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AHO Aktuell - 29.08.2001

Betrügereien mit Fleisch: Gestern und heute


München (aho) - Verfälschungen bzw. Falschdeklarationen von Fleisch und
Fleischerzeugnissen stellen, im Vergleich zu anderen Lebensmittelkategorien,
eine seltene aber doch seit Jahrhunderten vorkommende Täuschung des
Verbrauchers dar. Mit diesem Thema beschäftigt sich eine aktuelle
Veröffentlichung aus der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilian-
Universität München.

Um diesen Betrügereien entgegenzuwirken, wurden seitens der Obrigkeit bereits
im 13. Jahrhundert Rechtsvorschriften erlassen. Im "Strafgesetzbuch für das
Deutsche Reich" von 1871 wurde die erste reichseinheitliche lebensmittel-
rechtlich wirksame Vorschrift geschaffen. Seit 1879 gibt es eigene Gesetze und
Verordnungen für Lebensmittel, wobei in den ersten Jahrzehnten mangels
Begriffsdefinitionen die Feststellung des Tatbestandes durch die Gerichte
erfolgen musste. Im Jahr 1974 wurde das bis heute gültige "Lebensmittel- und
Bedarfsgegenständegesetz" (LMBG) verabschiedet. Der § 17 des LMBG ist mit
seinen allgemeinen Täuschungs- und Irreführungsverboten die wichtigste
Bestimmung für die Rechtsprechung und die Lebensmittelüberwachung. Er dient
zusammen mit dem Fleischhygienegesetz (FlHG), der Fleischhygiene-Verordnung
(FlHV), der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV), der Fleisch-
Verordnung (Fleisch-VO) und den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse
des Deutschen Lebensmittelbuches dem Schutz des Verbrauchers vor verdorbenen,
nachgemachten, geschönten und wertgeminderten Lebensmitteln. Um Verbraucher-
täuschungen durch Fleisch nachzuweisen, wurde bereits früh versucht, Verfahren
zur Identifizierung der Tierart zu entwickeln. Die Nachweismethoden beschränk-
ten sich anfangs nur auf Abweichungen im Bezug auf Aussehen und Geruch, später
kamen Labordiagnostische (immunologische und elektrophoretische) Verfahren
hinzu, welche noch heute Anwendung finden. Derzeit stellt die DNA-Analyse eine
der zuverlässigsten Methoden zur Tierartidentifizierung dar.

Der hauptsächliche Grund für eine Falschdeklaration von Fleisch, welche durch
ähnliche Eigenschaften wie Aussehen und Geschmack ermöglicht wird, liegt in
der Preisdifferenz zwischen den verschiedenen Tierarten. Die in der Literatur
am häufigsten erwähnte Verfälschung stellt die Unterschiebung von Pferdefleisch
anstelle von Rindfleisch dar. Diesen Betrugshandlungen versuchte die Gesetz-
gebung mit speziellen Vorschriften für das Inverkehrbringen von Pferdefleisch
entgegenzuwirken. Das Fleisch von Büffel und Wal wurde ebenfalls unter der
Bezeichnung Rindfleisch angeboten. Ziegenfleisch wurde unter der Deklaration
Schaf, das Fleisch der Nutria als Kaninchen oder Hase in den Verkehr gebracht.
Hundefleisch wurde den Verbrauchern z.B. als Schwein, Lamm oder Kaninchen
untergeschoben, Fleisch von Känguruhs als Wildbret oder auch als Rindfleisch.
Wild lebende Wiederkäuer aus Afrika oder Asien wie z.B. Springbock oder
Blauschaf gelangten unter den Bezeichnungen Reh oder Hirsch in den Handel.
Darüber hinaus wurde vor allem das Fleisch von Pferd, Wal und Hund auch zur
Herstellung von Fleischerzeugnissen verwendet, ohne dass dies ausreichend
gekennzeichnet wurde. Diese Produkte entsprachen somit nicht der Verbraucher-
erwartung und stellten eine Verfälschung bzw. eine Irreführung des Verbrauchers
dar. Seit dem Auftreten von BSE konnte außerdem wiederholt in Fleischerzeug-
nissen, welche als "rindfleischfrei" gekennzeichnet waren, Rindfleisch
nachgewiesen werden.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war das Aufblasen von Fleisch oder sogar
von ganzen Schlachttierkörpern eine gängige Praxis des Metzgerhandwerks in
Europa. Sie wurde vor allem angewendet, um durch ein "appetitlicheres
Aussehen" über die mäßige Qualität des Fleisches hinweg zu täuschen. Bereits
seit dem Jahr 1276 wurden jedoch Gesetze und Verordnungen gegen das Aufblasen
erlassen, um den Verbraucher vor Betrug und gesundheitlichen Schäden zu
bewahren. In Deutschland ist das Aufblasen seit dem Jahr 1902 durch das
Fleischbeschaugesetz bzw. die nachfolgenden Bestimmungen untersagt. Dieses
Verbot findet sich noch heute in der FlHV, obwohl dieses Täuschungsdelikt
seit langer Zeit nicht mehr gängige Praxis im Fleischergewerbe ist.


Blicke, Julia
Möglichkeiten und Grenzen der Verbrauchertäuschung durch das Lebensmittel
Fleisch
Dissertationen im Sommersemester 2001
Institut für Hygiene und Technologie der Lebensmittel tierischen Ursprungs
der Tierärztlichen Fakultät
Ludwig-Maximilian-Universität München
 



 

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