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AHO Aktuell - 09.01.2002

NRW erlässt Vollzugsregelungen zum "Artikelgesetz"


Münster (wlv) Das NRW-Ministerium für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat mit Erlass vom 19. Dezember
2001 Vollzugsregelungen zur Umsetzung des "Artikelgesetzes" getroffen.
Der Erlass lässt nach Mitteilung des Westfälisch-Lippischen
Landwirtschaftsverbandes (WLV) das Bemühen der zuständigen Behörden
um eine verträgliche Umsetzung erkennen. Die massiven Proteste des
WLV gegen die fachlich unsinnige Verschärfung der
immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an Tierhaltungsanlagen
zeigten damit erste Erfolge.

So soll die Überprüfung bestehender Stallanlagen in einer abgestuften
Vorgehensweise erfolgen. Es werden zunächst die neu in das
"Artikelgesetz" aufgenommenen Anlagen mit einer generellen UVP-Pflicht
überprüft. Dies betrifft insbesondere Betriebe mit mehr als 350 Rinder-
oder mehr als 1000 Kälberplätzen. In der nächsten Stufe werden die
Anlagen mit z. B. mehr als 1500 Mastschweine- oder 250 Rinderplätzen
unter die Lupe genommen. Anschließend sollen sich die zuständigen
Behörden mit den Betrieben über 50 Großvieheinheiten (GVE) und mehr
als 2 GVE/ha befassen. Mit dieser Vorgehensweise soll laut WLV der
Umweltrelevanz und somit der Tatsache Rechnung getragen werden, dass
die nach den neuen gesetzlichen Vorgaben genehmigungsbedürftigen
Anlagen unter Immissionsschutzgesichtspunkten nicht "über einen Kamm
geschoren" werden können.

Weiterhin trifft der Erlass die Klarstellung, dass für bestehende Anlagen
kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchführt
werden muss. Dies gilt zumindest solange, wie keine Veränderung des
bestehenden Anlagenzustandes vorgenommen wird. Stellt sich bei der
Überprüfung heraus, dass eine Anlage nicht den Anforderungen entspricht,
können emissionsmindernde Maßnahmen gefordert werden. Dies liegt im
Ermessen der zuständigen Behörden, die dabei den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten haben. Unverhältnismäßig
wäre nach dem Erlass, Abluftreinigungsanlagen in Betrieben der untersten
Kategorie, also über 50 GVE bei einem Viehbesatz von mehr als 2
GVE/ha und weniger als z. B. 250 Rinder- oder 1500
Mastschweineplätzen, zu fordern. Auch bei lediglich geringfügiger
Überschreitung der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen soll auf
nachträgliche Anordnungen verzichtet werden. Mit Blick auf die
erheblichen Investitionen für die Reduzierung der Emissionen soll bei der
Ermessensausübung auch die wirtschaftliche Lage des
landwirtschaftlichen Betriebes berücksichtigt werden.

Sollte im Einzelfall festgestellt werden, dass Stallgebäude ohne die
erforderliche Baugenehmigung errichtet wurden, empfehlen die
zuständigen Behörden dem betreffenden Landwirt, schnellstmöglich einen
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag einzureichen. Von
einer Stilllegung soll abgesehen werden, wenn der Antrag voraussichtlich
genehmigungsfähig ist.

Landwirte, die dem Boykott-Aufruf des WLV gefolgt sind, müssen
grundsätzlich nicht befürchten, nach Ablauf der Fristen unmittelbar mit
einem Bußgeld belegt zu werden. Von der Einleitung von
Bußgeldverfahren für unterlassene Anzeigen soll laut Erlass zunächst
abgesehen werden.

Laut WLV ist anzuerkennen, dass sich die in Nordrhein-Westfalen
zuständigen Behörden erkennbar darum bemühen, das "Artikelgesetz" mit
Vernunft und Augenmaß umzusetzen und das durch den
Bundesgesetzgeber "zerschlagene Porzellan zu kitten". Da dies aber nur
im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Regelungen geschehe, werde
der WLV deshalb seine Aktivitäten intensiv weiterverfolgen: Ziel müsse es
nach wie vor sein, auf der Grundlage der in Auftrag gegebenen
fachwissenschaftlichen Gutachten und durch die angekündigte
parlamentarische Initiative die im nationalen Alleingang abgesenkten
Schwellenwerte für die Genehmigungsbedürftigkeit entsprechend den
EU-Vorgaben zu korrigieren.

AGRAR-INFO, Nr. 1, 9. Januar 2002, 55. Jahrgang
 



 

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