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AHO Aktuell - 17.08.2001

Clenbuterol: Emslandkreis sperrt Rinderbetrieb


Meppen (aho) - Wie ein Sprecher der Kreisverwaltung des Emslandkreises
am Donnerstag mitteilte, wurde ein Rinderbetrieb im südlichen Kreisgebiet
mit 48 Tieren gesperrt, nachdem bei einem am 6. Juni geschlachteten Tier
Clenbuterol nachgewiesen worden war. Das Veterinäramt war am Mittwoch
von der Bezirksregierung Weser-Ems über das Ergebnis der routinemäßigen
Rückstandsuntersuchung auf einem Schlachtbetrieb in Nordrhein-Westfalen
informiert worden. Der Kreis veranlasste eine Hausdurchsuchung und ließ
umgehend alle Unterlagen beschlagnahmen. Zudem wurden Proben von allen
Tieren des Betriebes genommen. Gegen den Kälbermäster wurde Strafanzeige
gestellt. Unbekannt ist, ob das Clenbuterol zum Zwecke des Masthilfe oder
zur Behandlung einer Atemwegserkrankung eingesetzt wurde. Beides wäre
illegal.


AHO - Hintergrund: Clenbuterol und Verbrauchergefährdung

Clenbuterol hat sich nicht nur in der Human - und Veterinärmedizin
bei Bronchialerkrankungen bewährt, Clenbuterol fördert auch den
Muskelansatz auf Kosten des Fettgehaltes. Eine Tatsache, die sich
Sportler, Bodybuilder und Kälbermäster immer wieder zu Nutze machen.
Deshalb beschäftigt es als illegale Masthilfe seit vielen Jahren
die Lebensmittelüberwachung.

Bisher gibt es nur wenige Berichte über akute Vergiftungen durch den
Verzehr von Fleisch und Innereien, die noch Rückstände aus der
illegalen Anwendung der Chemikalie Clenbuterol als Masthilfsmittel
enthält.

Italien

Wie das Schicksal manchmal so spielt: Da gönnen sich drei italienische
Familien einmal Rinderfilet und Rumpsteak - und handeln sich prompt
eine Vergiftung ein. Das Fleisch, stets vom gleichen Schlachter
gekauft, enthielt große Mengen des illegal eingesetzten
Masthilfsmittels Clenbuterol. Nach dem Verzehr klagten insgesamt 16
Personen über Herzbeschwerden, Zittern und Nervosität. Nur einer
hatte Glück: Der Mann hatte zwar auch von dem Fleisch gegessen,
zeigte aber keinerlei Symptome. Der Grund: Er wurde gerade mit
Betablockern gegen Bluthochdruck und Herzbeschwerden behandelt.
Die Autoren schließen: "Dieser Fall legt nahe, daß Betablocker eine
Clenbuterolvergiftung verhindern können."
(Maistro, S et al., Lancet 1995/346/S.180)

Im zweiten Fall waren nicht Innereien, sondern Rindfleisch die
Ursache. Wie die italienischen Mediziner berichten, hatten sich 62
Personen in Caserta damit vergiftet. Bereits mit dem Verzehr von
10 bis 20 Gramm Fleisch wurde eine übliche therapeutische Dosis von
Clenbuterol aufgenommen. Eine normale Portion Fleisch löste bei
Gesunden cardiovasculäre Beschwerden aus
(Journal of the American Medical Association 1997/278/ S.635).

Spanien

Eine Madrider Klinik hat eine solche Intoxikation durch Genuß von
Kalbsleber dokumentiert. 15 Personen wurden mit Symptomen wie Angst,
Erbrechen, Zittern, Hautjucken (Pruritus), Herzrasen, Übelkeit und
Beklemmung als Notfälle eingeliefert. Die Beschwerden hatten 30
Minuten bis 2 Stunden nach der Mahlzeit eingesetzt. Eine Analyse des
Urins bestätigte eine Vergiftung mit Clenbuterol. Diagnostisch stand
eine in diesen Fällen eine Tachykardie (beschleunigter Herzschlag)
im Vordergrund, bei zwei Dritteln kam eine Hyperkaliämie und bei
einem Drittel eine Leukozytose dazu. Ein Kind wurde wegen einer
akuten Hochdruckkrise stationär behandelt.

Der insgesamt recht glimpfliche Verlauf und das rasche Abklingen der
Vergiftung lag nach Ansicht der Ärzte an der gesunden Konstitution
der Betroffenen. Bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wären
weitaus schwerere Komplikationen zu erwarten gewesen.

Nach Ansicht der Autoren bleibt eine Clenbuterolvergiftung oftmals
unbeachtet, weil die Symptome leicht verwechselbar sind mit
psychiatrischen Erscheinungsformen von Panikattacken oder Angstkrisen,
mit Hyperthyreose, Blutvergiftung, Kokainmißbrauch oder den Symptomen,
die bei der Einnahme von Antidepressiva in Verbindung mit Käsegenuß
(biogene Amine) auftreten können. Klarheit schaffe in solchen Fällen
eine Urinuntersuchung auf Clenbuterol. (Garay, JB et al: Revista
Clínica Española 1997/197/S.92-95) Ebenso ist ein Nachweis von
Clenbuterol in Haaren bei chronischem Missbrauch bei Sportlern
und Kälbern möglich. (Gleixner, A.; Sauerwein, H.; Meyer, H.HD:
Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 1997/ 48/S. 50-55)

Frankreich

Ein weiterer Fallberichte liegt aus Frankreich vor: Er betraf 22
Menschen aus Lyon, Roanne und Clermont-Ferrand, die ebenfalls
Kalbsleber verzehrt hatten
(Veterinary and Human Toxicology 1991/33/S.480-481).

Legal - illegal

Seit Mitte 1997 wurde EU - weit bei den Clenbuterol - haltigen
Arzneimittel (Ventipulmin) das Anwendungsgebiet "Atemwegserkrankungen
bei Rindern" gestrichen. Diese Massnahme erfolgte nicht, weil von
Clenbuterol durch seine Anwendung als Tierarzneimittel für den
Verbraucher eine Gefährdung ausgeht, sondern weil die
Überwachungsbehörden seit vielen Jahren unfähig sind, den illegalen
Handel mit Clenbuterol als Chemikalie zur Masthilfe bei Kälbern zu
unterbinden. So hat man bei jedem Clenbuterol - Rückstandsfund den
Hinweis, daß hier illegal gehandelt wurde. Der Einsatz der Clenbuterol
- haltigen Arzneimittel als Masthilfsmittel ist völlig unrentabel, da
diese Präparate recht teuer sind und die zu erwartende Steigerung der
Mastleistung die Arzneimittelkosten bei weitem nicht aufwiegen.
 



 

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