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AHO Aktuell - 01.08.2001

Kommission will Lebensmittelinfektionen intensiv bekämpfen



(aho) - Durchfall, Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen bekannte Symptome für
166 000 Menschen in der Europäischen Union, die 1999 an Salmonellose
erkrankten. Salmonellose ist eine schwere Krankheit und kann manchmal
sogar tödlich verlaufen. Sie ist die am häufigsten gemeldete Zoonose in
der EU. Zoonosen sind Erkrankungen oder Infektionen, die vom Tier auf den
Menschen übertragbar sind. Die Infektion ist gewöhnlich auf den Verzehr
von Erzeugnissen tierischen Ursprungs zurückzuführen. Salmonellen können
in einer ganzen Reihe von Lebensmittelerzeugnissen vorkommen, z. B. in
rohen Eiern, Geflügel, Schweine- und Rindfleisch, anderen Fleischerzeug-
nissen und Milchprodukten. Salmonellen stellen nur einen der Zoonoseerreger
dar; der zweithäufigste, Campylobacter, war 1999 für weitere 127 000
gemeldete Fälle von lebensmittelbedingten Erkrankungen in der EU
ursächlich. Hauptsymptom für eine Campylobacter-Infektion ist
Durchfall; doch manchmal kann sie auch zu Nervenerkrankungen und, in
seltenen Fällen, zur Lähmung
führen. Die meisten Infektionen treten
sporadisch auf und haben einen saisonalen Höhepunkt im Sommer. Campylo-
bacter ist hauptsächlich in Hähnchenfleisch zu finden. Listeria und E. coli
sind zwei weitere verbreitete Zoonose-Erreger, die Infektionen verursachen.
Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission heute auf Initiative
des Kommissars für Gesundheit und Verbraucherschutz, David Byrne, einen
Bericht und zwei Vorschläge angenommen, denen zufolge die geltenden Rechts-
vorschriften überarbeitet und Schritte zur Verbesserung der Prävention und
der Bekämpfung von Zoonosen unternommen werden sollen. Der Bericht unter-
sucht die seit Mitte der 90er Jahre bei der Zoonose-Bekämpfung gewonnenen
Erfahrungen und kommt zu dem Schluss, das Konzept für die Überwachung und
Bekämpfung müsse grundlegend geändert werden. Zu diesem Zweck schlägt die
Kommission eine neue Richtlinie vor, welche die Mitgliedstaaten ver-
pflichtet, verbesserte und besser aufeinander abgestimmte Überwachungs-
systeme einzuführen. Darüber hinaus schlägt die Kommission eine Verordnung
zur Bekämpfung von Salmonellen und anderen durch Lebensmittel übertragbaren
Zoonose-Erregern vor. Diese Verordnung enthält Rahmenvorschriften für eine
Strategie zur Senkung der Erregerprävalenz, d.h. der Vorkommenshäufigkeit
dieser Organismen, indem gemeinschaftliche Ziele für Zoonose-Erreger in
ausgewählten Nutztierpopulationen und nach Möglichkeit auch für andere
Stufen der Lebensmittelherstellungskette festgelegt werden. Die
Vorschriften für die Zoonose-Bekämpfung werden Erzeuger von Zuchtgeflügel,
Legehennen, Hähnchen, Puten und Zuchtschweinen in allen EU-Mitgliedstaaten
betreffen.


Die heutigen Vorschläge wurden im Zuge des Weißbuchs zur Lebensmittel-
sicherheit vorgelegt. Sie beruhen auf Stellungnahmen des Wissenschaft-
lichen Ausschusses "Veterinärmaßnahmen im Zusammenhang mit der öffent-
lichen Gesundheit" und unterliegen der Mitentscheidung des Europäischen
Parlaments und des Rates. "Dies ist ein wichtiger Schritt unserer
Kampagne zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit. Die Tatsache, dass
jedes Jahr viele Menschen an durch Lebensmittel übertragenen Infektionen
erkranken, die sich manchmal sogar als tödlich erweisen, scheint in den
Medien nicht sehr viel Beachtung zu finden. Die Salmonellose-Bekämpfung
hat für uns höchste Priorität. Geflügelerzeugnisse und Eier sind aner-
kanntermaßen die Hauptquelle der lebensmittelbedingten
Salmonellose.

