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AHO Aktuell - 30.11.2001

STREMODO, die "Notrufsäule" für Schweine


Dummerstorf (FBN) - Oft schreien Schweine, wenn sie gestresst sind. Damit
drücken sie aus, dass sie sich nicht wohl fühlen, z.B. weil sie verletzt
wurden, es ihnen zu warm oder zu kalt ist oder einfach, weil sie Angst
haben. Zu viel Stress aber schadet. Die Tiere wachsen langsamer, werden
schneller krank, und nach der Schlachtung leidet sogar die Qualität ihres
Fleisches darunter. Sind Stressschreie sehr häufig, sollte man Abhilfe
schaffen, nicht allein wegen der qualitativen und quantitativen tier-
züchterischen Leistungseinbußen, sondern auch aus Gründen des Tierschutzes.
Würde man nur aufmerksam genug hinhören, wären solche Lautäußerungen der
Tiere unüberhörbar.

Am Dummerstorfer Forschungsinstitut für die Biologie landwirtschaftlicher
Nutztiere (FBN) konnte nach über fünf Jahren intensiver bioakustischer
Grundlagenforschung kürzlich ein Apparat entwickelt und zum Patent
angemeldet werden, der genau dies tut: den Schweinen zuhören und
feststellen, wann sie Stresslaute ausstoßen. Die Wissenschaftler haben
ihre Erfindung "Stressschrei-Monitor- und Dokumentationseinheit" oder
kurz STREMODO getauft. STREMODO besteht aus einem Mikrophon als "Hörorgan",
dessen Signale digitalisiert und anschließend mit modernen bioakustischen
Verfahren vorverarbeitet werden. Die aufgezeichneten und verarbeiteten
Daten gelangen anschließend in das "Gehirn" des Geräts, einem künstlichen
neuronalen Netzwerk. STREMODO analysiert aus den allgemeinen Stallgeräuschen
die Stressschreie und dokumentiert sie mit Uhrzeit in elektronischer Form.
Neuronale Netzwerke lernen in einer Trainingsphase die von ihnen aufzu-
spürenden Signale, in unserem Fall Stresslaute. STREMODO ist also nicht
auf das Erkennen der Stresslaute von Schweinen beschränkt, sondern könnte
auch auf Rinder oder andere Nutztiere programmiert werden. Für die
praktische Anwendung ist Unempfindlichkeit gegenüber Störgeräuschen
besonders wichtig. STREMODO soll auf Stressschreie ansprechen, nicht aber
auf behagliches Grunzen, Lüftersummen im Stall oder das Schimpfen des
Bauern. Das neuronale Netzwerk, das der FBN-Mitarbeiter Dr. Peter-Christian
Schön mit seinen Kollegen entwickelt hat, leistet dies. Es reagiert mit
einer Fehlerquote von weniger als 2 Prozent nur auf die Stresslaute der
Schweine und ignoriert alles andere.

Das Gerät besteht zurzeit im wesentlichen aus einem speziell programmierten
Lap Top. Die Dummerstorfer Verhaltensphysiologen um Professor Gerhard
Manteuffel suchen nun nach einem Unternehmen, das STREMODO als kleine
"Blackbox" herstellt, die in Ställen oder Schlachthöfen aufgestellt werden
kann oder in Tiertransportern montiert wird. Damit könnte der Landwirt
feststellen, ob seine Haltungsbedingungen einwandfrei sind und dem
Verbraucher beweisen, dass seine Tiere stressarm aufgezogen werden. Bei
Tiertransporten ließe sich objektiv eine angemessene Fahrweise und
adäquate Tierversorgung dokumentieren. Selbst eine stressarme
Behandlung vor und während der Schlachtung wäre klar belegbar.
 



 

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