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AHO Aktuell - 20.11.2001

Kampf gegen BSE von vier Seiten


(idw) - Wie Verbraucher davor geschützt werden können, mit der Nahrung
BSE-infiziertes Gewebe aufzunehmen, was im Verdauungstrakt mit den
krankhaft veränderten Prionen geschieht, welche Schritte von der
harmlosen Eiweißstruktur zum Krankheitserreger führen und wie es kommt,
dass die Erkrankung bei Rindern regional sehr unterschiedlich verbreitet
ist - all diese Fragen zu klären, ist unverzichtbar, um diese Erkrankung
in den Griff zu bekommen, die das Gehirn unwiderruflich schädigen kann.
Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg engagieren sich in
vier Projekten innerhalb des Forschungsverbunds, den die Bayerische
Staatsregierung für den Kampf gegen BSE ins Leben gerufen hat. Aus dem
rund zehn Millionen Mark umfassenden Sonderprogramm gehen an drei dieser
Projekte insgesamt knapp 1,5 Millionen; für das vierte Projekt, das
Anfang nächsten Jahres beginnt, stehen die Zahlen noch nicht fest.


Das Zentralnervensystem (ZNS) und insbesondere das Gehirn werden durch
die neue Variante der Creutzfeld-Jakob-Erkrankung bei Menschen, die
"Traberkrankheit" oder Scrapie bei Schafen und die bovine spongiforme
Encephalopathie bei Rindern, bekannt unter der Abkürzung BSE, auf die
gleiche Weise angegriffen. In dem Nervengewebe sammeln sich
Eiweißmoleküle an, die etwas anders aufgebaut sind als ein normalerweise
im Körper vorhandener Typus. Die leichte Abwandlung des Prion-Proteins
genügt, um dem Gehirn nach und nach eine schwammartige Struktur
aufzuzwingen, Nervenzellen absterben zu lassen und viele Funktionen zu
zerstören. Die Erkrankung kann möglicherweise zwischen Tier und Mensch
übertragen werden.

Als wichtigster Übertragungsweg gilt die Aufnahme von infiziertem
Tiergewebe über die Nahrung. Gehirn- und Rückenmarkgewebe (ZNS) könnten
pathologische Prionen enthalten und sollten deshalb aus der
Nahrungskette ausgeschlossen bleiben. In Zusammenarbeit mit der
Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach entwickeln Prof. Dr.
Monika Pischetsrieder, Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie,
und Prof. Dr. Cord-Michael Becker, Institut für Biochemie, eine hoch
sensitive Nachweismethode, die ZNS-Gewebe erkennt. Mit 419.000 Mark
werden die Projektarbeiten gefördert, die einen Test von Lebensmitteln
auf die Kontamination mit Gehirn oder Rückenmark, zum Beispiel bei der
Schlachtung und Zerlegung von Fleisch, ermöglichen sollen. Zunächst
werden Antikörper entwickelt, die ausschließlich an ZNS-Gewebe binden,
und dann in einem zweistufigen Nachweissytem zur Analyse eingesetzt.
Koordinatorin des auf zwei Jahre angesetzten Projekts ist Prof.
Pischetsrieder.

Unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan und PD Dr. Peter
Konturek von der Medizinischen Klinik I wird die Aufnahme, Produktion
und Vermehrung von BSE-Prionen im Verdauungstrakt untersucht, der
entscheidenden Eingangspforte für die Infektion. In Magen, Darm und
Leber sollen die Zellen identifiziert werden, die derartig veränderte
Prionen aufnehmen und verbreiten, und entzündliche wie anti-entzündliche
Botenstoffe charakterisiert werden, die Aufnahme und Vermehrung solcher
Biomoleküle hemmen. Die krankheitsfördernde Rolle zusätzlicher
Infektionen soll geklärt werden. Die Rolle von Entzündungszellen als
Transfervehikel in das Zentralnervensystem wird analysiert. Schließlich
wird nach Strategien gesucht, die vorbeugend wirken können. Die
Fördersumme für das dreijährige Projekt beträgt 798.000 Mark.

Fördermittel in Höhe von 252.000 Mark stehen für Forschungen der
Arbeitsgruppe von Dr. Ralf Alsfasser am Insitut für Anorganische Chemie
zur Verfügung. Hier geht es um die Umwandlung des zellulären
Prion-Proteins, das im Organismus immer vorliegt, in die infektiöse,
schädliche Form. Es gibt Hinweise darauf, dass an dieser
Strukturänderung Metall-Ionen, insbesondere Kupfer(II)-Ionen, beteiligt
sind. Zwei Jahre lang wird sich das Team in Zusammenarbeit mit Prof. Dr.
Rudi van Eldik mit diesem elementaren Schritt beschäftigen und
untersuchen, ob und auf welche Weise Metall-Ionen eine solche
Strukturumwandlung bewirken können.

Molekulare Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Mensch und Schaf
verschiedene genetische Varianten des "gesunden" Prion-Proteins
vorkommen, die sich jedoch in ihrer Empfindlichkeit gegenüber der
Prionenerkrankung unterscheiden. Die bisher in Deutschland bekannt
gewordenen BSE-Fälle weisen eine unterschiedliche regionale Verteilung
auf, ebenso wie die dort gezüchteten Rinderrassen. Genetische
Unterschiede zwischen verschiedenen Rinderrassen könnten daher zu einer
regionalen Häufung von BSE-Fällen beitragen. Die Arbeitsgruppe von
Privatdozentin Dr. Katrin Schiebel, Dr. Andreas Humeny und Prof.
Cord-Michael Becker am Institut für Biochemie untersucht die molekularen
Unterschiede von Varianten des Priongens von Rindern mit einem
hochempfindlichen Analyseverfahren, der MALDI-TOF-Massenspektrometrie.
Bei dieser Technik werden Abschnitte des untersuchten Gens durch
Laserbeschuß im Hochvakuum gewogen. Bereits geringste Massenunterschiede
geben zuverlässige Hinweise auf das Vorliegen von Genvarianten. In
größeren Studien wollen die Forscher nun untersuchen, ob das Vorliegen
dieser Genvarianten die Erkrankungswahrscheinlichkeit beim Rind erhöht.
Das Projekt startet am 1. Januar 2002.

Prof. Dr. Monika Pischetsrieder, Institut für Pharmazie und
Lebensmittelchemie, Tel.: 09131/85 -24102,
pischetsrieder@lmchemie.uni-erlangen.de

Prof. Dr. Detlef Schuppan, Medizinische Klinik I, Tel.: 09131/85 -33398,
-33386
detlef.schuppan@med1.imed.uni-erlangen.de

Dr. Ralf Alsfasser, Institut für Organische Chemie, Tel.: 09131/85
-27357
alsfassr@anorganik.uni-erlangen.de

PD Dr. Katrin Schiebel, Institut für Biochemie, Tel.: 09131/85 -26206
Katrin.Schiebel@biochem.uni-erlangen.de


Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 20.11.2001
 



 

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