Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 21.11.2001

Erfahrungsbericht: Aus Tierschutzgründen nicht mehr Ökobauer


Quelle: ISN - Homepage

Nachfolgend berichtet Jürgen Donhauser über seine Erfahrungen mit der
ökologischen Schweinehaltung:

(16. November 2001) - Nachdem ich selbst meinen Betrieb seit 9 Jahren
den Ackerbau und 5 Jahren die Zuchtsauenhaltung ökologisch bewirtschafte,
kann ich vor einem Wechsel nur eindringlich warnen. Ich bin mit der "Öko-
Generation" aufgewachsen, und wurde durch Schule und Medienberichte in
Richtung Öko-Ideologie beeinflusst. Mittlerweile haben aber meine Frau
und ich so viele negativen Erfahrungen machen müssen, dass wir heute der
Ansicht sind: Öko hat nichts mit Natur- oder Tierschutz zu tun, sondern
ist schlichtweg ein hart umworbenes Marktsegment. Aus meiner Erfahrung ist
der Ackerbau relativ einfach umzustellen und mit staatlicher Subvention
(KuLaP-Prämie) durchaus gewinnbringend zu betreiben. Produktionsprobleme
entstehen hauptsächlich durch die Distel und Quecke.Die Bekämpfung ist bei
der Quecke durch intensivste Bodenbearbeitung möglich. Dies ist aber durch
hohen Energieeinsatz sehr kostspielig und zerstört zudem die Bodenstruktur
und den Humushaushalt. Eine effektive Bekämpfung dieser Problemunkräuter
ist deshalb nur durch eine veränderte Fruchtfolge zu schaffen. Bei Ackerbau-
und Schweinebetrieben ist dies aber durch fehlende Verwendungsmöglichkeit
von Kleegras, Mais usw. betriebswirtschaftlich nicht zu rechtfertigen.

