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AHO Aktuell - 29.10.2001

Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung minimieren


(ZDS) - Mit einem "Bündel an Maßnahmen" will die Bundestagsfraktion von
Bündnis90/Die Grünen den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung vermindern.
Dies kündigte die agrarpolitische Sprecherin, Ulrike Höfken, am vergangenen
Freitag anlässlich einer Fachanhörung ihrer Fraktion in Berlin an.

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter, (ADT) gab folgende
Stellungnahme ab:

1. Die Entwicklung der modernen Tierhaltung und die sich entfaltende
Kenntnis über die Wirkungsweise der Antibiotika hat deren Einsatz begünstigt,
und zwar sowohl in der Bekämpfung von bakteriellen Tierkrankheiten als auch
in der Fütterung zur Stabilisierung der Darmflora.
Die Entwicklung verlief ähnlich wie im Bereich der Humanmedizin. Nach
stürmischer Ausbreitung wurde das Problem der Resistenzen entdeckt, mit der
Gefahr zukünftiger Unwirksamkeit in kritischen Krankheitsfällen.

2. Inzwischen weiß man, dass jeder Einsatz von Antibiotika, z.B. in der Human-
medizin, im Pflanzenbau (Stichwort: Feuerbrand bei Obst!), in der Veterinär-
medizin (Nutz- und Hobbytierhaltung) und in leistungsfördernden Futter-
Zusatzstoffen zur Entwicklung von Resistenzen führen kann.
Aus diesem Grunde sind so genannte Antibiotika-Leitlinien von der Bundes-
tierärztekammer entwickelt worden und aus diesem Grunde sind Mitte der 90er
Jahre vier antibiotische Leistungsförderer verboten worden. Für die
verbliebenen antibiotischen Futter-Zusatzstoffen ist ein freiwilliger Verzicht
im Rahmen des Prüfzeichen-Programms angekündigt worden.

3. Antibiotika sind unverzichtbar für die Therapie kranker Tiere und
Tierbestände. Es gibt keine Alternative. Über die Indikation entscheidet
jeweils der Tierarzt. Die Abgabe von Antibiotika an den Landwirt darf
grundsätzlich - das ist gesetzlich so geregelt - nur nach vorheriger
tierärztlicher Diagnose und nur in der für die Behandlung erforderlichen
Menge erfolgen. Sowohl Tierarzt als auch Tierhalter müssen den Einsatz von
Medikamenten genauestens dokumentieren, so dass jederzeit rekonstruiert
werden kann, wann welches Tier welche Medikamente von wem in welcher Menge
erhalten hat und ob Wartezeiten eingehalten worden sind. Wir verstehen
diese Dokumentationspflicht als vertrauensbildende Maßnahme. Sie zwingt
jedoch auch dazu, die Notwendigkeit des therapeutischen Einsatzes von
Antibiotika sorgfältig zu prüfen und den Behandlungserfolg zu kontrollieren.
Einzelheiten hierzu werden in den Antibiotika-Leitlinien der Bundestier-
ärztekammer vorgegeben.

4. Antibiotika sind kein Ersatz für optimierte Haltungsbedingungen, gutes
Management und einen guten Hygienestandard. Eine optimale Haltung ist die
beste Maßnahme zur Sicherung der Tiergesundheit und somit zur Reduktion
des Antibiotikaeinsatzes. Es gilt also, den Bestand gemeinsam mit dem
Fachtierarzt gesund zu erhalten. Dazu er scheinen Betreuungsverträge
nützlich, wie sie im Rahmen des Prüfzeichen-Programms vorgeschrieben sind.
Schweinehalter müssen gemäß Schweinehaltungshygiene-Verordnung einen
Betreuungstierarzt nachweisen.

5. Es ist selbstverständlich, antimikrobiell wirksame Tierarzneimittel
gemäß den Leitlinien der Bundestierärztekammer anzuwenden, d.h.
- Einsatz eines Antibiotikums nur, wenn ein empfindlicher Erreger im
Bestand vorhanden ist. Dies setzt eine klinische Diagnose und ggf.
weiterführende labordiagnostische Untersuchungen voraus.
- Antibiotische Reservemittel der Humanmedizin dürfen nur unter
strenger Indikationsstellung und nur kurzfristig eingesetzt werden.
- Die Anwendung muss selbstverständlich entsprechend den Zulassungs-
bedingungen erfolgen.
- Die Dauer der Therapie ist so kurz wie möglich und so lange wie
nötig festzulegen.
- Der Behandlungserfolg ist zu dokumentieren.
- Es ist ein Resistenz-Monitoring durchzuführen.
6. Generell erscheint es zweckmäßig, vergleichbare Grundsätze zur
Anwendung von Antibiotika auch für die Humanmedizin aufzustellen.
7. Gleichwohl appellieren wir, Anpassungen mit Augenmaß vorzunehmen.
Überzogene Reglementierungen können zu gegenteiligen Effekten führen. Z.B.
bewirkt die so genannte Agrarwende, dass die landwirtschaftlichen Nutztier-
halter in höchstem Maße verunsichert sind und kaum noch Investitionen
tätigen. Dabei sind Neu- und Umbauinvestitionen erforderlich, um den
Tierschutz und die Tiergesundheit nachhaltig verbessern zu können. Z.T.
führen die Reglementierungen zu einer Behinderung von Hygienekonzepten,
also zu einer Beeinträchtigung der Tiergesundheit. Das gilt z.B. für die
geplante Befristung der Arzneimittelabgabe auf 7 Tage. Als Folge ergibt
sich ein erhöhter therapeutischer Antibiotikabedarf.

8. Fazit:
Antibiotika sind unverzichtbare Heilmittel, sowohl in der Human- als auch
in der Veterinärmedizin. Um sie langfristig für die Therapie sichern zu
können, bedarf es eines sorgfältigen Umganges im Sinne der "Leitlinien".
Die deutschen Nutztierhalter sind bereit, ihren Beitrag hierfür zu leisten.

Antibiotika müssen weiterhin für die Therapie kranker Tiere und Menschen
zur Verfügung stehen, wobei die Verschreibung nach dem Grundsatz erfolgen
muss: so wenig wie möglich und so viel wie nötig. Anderenfalls wäre nichts
gewonnen, jedoch viel verloren.
 



 

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