Ich möchte, dass ein System eingerichtet wird, welches sicherstellt, dass
die Käufer von lebenden Tieren oder Bruteiern wissen, ob der Haltungs-
betrieb, aus dem diese stammen, salmonellenfrei ist oder nicht. Außerdem
müssen wir uns die Vermarktungsvorschriften für Geflügelfleisch und Eier
ansehen," sagte Kommissar David Byrne. "Diese Maßnahmen bedeuten, dass die
Geflügelwirtschaft sich stärker um die Salmonellenbekämpfung kümmern muss.
Dies wird dem Verbraucher zugute kommen und dazu beitragen, das
Verbrauchervertrauen auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit von
Lebensmitteln, insbesondere von Geflügelerzeugnissen und Eiern, zu
erhöhen."

Noch weitere der in dem Weißbuch angekündigten Maßnahmen sind für
die Bekämpfung von Zoonosen von Bedeutung. Der von der Kommission
im Juni 2000 vorgelegte Vorschlag für eine Verordnung über Lebens-
mittelhygiene enthält Rahmenvorschriften für die Ziele im Bereich
Lebensmittelsicherheit und die Einrichtung von HACCP-Systemen (Hazard
Analysis Critical Control Points Gefahrenanalyse und kritische
Kontrollpunkte) auf der Basis einer Risikobeurteilung. Dies wird zu
Verbesserungen bei der Umsetzung von Hygienemaßnahmen in den Betrieben
führen. Die Auswertung der Überwachungsdaten wird Aufgabe der
zukünftigen Europäischen Lebensmittelbehörde sein.

Richtlinienvorschlag zur Überwachung von Zoonosen


Die vorgeschlagene Richtlinie zur Überwachung von Zoonosen legt ein System
zur Überwachung bestimmter Zoonose-Erreger in der gesamten Lebens- und
Futtermittelkette fest. Außerdem müssen sich die Mitgliedstaaten über
einen Zeitraum von ein bis drei Jahren an koordinierten Überwachungs-
programmen beteiligen, um eine Vergleichsbasis für das Ausmaß der
wichtigsten Zoonose-Infektionen in den einzelnen Mitgliedstaaten zu
schaffen. Diese Programme werden aus dem Gemeinschaftshaushalt
kofinanziert. Zu den neuen Anforderungen an die Überwachung gehören
auch die Datenerhebung über die Inzidenz von Zoonosen beim Menschen,
das Auftreten lebensmittelbedingter Zoonose-Ausbrüche und die Überwachung
der Antibiotikaresistenz bei bestimmten Zoonose-Errgern.

Verordnungsvorschlag zur Senkung der Prävalenz von Zoonose-Erregern
Priorität: Salmonellen


Der Verordnungsvorschlag enthält Rahmenvorschriften für eine Strategie
zur Senkung der Prävalenz bestimmter Zoonose-Erreger, vor allem in
Tierpopulationen. Auf diese Weise kann der Verbreitung der Infektion über
Lebensmittel am wirksamsten vorgebeugt werden. Auf der Grundlage
wissenschaftlicher Gutachten sollen nach einem festen Zeitplan schrittweise
gemeinschaftliche Ziele für diese Senkung festgelegt werden. Die Strategie
zielt vorrangig auf Salmonellen, insbesondere in Geflügelfleisch und Eiern,
ab. Die Ziele sollen ab 2005 für Zuchtgeflügelbestände, ab 2006 für
Legehennen, ab 2007 für Hähnchen und ab 2008 für Puten und Zuchtschweine
gelten.

