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AHO Aktuell - 05.12.2001

Studie: Ökologische Rinderhaltung keine wirkliche Alternative


München (aho) - Die deutsche Landwirtschaft durchläuft einen Umstrukturierungs-
prozeß, der eine rückläufige Entwicklung der konventionellen Landwirtschaft
und einen beachtlichen Interessenzuwachs am Ökologischen Landbau mit
einschließt. Weitreichende internationale und nationale agrarpolitischen
Entscheidungen sowie das Verhalten der Verbraucher, welches auch durch das
aktuelle Zeitgeschehen nachhaltig beeinflußt wird, sind an diesen Vorgängen
beteiligt.

Die ökologische Wirtschaftsweise wird gemeinhin als "tiergerecht" und
"umweltverträglich" charakterisiert. Ziel einer wissenschaftlichen
Untersuchung des Instituts für Tierhygiene, Verhaltenskunde und Tierschutz
der LMU - München war es, die Rinderhaltung im Ökologischen Landbau auf
diese Attribute hin zu untersuchen.

Die gesetzlichen Grundanforderungen an die ökologische Wirtschaftsweise
finden sich in der VERORDNUNG 2092/91/EWG. Sie beinhaltet wesentliche
Elemente für eine tiergerechte und umweltverträgliche Wirtschaftsweise, wie
z. B. reduzierte Besatzdichte, Forderung nach Auslauf und eingestreuten
Haltungssystemen für die Tiere, geschlossener Betriebskreislauf,
bodengebundene Produktion sowie Verzicht auf Zukauf von Produktionsmitteln.
Im Verlauf der Betrachtung der ökologischen Rinderhaltung vor dem
gesetzlichen Hintergrund konnten entscheidende Hinweise hinsichtlich
unzureichender Rahmenbedingungen gesammelt werden. Die aufgetretenen
Schwierigkeiten können in universale und systemimmanente Probleme getrennt
werden. Die meisten Probleme sind allgemeinen Ursprungs, d. h. die Ursachen
liegen zum Teil in den gesamtwirtschaftlichen Gegebenheiten (z. B.
staatliche Förderungsmaßnahmen), zum Teil in der Betriebsstruktur selbst
(Spezialisierungstendenz: größere Betriebe in Bezug auf gehaltene Tierzahl
und bewirtschaftete Fläche), aber auch in den Haltungsbedingungen (Anbinde-
haltung, einstreulose Systeme etc.) und im Management (mangelhaftes
Bewußtsein und Fachwissen des Halters). Nur wenige der aufgetretenen
Probleme sind als systemimmanent zu bezeichnen, also auf das Gesamtkonzept
des Ökologischen Landbaus zurückzuführen. Hier sind zu nennen: defizitäre
Bestimmungen in der VERORDNUNG 2092/91/EWG (z. B. Platzbedarf, Haltungs-
einrichtungen, besondere Haltungsformen), inkonsequente Umsetzung der
Vorgaben (z. B. Bereitstellung von Einstreu, Gewähr von Auflauf) sowie
Schwierigkeiten im Bereich der Tierfütterung (Energie und Eiweißversorgung)
und der Tiergesundheit (z. B. Bestandsbetreuungskonzepte, Entwicklung von
Gesundheitsplänen, Kenntnisse bezüglich alternativer Behandlungsmethoden).
Aus dem Gesagten ist die Forderung nach Überarbeitung der gesetzlichen
Anforderungen für die Rinderhaltung im Allgemeinen und der Vorgaben für
die Rinderhaltung im Ökologischen Landbau im Speziellen abzuleiten.

Die Verwendung von Beurteilungskonzepten für die Tiergerechtheit (z. B.
Tiergerechtheitsindex) und die Umweltverträglichkeit (z. B. Solagro, ÖKABB,
Ökopunkte, KUL) erlauben zwar keine absoluten Aussagen, können jedoch
wertvolle Hilfestellung bei der Verbesserung von unterschiedlichen
Wirtschaftsweisen und Haltungssystemen geben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt
unterscheidet sich die Rinderhaltung im Ökologischen Landbau in Bezug
auf die Tiergerechtheit nur geringgradig von der Haltung der Rinder in
der konventionellen Landwirtschaft und stellt somit keine wirkliche
Alternative dar. Die Frage hinsichtlich der Umweltverträglichkeit läßt
sich abschließend erst dann beantworten, wenn Konzepte verfügbar sind,
die eine vergleichende Beurteilung von Wirtschaftsweisen bzw. von
unterschiedlichen Haltungssystemen ermöglichen.

Die Ausführungen machen nach Meinung der Autorin der Studie auf
bestehenden wissenschaftlichen sowie politischen Handlungsbedarf
aufmerksam.



Emmert, Dagmar
Die Rinderhaltung im Ökologischen Landbau - eine tiergerechte und
umweltverträgliche Alternative?
Dissertationen an der Tierärztlichen Fakultät (Institut für Tierhygiene,
Verhaltenskunde und Tierschutz) der LMU - München im Sommersemester 2001
 



 

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