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AHO Aktuell - 12.10.2001

Projekt soll Tiermehl aus der Nahrungskette fernhalten


(idw) - Ein gemeinsames Forschungsprojekt der Fachhochschule
Gießen-Friedberg und der Universität Tübingen führt zu einer neuartigen
Entsorgungslösung: Tiermehl wird im Labormaßstab in Rohöl und
Aktivkohle umgewandelt.

Die Tierseuche BSE hat zur Vernichtung großer Viehbestände geführt,
bäuerliche Existenzen gefährdet und den Verbraucher verunsichert. Als
Ursache steht Tiermehl aus Großbritannien im Verdacht. Folge: Seit dem
Dezember 2000 darf Futtermitteln kein Tiermehl beigemischt werden.
Tiermehl ist ein Produkt von Tierkörperverwertungsanstalten (TKV). Diese
erfüllen eine bedeutende seuchenhygienische Funktion bei der Entsorgung
von Schlachthofreststoffen und Tierkadavern. Das Spektrum reicht von
totgeborenen Kälbern über verendete Schweine bis hin zu Tieropfern in
Folge von Verkehrsunfällen. Die Größenordnung in Deutschland: 2-3
Millionen Tonnen pro Jahr. In Deutschland fielen im Jahre 2000 ca. 775
000 Tonnen proteinhaltiges Tiermehl und ca. 310 000 Tonnen Tierfette an.

Bei den TKV sind inzwischen die Lager voll. Ihre seuchenhygienisch
wichtige Funktion können diese Betriebe nur noch deshalb erfüllen, weil
sie Tiermehl der Verbrennung in Öfen der Zementproduktion zuführen. Doch
aus einem bislang gewinnbringenden Verkaufsprodukt ist nunmehr ein
kostenpflichtiger Entsorgungsreststoff geworden.

Aus dieser veränderten Marktsituation heraus wurde an der Fachhochschule
Gießen-Friedberg im Verbund mit der Universität Tübingen und
verschiedenen Firmen eine neuartige Entsorgungslösung entwickelt. Prof.
Dr. Ernst Stadlbauer vom FH-Labor für Entsorgungstechnik schätzt die
BSE-Situation pragmatisch ein: "Im Sinne der Langzeitsicherheit kann
Tiermehl nur dann aus der Nahrungskette ferngehalten werden, wenn sich
für diesen Stoff eine bessere Wertschöpfung in anderen Bereichen
erzielen lässt."

Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Ernst Bayer von der Uni Tübingen
entwickelte er im Labormaßstab ein entsprechendes Verfahren. Tiermehl
wird unter Luftausschluss auf ca. 350 Grad Celsius erhitzt und unter
Mitwirkung von Katalysatoren in Rohöl und Aktivkohle umgewandelt.
Vorteil: Für Rohöl und Aktivkohle gibt es einen Markt. Der BSE-Erreger
überlebt die thermokatalytische Behandlung nicht. Der im Projekt tätige
Ingenieur Andreas Frank erläutert: "Bei diesem Entsorgungsweg für
Tiermehl hat Mutter Natur Pate gestanden. Unter ähnlichen Bedingungen
haben sich in geologischen Zeiträumen Erdöl- und Kohlelagerstätten
gebildet. Je nach Zusammensetzung des Tiermehls erhalten wir ca. 30%
Rohöl, 40% Aktivkohle, 20% Wasser und 10% brennbare Gase."

Professor Bayer sieht in dem Verfahren eine ideale Möglichkeit, auch
Klärschlamm gewinnbringend zu entsorgen. Er ist der Pionier auf dem
Gebiet der Niedertemperaturkonversion. Daraus erklärt sich das Interesse
verschiedener in- und ausländischer Firmen an dem neuen Verfahren.
Parallel zu den laufenden Untersuchungen in Tübingen und Gießen wird
Professor Stadlbauer im Rahmen eines Forschungssemesters im
australischen Perth die technisch-wirtschaftliche Umsetzung in einem
internationalen Projekt vorantreiben.

Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Fachhochschule Gießen-Friedberg, 12.10.2001
 



 

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