Nach einer Übergangszeit (ab 2008) werden Vermarktungsbeschränkungen für
Tafeleier aus Beständen gelten, bei denen der Befall mit bestimmten
Salmonellenarten vermutet wird oder nachgewiesen worden ist. Auch
Geflügelfleisch wird bestimmten mikrobiologischen Kriterien genügen
müssen (ab 2009). Für die Festsetzung von Zielen für andere Tier-
populationen oder andere Zoonose-Erreger als Salmonellen wird ein
Verfahren festgelegt.

Um die Ziele für die Senkung der Prävalenz zu erreichen, müssen die
Mitgliedstaaten einzelstaatliche Bekämpfungsprogramme einführen und
die Privatwirtschaft zur Kooperation veranlassen. Für den Handel mit
den betreffenden lebenden Tieren und Bruteiern zwischen den Mitglied-
staaten wird entsprechend dem oben genannten Zeitplan eine Bescheinigung
über den Salmonellenstatus zwingend vorgeschrieben. Für Einfuhren aus
Drittländern in die EU werden nach dem gleichen Zeitplan gleichwertige
Bescheinigungen verpflichtend. Der Vorschlag gibt der Kommission die
Möglichkeit, bestimmte Methoden der Zoonose-Bekämpfung wie den Einsatz
von Antibiotika oder Impfungen von Tierpopulationen auszuschließen oder
die Voraussetzungen für deren Einsatz festzulegen.

Bericht über die Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften zur
Zoonose-Bekämpfung


Der heute angenommene Bericht bewertet die Umsetzung der geltenden
Richtlinie 92/117/EWG über Maßnahmen zum Schutz gegen bestimmte Zoonosen.
Mit den Maßnahmen der geltenden Rechtsvorschriften werden nur zwei Arten
von Salmonellen in Zuchtgeflügelbeständen bekämpft. Fristen für Pläne zur
Überwachung und Bekämpfung von Salmonellen in Geflügelherden sind
verlängert worden. Gleichwohl haben sowohl die nationalen Behörden als
auch die Privatwirtschaft in allen Mitgliedstaaten Maßnahmen gegen
Salmonellen und andere Zoonose-Erreger ergriffen.

Hintergrund

Wissenschaftliche Stellungnahme


Der wissenschaftliche Ausschuss für Veterinärmaßnahmen im Zusammenhang
mit der öffentlichen Gesundheit hat im April 2000 eine Stellungnahme zur
Zoonose-Bekämpfung in der Lebensmittelherstellungskette veröffentlicht,
in der er sich für schärfere Kontrollen und eine bessere Überwachung
ausspricht, um die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die zu einem Anstieg
der Zoonosen geführt hat, umzukehren. Der Ausschuss nennt sieben durch
Lebensmittel übertragene Zoonose-Erreger (Salmonellen, Campylobacter,
Verotoxin bildende Escherichia coli, Listeria monocytogenes,
Cryptosporidium, Echinococcus granulosus und Trichinella spiralis) als
höchste Priorität für den Gesundheitsschutz in diesem Bereich in Europa.
Zoonosen sind bekanntlich schwer einzudämmen, da eine gewisse Anzahl der
betreffenden Mikroorganismen überall vorkommt und nicht leicht aus der
Lebensmittelkette auszuschließen ist. Nach Auffassung der Wissenschaftler
sind die derzeit vorliegenden epidemiologischen Daten aus den Mitglied-
staaten unvollständig und nicht in vollem Umfange vergleichbar. Gleichwohl
geht aus den Daten hervor, dass seit 20 Jahren ein Anstieg der gemeldeten
durch Lebensmittel übertragenen Zoonosen zu verzeichnen ist.

Die epidemiologische Lage bei Zoonosen in der EU

Im März 2001 hat die Europäische Kommission den Jahresbericht über die
Entwicklungstendenzen und Quellen von Zoonose-Erregern bei Mensch und Tier,
in Futter- und Lebensmitteln in der EU (und Norwegen) für 1999 vorgelegt.

