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AHO Aktuell - 16.09.2001

Trends der Impfstoff-Forschung


(idw) - Die Impfstoff-Forschung war ein Thema während des Berliner
Wissenschaftssommers. Ein Gespräch mit Professor Stefan Kaufmann vom
Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie. Er ist Koordinator
eines Schwerpunktprogrammes der Deutschen Forschungsgemeinschaft.


Warum ist die Impfstoff-Forschung wichtig?

Weltweit wird ein Drittel aller Todesfälle durch Infektionskrankheiten
verursacht. In der Todesursachenstatistik rangieren diese Erkrankungen
noch vor Krebs. Jährlich sterben an ihnen 17 Millionen Menschen. Denn
nach wie vor können wir Menschen noch nicht gegen große "Killer" wie
Aids, Tuberkulose oder Malaria mit Hilfe von Impfstoffen schützen. Denn
diese Erreger sind besonders kompliziert und trickreich. Mit
ausgeklügelten Strategien können sie der körpereigenen Abwehr entgehen.
Mit den bislang üblichen Methoden kommen wir daher nicht weiter. Die
Impfstoff-Entwicklung muss an den rasanten Erkenntnisfortschritt der
Grundlagenforschung angekoppelt werden.

Welche Strategien verfolgen Sie und Ihre Kollegen zur Zeit in der
Impfstoff-Forschung?

Da gibt es verschiedene Ansätze. Zum einen versuchen wir, so genannte
rekombinante Impfträger zu entwickeln. Dabei handelt es sich
beispielsweise um abgeschwächte Bakterien, denen wir zusätzlich Gene mit
der Bauanleitung für ein oder mehrere Antigene fremder Krankheitserreger
einpflanzen. Diese Antigene aktivieren das Immunsystem und können so
eine Infektion verhüten. Eine andere Strategie sind so genannte
DNA-Vakzine. Diese Impfstoffe bestehen aus einem Stück Erbsubstanz des
Erregers, welches für eines oder mehrere Impfantigene kodiert.

Was ist der Vorteil der rekombinanten Impfträger?

Man setzt Impfträger ein, von denen wir wissen, dass sie eine starke
Immunantwort auslösen können. Dazu sind etwa Salmonellen in der Lage.
Sie überleben lange genug im Körper, um einen ausreichend starken und
lang anhaltenden Schutz zu bewirken. Darum gibt es auch bereits einen
Impfstoff gegen Salmonellen aus abgeschwächten Erregern. Diese
abgeschwächten Erreger bieten sich daher als Trägersysteme an. Mann kann
Antigene von komplizierten Krankheitserregern, von denen sich nicht ohne
weiteres Impfstämme ableiten lassen, übertragen.
Um die Verfügbarkeit der Antigene zu verbessern, haben wir
Impfstoffträger beispielsweise mit einem aktiven Sekretionssystem
ausgerüstet. Dadurch werden die Impfantigene von den Bakterien
ausgeschleußt und sofort dem Immunsystem präsentiert.
Aus Experimenten wissen wir, dass lediglich solche ausgeschleußten
Antigene Schutz bieten. Bleiben die gleichen Antigene im Impfträger
eingeschlossen, sind sie hingegen unwirksam.
Darüber hinaus untersuchen wir zur Zeit verschiedene rekombinante
Impfträger, die eingebaute Antigene auf unterschiedliche Art
präsentieren. Denn es kommt auch darauf an, dass diese Träger die
Antigene sowohl Helfer- als auch Killer-T-Zellen des Immunsystems
gleichermaßen anbieten. Dann können sie als Träger von Impf-Antigenen
gegen unterschiedliche Erkrankungen, etwa Bakterien, Parasiten oder
Viren, dienen.

Was ist der Vorteil von DNA-Vakzinen?

Diese Impfstoffe bestehen nur aus einem Stück Erbsubstanz des Erregers,
das für das schützende Antigen kodiert. Dieses wird in ein kleines
ringförmiges DNA-Molekül, ein Plasmid, eingebaut. Dieses Plasmid enthält
zusätzlich Kontrollelemente, die die Zellen des Impflings "verstehen".
Die DNA-Vakzine wird zum Beispiel in die Muskulatur gespritzt, wo die
Zellen die DNA aufnehmen und nach deren Bauanleitung die entsprechenden
Eiweißmoleküle zusammenbauen. Die Strategie wird international zur
Verhütung aber auch Behandlung zahlreicher Infektionskrankheiten
erprobt, etwa gegen HIV. In den USA sind bereits klinische Studien mit
freiwilligen Versuchpersonen angelaufen.
Allerdings müssen noch etliche Probleme gelöst werden. DNA-Vakzine sind
nur schwach wirksam. Während die rekombinanten Impfstoff-Träger ihre
eigenen "Verstärker" haben, die die Immunantwort intensivieren, ist dies
bei den DNA-Impfstoffen nicht der Fall. Sie müssen in zu großen Mengen
eingesetzt werden, um wirksam zu sein. Wir sehen darum nur schwache
Immunantworten im Menschen. Aber das ist lösbar. Wir setzen ein
"Verpackungssystem" ein, durch das wir die erforderlichen Impfdosen um
den Faktor zehn bereits reduzieren können. Außerdem ist noch nicht ganz
ausgeschlossen, dass sich diese Impfstoffe in die Erbsubstanz der Zellen
des Impflings integrieren könnte. Bislang wurde dies zwar noch nicht
beobachtet, aber wenn es doch geschehen sollte, kann dies schädlich
sein, wenn dadurch wichtige Abschnitte des Erbguts inaktiviert oder
potenziell gefährliche Gene aktiviert werden.


Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Wissenschaft im Dialog GmbH, 16.09.2001
 



 

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