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AHO Aktuell - 19.12.2001

Salmonella Oranienburg in Schokolade nachgewiesen


Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesinstituts für gesundheitlichen
Verbraucherschutz und Veterinärmedizin und des Robert Koch-Instituts

(bgvv) - In Deutschland ist eine Häufung von Erkrankungen an Salmonella
Oranienburg, einem seltenen Salmonellen-Typ, aufgetreten.
Mikrobiologische und epidemiologische Untersuchungen, die vom Robert
Koch-Institut und den zuständigen Landesgesundheitsbehörden und
Gesundheitsämtern durchgeführt wurden, weisen auf einen Zusammenhang mit
dem Verzehr von Schokolade hin. Eine Häufung von Salmonella Oranienburg
war Mitte Oktober erstmals im Hygieneinstitut Hamburg aufgefallen, das
gemeinsam mit dem Robert Koch-Institut das Nationale Referenzzentrum für
Salmonellen und andere bakterielle Enteritiserreger bildet. Auch das
Nationale Referenzlabor für Salmonellen des BgVV hatte bis zu diesem
Zeitpunkt nur sporadische Isolationen von Salmonella Oranienburg
verzeichnet.

"Nur durch den hohen Einsatz der beteiligten Landesgesundheitsbehörden
und Gesundheitsämter und die enge Zusammenarbeit zwischen Landesstellen,
Robert Koch-Institut und Bundesinstitut für gesundheitlichen
Verbraucherschutz und Veterinärmedizin konnte die Untersuchung dieses
Ausbruchs in dieser Weise erfolgen", betont Reinhard Kurth, Präsident
des Robert Koch-Instituts.

Seit dem 15. Oktober 2001 sind im Rahmen der Meldungen nach dem
Infektionsschutzgesetz mehr als 270 Infektionen mit Salmonella
Oranienburg an das RKI gemeldet worden (vor diesem Zeitpunkt waren es
im Jahr 2001 weniger als 50 Meldungen gewesen). Die Meldungen dieses
ansonsten sehr seltenen Salmonellen-Typs stammen aus fast allen
Bundesländern, wobei Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen die meisten
Fallmeldungen übermittelt haben.

Isolate von mehreren Patienten sind molekularbiologisch nicht von einem
Stamm zu unterscheiden gewesen, der im Rahmen betrieblicher
Eigenkontrollen aus Schokolade isoliert worden war. Das ergab eine
Untersuchung im Nationalen Referenzzentrum für Salmonellen im Robert
Koch-Institut, Bereich Wernigerode. Die Charge, aus der die positive
Probe stammte, war vom Hersteller vernichtet worden und nicht in den
Handel gelangt. Da aber von etlichen Erkrankten angegeben wurde, in der
Woche vor Erkrankungsbeginn bestimmte Schokoladen dieses Herstellers
verzehrt zu haben, konzentrierten sich die weiteren mikrobiologischen
Untersuchungen darauf, bei neu Erkrankten noch vorhandene Schokolade zu
untersuchen. Ein Untersuchungsamt in Nordrhein-Westfalen wies diese
Woche Salmonellen nach in der Schokolade aus dem Haushalt und aus der
gleichen Charge, die ein an Salmonellen erkranktes kleines Kind verzehrt
hatte. Nach den Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes hat der
Hersteller inzwischen öffentlich vor dem Verzehr Produkte, die nur in
einer bestimmten Supermarktkette erhältlich gewesen sind, gewarnt.

Eine Fall-Kontroll-Studie des Zentrums für Infektionsepidemiologie im
Robert Koch-Institut und der zuständigen Landesstellen zeigt, dass
erkrankte Personen in der Woche vor Erkrankungsbeginn signifikant
häufiger in einem Supermarkt der betroffenen Kette eingekauft hatten als
gesunde Personen, die als Kontrollgruppe untersucht wurden. Die
Erkrankten haben auch in der Woche vor Erkrankungsbeginn signifikant
häufiger Schokolade im allgemeinen verzehrt und insbesondere öfter
Schokolade gegessen, die in Supermärkten der betroffenen Kette erworben
wurde. Es ist damit nicht belegt, dass alle der mehr als 270 gemeldeten
Fälle auf den Genuss der salmonellenbelasteten Schokolade zurückzuführen
sind.

Die mehr als 270 Infektionen seit 15. Oktober 2001 verteilen sich auf
150 Stadt- und Landkreise in fast allen Bundesländern. Erkennung und
Untersuchung dieses Ausbruchs wären ohne das neue Infektionsschutzgesetz
(IfSG), das seit 1. Januar 2001 in Kraft ist, nicht möglich gewesen.
Durch die seither durchgeführte elektronische Übermittlung von
Einzelfällen kann das Auftreten von Erkrankungen schnell auf Landes- und
Bundesebene erkannt werden. Die im IfSG erstmals vorgeschriebene Meldung
der Erregernachweise erlaubt bei Salmonellen-Infektionen eine gezielte
Analyse der eingegangenen Daten auch nach Untertypen (Serovaren).

Da immer noch Fälle von Salmonella Oranienburg-Infektionen an das Robert
Koch-Institut gemeldet werden, verfolgen das Bundesinstitut und die
zuständigen Landesstellen das Geschehen weiter aufmerksam.

Auf den Zusammenhang mit salmonellenbelasteter Schokolade weist neben
der Fall-Kontroll-Studie und den mikrobiologischen Untersuchungen auch
das Auftreten von 15 Erkrankungen an Salmonella Oranienburg in Dänemark
hin. Diese Stämme sind molekularbiologisch identisch mit den in
Wernigerode untersuchten Ausbruchsstämmen. Ein Teil der Betroffenen
konnte sich daran erinnern, die fragliche aus Deutschland stammende
Schokolade verzehrt zu haben.

Seit den sechziger Jahren ist weltweit immer wieder von
Salmonellenerkrankungen durch den Verzehr von Schokoladenprodukten
berichtet worden. Die Besonderheit hierbei ist, dass außerordentlich
niedrige Keimzahlen ausreichen, eine Erkrankung auszulösen. Diese
niedrigen Infektionsdosen werden darauf zurückgeführt, dass die
Salmonellen in der fettreichen Schokolade sehr gut gegen die sauren
Verhältnisse im Magen des Menschen geschützt sind und größtenteils
lebend in den Darm gelangen, wo sie eine Infektion auslösen können.

Salmonellen können in Schokolade bis zu mehreren Jahren überleben.
Bedingt durch den niedrigen Wassergehalt der Schokolade und die
schützende Wirkung des Fettes weisen sie eine sehr hohe Hitzeresistenz
auf.

Als Ursache für die Kontamination werden in erster Linie die
Kakaobohnen, aber je nach Rezeptur auch andere Zutaten, z.B. Kokosnüsse
und Gewürze angesehen.

Maßnahmen zur Keimreduktion sind das Rösten der Kakaobohnen, eine
spezielle Behandlung des Kakaopulvers durch Alkalisierung und die
Hitzebehandlung der Kakaomasse mit Wasserdampf. Hierbei werden
Temperaturen erreicht, die zwar zu einer Reduktion, aber nicht zu einer
sicheren Abtötung der Salmonellen führen. Angesichts des bestehenden
Restrisikos ist eine lückenlose Kontrolle der kritischen Prozessstufen
einschließlich mikrobiologischer Untersuchungen seitens der Hersteller
von entscheidender Bedeutung.
 



 

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