Alle 15 Mitgliedstaaten hatten ihre Jahresberichte eingereicht; allerdings
ist die Qualität der Daten dadurch beeinträchtigt, dass die Überwachungs-
systeme nicht aufeinander abgestimmt sind und nicht alle Mitgliedstaaten
Einzelheiten über alle im EU-Meldesystem erfassten Zoonosen weitergeleitet
haben. Eine Zusammenfassung dieses 5url1%Berichts ist im Internet in
englischer Sprache als pdf-Datei abrufbar.

Für die Mehrzahl der gemeldeten Humanerkrankungen sind zwei Zoonoseerreger
ursächlich: Salmonellen und Campylobacter, auf die im Jahr 1999 insgesamt
165 659 bzw. 126 981 Fälle zurückzuführen waren. Von den anderen Zoonosen,
über die Daten erhoben werden, waren 8 309 Fälle auf Yersinia, 3 843 auf
Brucella, 665 auf Listeria, 554 auf Echinococcus, 309 auf Toxoplasma, 155
auf Mycobacterium bovis und 48 auf Trichinella zurückzuführen. Tollwutfälle
beim Menschen hat es 1999 nicht gegeben. Im Gemeinschaftsbericht für 1999
werden 1 892 Fälle menschlicher Erkrankungen durch Verotoxin bildende
E.coli (VTEC) erwähnt.

Diese Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu interpretieren, da vermutlich
viele menschliche Erkrankungen nicht gemeldet werden, weil die
Betroffenen keinen Arzt aufsuchen, kein Laborbefund vorliegt oder die
Diagnosen nicht zentral erfasst werden.

Die gemeldeten Erkrankungen betreffen wahrscheinlich nur die schwersten
Fälle. Auch wenn nicht alle Fälle gemeldet werden, ist erkennbar, dass
das Ausmaß der Gesundheitsprobleme erheblich ist.

Einzelheiten über den Schweregrad dieser Zoonosen sind nicht bekannt,
da die Gesamtzahl der Todesfälle nicht erfasst ist. Einige Daten liegen
jedoch vor:

Der Stellungnahme über lebensmittelbedingte Zoonosen zufolge, die der
Wissenschaftliche Ausschuss für Veterinärmaßnahmen im Zusammenhang mit
der öffentlichen Gesundheit (SCVPH) am 12. April 2000 abgegeben hat,
treten in etwa 5 % aller Krankheitsfälle Komplikationen (wie beispielsweise
reaktive Arthritis) auf. Etwa 2 % der Krankheitsfälle, in denen Kompli-
kationen auftreten (d. h. einer von 1 000 Salmonellosefällen), enden
tödlich. Daraus ergibt sich eine geschätzte Zahl von etwa 200 Todesfällen
pro Jahr in der EU. Eine verringerte Empfindlichkeit bestimmter
Salmonellenstämme gegenüber Antibiotika kann dazu führen, dass sich nicht
nur die Dauer klinischer Erkrankungen verlängert, sondern auch
Folgeerscheinungen oder Todesfälle häufiger auftreten.

Des Weiteren wird in der genannten Stellungnahme berichtet, dass
Campylobacter das Guillain-Barré-Syndrom auslösen kann, eine
schwere Erkrankung, die zu akuter neuromuskulärer Lähmung führt. Diese
Komplikation tritt in etwa einem von 1 000 Fällen von Campylobakteriose
auf.

Listeriose tritt sehr viel seltener auf als die beiden vorgenannten
Zoonosen, doch die Letalität (Anteil der Fälle, die zum Tode führen)
liegt den Meldungen zufolge zwischen 20 und 40 %. Bei immungeschwächten
Personen kann die Letalität gemäß der genannten Stellungnahme bis zu 75 %
betragen.

Bei VTEC-Infektionen entwickelt sich in etwa 5 % der Fälle ein
hämolytisch-urämisches Syndrom, das in 3 - 5 % der Fälle zum
Tode führt; bei einem ähnlich hohen Prozentsatz treten schwere
Komplikationen auf.
 



 

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