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AHO Aktuell - 09.08.2001

Neues Prionen-Testverfahren +++ Bald Diagnose am lebenden Tier?


(idw) - Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried
haben ein neues Verfahren entwickelt, das zum schnelleren Nachweis von
BSE (bovine spongiforme Encephalopathie) bei Rindern geeignet ist.

Sowohl die BSE-Erkrankung bei Rindern als auch die verwandte
Creutzfeldt-Jacob-Krankheit beim Menschen werden durch Prionen
übertragen. Infektiöse Prionen bestehen aus einem fehlgefalteten
Protein, dem Scrapie-Prionprotein (PrP-Sc). PrPSc entsteht aus dem
zellulären, nicht krank machenden Prionprotein (PrPC) durch eine
Änderung der Proteinkonformation; es wird dadurch unlöslich und
aggregiert. Die bisher üblichen Testverfahren basieren darauf, dass
PrPSc im Gegensatz zu PrPC gegen das proteinabbauende Enzym Proteinase K
resistent ist. Auf diesem Unterschied beruht der heute routinemäßig bei
Rindern durchgeführte BSE-Test.

Die Forschergruppe unter Leitung von Dr. Jörg Tatzelt am
Max-Planck-Institut für Biochemie hat nun eine Methode entwickelt, die
zusätzlich zur Proteinase K-Resistenz auch die Verklumpungsneigung von
PrPSc nutzt. In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift der Europäischen
Biochemischen Gesellschaft, FEBS Letters, vom 10. August 2001,
präsentieren Konstanze Winklhofer, Ulrich Hartl und Jörg Tatzelt ihre
neue Technik (FEBS Letters vol. 503/1, S. 41-45). Sie isolierten durch
Filtration aus Gehirngewebe von BSE-Rindern unlösliches PrPSc, das dann
direkt auf der Filtermembran nachgewiesen werden kann. Durch die Nutzung
der beiden typischen biochemischen Eigenschaften von PrPSc ist das
Verfahren sensitiv und weniger anfällig für Messfehler; außerdem erlaubt
dieser Test, eine große Anzahl von Proben schnell zu analysieren. Dies
könnte die notwendigen BSE-Tests an zig-tausenden von Rindern wesentlich
erleichtern. Ein weiterer Vorteil der neuen Methode der Martinsrieder
Wissenschaftler ist die Möglichkeit, größere Volumina von
Körperflüssigkeiten, wie zum Beispiel Urin und Rückenmarksflüssigkeit,
zu untersuchen und somit lebende Rinder auf BSE zu testen. Erst vor
kurzem gelang es Wissenschaftlern der Universität Jerusalem, PrPSc im
Urin von BSE-kranken Tieren und an Creutzfeldt-Jacob erkrankten Menschen
nachzuweisen (Journal of Biological Chemistry 2001, in press).

Der Wissenschaftler Dr. Jörg Tatzelt ist schon lange im
"Prionen-Geschäft". Bereits Anfang der 90iger-Jahre arbeitete er im
Labor des führenden Prionen-Forschers Prof. Dr. Stanley B. Prusiner in
San Francisco. Seit 1997 wieder in Deutschland, bekam Tatzelt durch
Prof. F. Ulrich Hartl in der Abteilung Zelluläre Biochemie des
Max-Planck-Instituts für Biochemie die Möglichkeit, eine eigene
Arbeitsgruppe zu gründen, der auch die Nachwuchswissenschaftlerin
Konstanze F. Winklhofer angehört. Die Arbeitsgruppe hat sich auf die
Untersuchung der Ursachen von Prionen-Erkrankungen und der
Parkinson-Erkrankung spezialisiert.

Aber die Martinsrieder Prionen-Forscher sind nicht nur an der
Entwicklung von Nachweisverfahren für Prionen interessiert, sondern auch
an Stoffen, die die Bildung von Prionen hemmen oder deren Abbau
induzieren können. Mit Hilfe von prioninfizierten Zellkultursystemen
konnten bereits mehrere solcher Anti-Prion-Substanzen identifiziert
werden. Mit diesen positiven Resultaten ist Tatzelt mit seinen
Kolleginnen und Kollegen wesentlich an der Entwicklung möglicher
Therapieverfahren gegen die tödlichen Gehirnerkrankungen beteiligt. Ihr
neuer Prionen-Test macht es außerdem möglich, schnell und effektiv eine
Vielzahl möglicher Therapeutika zuerst an prioninfizierten Zellkulturen
auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, bevor sie an erkrankten Tieren
getestet werden.

Gefördert vom Bundesforschungsministerium, gehören die Arbeitsgruppen
von Dr. Tatzelt und Prof. Hartl dem nationalen Netzwerk der Erforschung
"transmissibler spongiformer Enzephalopathien" (TSE) an. Unter TSE sind
alle Gehirnerkrankungen bei Tier und Mensch zu verstehen, die durch
Prionen hervorgerufen werden. Auch die bayerische Staatsregierung
unterstützt die Martinsrieder Prionen-Forscher durch den bayerischen
BSE-Forschungsverbund. Bereits seit längerem finanzieren die Deutsche
Forschungsgemeinschaft und die EU die Prionen-Forschung am Martinsrieder
Max-Planck-Institut. Die Arbeitsgruppen Hartl/Tatzelt. sind außerdem in
dem kürzlich an der Universität München eingerichteten
Sonderforschungsbereich "Molekulare Mechanismen der Neurodegeneration"
vertreten.

Kontakt:
Eva-Maria Diehl, Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biochemie
diehl@biochem.mpg.de
Tel.: 089/8578-2824, Fax: 089/8578-2943

Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Biochemie, 09.08.2001
 



 

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