brisante hoheitliche
Untersuchungen lediglich nach Preisgesichtspunkten an
den billigsten Bieter vergeben werden und man die
Gesichtspunkte der Qualitäts-Kontrollmöglichkeiten, der
Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Testlabors
ignoriert", gibt Lörcher diesbezüglich zu bedenken.

In diesem Zusammenhang sei es ein fataler Trugschluss
der staatlichen Auftraggeber und Überwachungsstellen,
dass Sie nach einmaliger behördlicher Überprüfung der
Kompetenz des Testlabors und dessen daraufhin erfolgter
Zulassung davon ausgingen, dass hier zukünftig stets
qualitätsgerecht gearbeitet würde. "Wenn ich einen Becher
Jogurt kaufe, der nicht schmeckt, greife ich zukünftig zu
einer anderen Marke," erläutert Lörcher. Dieses sei im
übertragenen Sinne in der Laboranalytik nicht möglich,
wenn Qualitätskontrollen des Auftraggebers unterbleiben.
Hierzu reiche es meist aus, wenn dieser unangemeldet das
beauftragte Labor besucht und die Rohdaten der
durchgeführten Analytik überprüft.

Seit Jahren fordere sein Verband Qualitätskontrollen der
ffentlichen Hand in Form derartiger "auftragsbezogener
Audits" die stichprobenartig aber regelmäßig durchgeführt
werden müssen.

Dem VUP sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen
Laboratorien aus unterschiedlichen Gründen personelle
Fachkompetenz und apparative Ausrüstung in einem
bestimmten Untersuchungsgebiet (zB. bei
Trinkwasseruntersuchungen) abbauten. Aufgrund
nachlässiger staatlicher Kontrollen wurden diese
Laboratorien jedoch weiterhin mit entsprechenden
Zulassungen geführt und auch mit Untersuchungsaufträgen
bedacht.

Auch weist der Verband erneut auf die Problematik hin,
dass manche öffentlich rechtlichen Forschungsinstitute und
Einrichtungen über eine Zulassung für derartige hoheitliche
Untersuchungen verfügen, ohne dass jemals Kompetenz-
und Qualitätskontrollen durchgeführt wurden. Es ist in der
Branche bekannt, dass hier mit den Tests meist auch nicht
qualifiziertes Personal, wie Studenten im Praktikum,
beauftragt werden, weiß der Präsident der deutschen
Laboratoriumsbranche zu berichten.
 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de