Bei der Zuchtsauenhaltung dagegen stellt sich die ökologische
Wirtschaftsweise als absoluter Irrweg dar. Durch unsere eigenen Erfahrungen
können wir heute sagen, die Öko-Sauenhaltung ist weder gesünder noch
artgerechter. Im Gegenteil die Anzahl der verkauften Ferkel pro Sau ist um
30 % gesunken und die Tierarztkosten haben sich verdoppelt. Hauptgrund dafür
waren die schlechten Haltungsformen durch Öko-Anforderung (Stroheinstreu)
und die Bio-Futterkomponenten. Bei einer Futteruntersuchung des Tier-
gesundheitsdienstes Bayern wurde das Stroh (obwohl optimal geerntet) als
mikrobiell verdorben beurteilt. Die zugekaufte Futtergerste (eine von
Lammsbräu wegen zu hohen Eiweißgehalt abgelehnte Braugerste) wies so hohe
Schimmelpilzgehalte auf, dass sie für uns nicht mehr als Futter verwertbar
war und entsorgt werden musste. Im Laufe der Jahre erwies sich dies nicht
als Einzelfall, sondern als generelles Problem. Die kleinstrukturierte
Ökolandwirtschaft bringt mit sich, dass kleine Betriebe eben nun mal keine
Getreidereinigung und Trocknung haben, und die Lagerhaltung aus Provisorien
bestehen. Wenn auch auf dem Feld der Pilzgehalt am Getreide nicht höher
ist als an konventioneller Ware, so wird aber anschließend durch die Mit-
Einlagerung der verstärkt vorhandenen Unkrautsamen eine optimale Umgebung
für Schimmelpilze geschaffen. Dies konnten wir durch Laboruntersuchungen
eindeutig nachweisen. Im Stroh wirkten sich die vermehrte Anzahl an
Unkräuter ebenso negativ aus, obwohl beim Stroh wie bei der Heuwerbung
vorgegangen wurde (mehrmaliges wenden bei Hitze usw.). Der hohe Pilz-
toxingehalt konnte sogar im Blut der Sauen nachgewiesen werden und führte
zur allgemeinen Immunschwäche. Die Sauen waren nicht mehr in der
Lage kleine Infektionen abzuwehren und erkrankten wegen jeder Kleinigkeit.
Totgeburten, Lahmheit, Gesäugeentzündungen usw. standen auf der
Tagesordnung. Die vorgeschriebene Gruppenhaltung der Sauen auf Stroh
führten zum Supergau in der Herde. Infektionen (Leptospieren und Clamydien)
breiteten sich in der angeschlagenen Sauenherde rasend schnell aus,
und konnten sich vor allem in den Sommermonaten auf dem Festmist wie auf
einer Nährlösung explosionsartig vermehren. Auch kleine Verletzungen
durch "natürliche" Rangkämpfe der Sauen untereinander, entwickelten sich
zu massiven Wundinfektionen bis hin zur Blutvergiftung. Durch den
Milchmangel der Zuchtsauen nach der Geburt haben sich die Ferkel beim
Kampf um die wenige Milch mit ihren Zähnen gegenseitig derart verletzt,
dass anschließende Streptokokken-Infektionen die halbe Gesichtshälfte
der Ferkel verfaulen ließen. Nur massiver Antibiotikaeinsatz und die
anschließend erteilte Ausnahmegenehmigung, den Ferkeln die Zähne
abschleifen zu dürfen, konnten die Verluste in Grenzen halten. Schwänze
durften nicht kupiert werden, was sich aber nicht als Problem darstellte,
sie fielen einfach von alleine ab. Der Toxingehalt in der Muttermilch
führte bereits bei Saugferkel zu absterbenden Schwanz- und Ohrenspitzen.
Was sich hier lustig liest war uns die Hölle. Umrauscher mit eitrigen
Ausfluß, Verferkeln, Totgeburten und Lahme brachten uns zu der Erkenntnis,
das ökologische Tierhaltung nichts mit Tierschutz zu tun hat. Es bleibt
mir auch heute noch ein Rätsel wie man eine gewissenhafte und gründliche
Parasitenbekämpfung bei vorgeschriebener Gruppenhaltung mit Auslauf
vollziehen soll. Eine Unterbrechung der Wurm-Infektionskette ist
unmöglich, bei einer Überlebensdauer der Wurmeier von mehreren Jahren
auch im Freien. Die Schlachtergebnisse bestätigen diese Vermutung. Bei
einer Bio-Mastschweinanlieferung am Schlachthof Pfarrkirchen letzten
Jahres konnte bei 80 % der Tiere die Leber und Lunge nicht verwertet
werden, weil die Verwurmung so extrem war. Bei der Auslieferung unserer
Ferkel an die Biomäster wurde uns klar, dass Missstände in der
Bioschweinehaltung extreme Ausmaße angenommen hatten. Die
Ausnahmegenehmigungen für Bio-Schweinehaltung war die Regel geworden.
Sogar in ehemaligen Autogaragen mit miserablen Licht- und Luftverhält-
nissen wurden Bio-Mastschweine erzeugt, Hauptsache die obligatorische
"Öko-Stroheinstreu" war vorhanden.

Der Tropfen der das Faß zum überlaufen brachte, waren die chaotischen
Vermarktungsverhältnisse. Bei den Anfangsberatungen wurden uns ein
dynamischer Markt in Aussicht gestellt mit Ferkelpreisen 20 kg von 115 -
127 DM. In der Realität stellte sich aber heraus, das der Absatzmarkt
für Öko-Mastschweine sehr begrenzt und dadurch anfällig war. Durch
Überproduktion wurden die Bio-Mäster schließlich zum Aufstallungs-Stop
aufgefordert. Schlagartig brach der Absatzmarkt für unsere Bio-Ferkel
zusammen. Die wenigen Mäster die trotzdem aufstallten, verlangten von
uns billigere Preise. Bei einer Jahresauswertung stellte sich heraus,
dass wir nur mehr 25 % der Ferkel zum vollen Biopreis verkaufen
konnten, unsere Auflagen und damit teuere Öko-Produktion mussten wir
aber weiterhin voll erfüllen.Ein Umstand, der uns schließlich
veranlasste zu kündigen.

Fazit: Öko hat im Sauenbereich nichts mit den Begriffen langfristig,
tiergerecht, umweltgerecht zu tun. Es ist ein Marktsegment, mit
willkürlich festgelegten Erzeugerrichtlinien. Öko-Zuchtsauenhaltung
ist nur für Kleinstbetriebe zu empfehlen, die nicht aus
Einkommensüberlegungen sondern auf fraglichen Idealismus diesen
Weg beschreiten. Denn kleine Sauenherden, haben generell einen
höheren Immunstatus und könnten somit leichter mit der
"tiergerechten"(?) Haltungsform fertig werden.

Jürgen Donhauser
 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de