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AHO Aktuell - 28.08.2001

Potentieller Crohn-Erreger überlebt in Hartkäse aus Rohmilch


Bern (aho) - Erstmals konnten nach einem Bericht der "Schweizerische
Milchzeitung" Wissenschaftler der Forschungsanstalt für Milchwirtschaft
(FAM) der Schweiz nachweisen, wie sich das Mycobacterium paratuberculosis
(MP) bei der Herstellung und Reifung von Rohmilchkäse verhält.

MP ist bekannt als Verursacher der Paratuberkulose beim Rindvieh und es
wird vermutet, dass dieses Bakterium bei der Entstehung der Crohn-
Krankheit
des Menschen beteiligt sein könnte. Der Erreger vermehrt
sich lediglich in tierischen oder menschlichen Zellen. Er ist sehr
widerstandsfähig und überlebt im Boden oder in Gülle jahrelang. MP wächst
nur langsam. Unter Laborbedingungen dauert es 4 bis 16 Wochen bis er
Kolonien bildet. In der Schweiz sind 0,7 % der Kühe und 8 % der Betriebe
serologisch MP-positiv, wie aus Untersuchungen des Bundesamtes für
Veterinaerwesen hervorgeht. Erkrankte Tiere scheiden MP mit dem Kot und
zum Teil mit der Milch aus. Die Keime gelangen so in die Milch und sind
dort nachweisbar. Sie können die minimalen Pasteurisationstemperaturen
überleben wie aus der Literatur bekannt ist. Im Labormassstab durchgeführte
Versuche ergaben, dass 5,2 bis 31,6 % der MP 63°C/30 Minuten überlebten.
Bei einer Erhitzung auf 72°C/15 Sekunden waren es 3,3 bis 24,9 %. Unter-
suchungen britischer Wissenschafter zeigten, dass 7 Prozent der im Handel
erhältlichen Pastmilch MP-verdächtig ist. Auf dem Gebiet besteht noch sehr
viel Forschungsbedarf. So weiss man heute nichts über die Beziehung zwischen
der Erkrankung und dem Konsum von Milchprodukten sowie über die MP-Dosis zur
Auslösung von Crohn. Auch bezüglich Hitzeinaktivierung müßten die Kerngrößen
präzis ermittelt werden.

Im Zusammenhang mit Paratuberkulose und Crohn werden immer wieder Rohmilch-
käse als eine potentielle Übertragungsquelle von MP genannt. Die FAM hat
jetzt in ihrer Modellkäserei mit MP infizierte Milch zu Emmentaler und
Tilsiter verkäst und 120 Tage lang gereift. Das geschah erstmals unter
Betriebsbedingungen und nicht im Labormassstab. Die Ergebnisse der
untersuchten Proben zeigen, dass MP in Emmentaler rascher abstirbt als in
Tilsiter. In beiden Käsen konnte MP nach 120 Tagen Reifung nachgewiesen
werden, in Tilsiter in höherer Konzentration. Die Keimreduktion um den
Faktor 10 wahrend der Lagerung dauerte bei Emmentaler 28 Tage und bei
Tilsiter 45 Tage. Gemäß Literatur liegt der Wert für Weichkäse bei 60 Tagen.
Je harter der Käse, desto rascher sterben die MP-Keime wahrend der Reifung
also ab. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt. Es gibt nur wenig Anhalts-
punkte, wieviel MP-Keime in der Käsereimilch vorhanden sein können.
Schätzungen gehen von 100 Keimen pro Liter aus. Unbekannt ist auch das
Gefahrenpotenzial bei Käse aus Schaf- und Ziegenmilch. Die Forschungs-
arbeiten an der FAM sind vorerst abgeschlossen. Eine interdisziplinäre
Arbeitsgruppe mit verschiedenen Experten aus der ganzen Schweiz soll das
Thema weiter diskutieren und das Risikopotenzial für alle tierischen
Erzeugnisse abschätzen.

Ulrich Wenger
Potenzieller Crohn-Erreger überlebt in Hartkäse aus Rohmilch
Schweizerische Milchzeitung 25 / 2001 vom 19.06.2001
 



 

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