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AHO Aktuell - 14.06.2001

Neuer Test zum Nachweis von BSE und vCJK


Genf, Schweiz , 13. Juni 2001 - Serono S.A. (SWX: SEO und NYSE: SRA) teilte
heute mit, dass Wissenschaftler des Serono Pharmaceutical Research
Institute (SPRI) in Genf unter der Leitung von Dr. Claudio Soto eine neues
Verfahren entwickelt haben, das die Empfindlichkeit existierender Tests
zum Nachweis von fehlerhaften Prionen-Proteinen erheblich zu verbessern
verspricht. Wissenschaftler gehen davon aus, dass tödliche neuro-
degenerative Erkrankungen wie die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE)
bei Rindern, Scrapie bei Schafen und die Creutzfeld-Jakob-Erkrankung (CJD
und eine neue Form von CJD - nvCJD) beim Menschen auf derartige defekte
Eiweissmoleküle zurückzuführen sind. Die Arbeit der Forschungsgruppe wird
in der Ausgabe vom 14. Juni des Wissenschaftsmagazins Nature publiziert.

"Die Methode imitiert die körpereigene Replikation fehlerhafter Prionen-
Proteine im Zeitraffertempo", erklärt Silvano Fumero, Senior Executive
Vice President Research & Pharmaceutical Development. "Dabei wird ein im
Körper mehrere Jahre dauernder Prozess im Labor auf wenige Stunden
reduziert. Das Verfahren bringt die Wissenschaft einen bedeutenden Schritt
weiter, denn es eröffnet verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Neben der
Verbesserung von Tests zur Diagnose von Prionen-Erkrankungen vereinfacht
es auch die Identifizierung von Zielmolekülen für neuartige
Wirksubstanzen."

Mit Hilfe der derzeit verfügbaren Tests ist es nicht möglich, BSE bei
toten Tieren festzustellen, die jünger als 30 Monate alt waren oder die
sich erst kurz vor dem Tod infiziert hatten. Ausserdem gibt es bisher
keine Tests für lebende Tiere oder Menschen. Dank des neuen von Serono
entwickelten Verfahrens kann die Herstellung fehlerhafter Prionen-Proteine
im Labor täglich um mehr als das Hundertfache gesteigert werden, was sehr
viel empfindlichere Tests auf BSE und andere Prionen-Erkrankungen
ermöglicht.

Zyklische Amplifikation fehlerhafter Proteinfaltung

Das Verfahren wird als zyklische Amplifikation fehlerhafter Proteinfaltung
(Protein Misfolding Cyclic Amplification - PMCA) bezeichnet. Dabei werden
kleinste Proben defekter Prionen-Proteine (PrPSC) aus dem Gehirn von
Hamstern entnommen, die mit Scrapie infiziert sind, und mit grösseren
Mengen intakter Prionen-Proteine (PrPC) von gesunden Hamstern gemischt.
Die gesunden Prionen-Proteine werden dadurch rasch in Verbände fehlerhafter
Prionen-Proteine umgewandelt, die anschliessend mit Ultraschall behandelt
werden. Dieses sogenannte zyklische Amplifikationsverfahren kann im Labor
mehrmals täglich wiederholt werden. Die dabei erzielte Menge fehlerhafter
Prionen-Eiweisse ist mehrere hundert mal grösser, als die mit herkömmlichen
Verfahren erzielte Ausbeute aus Gehirngewebe von toten Tieren oder
Menschen.

Die publizierte Studie beruht auf einer Reihe bedeutender
wissenschaftlicher Fortschritte:

Im Rahmen des Forschungsprojekts ist es Serono-Wissenschaftlern erstmals
gelungen, defekte Prionen-Proteine in-vitro herzustellen. Mit dem
angewandten Verfahren ist es darüber hinaus möglich, den Umwandlungs-
prozess von gesunden in defekte Proteine, der Prionen-Erkrankungen wie
BSE und CJD vermutlich zugrunde liegt, künstlich zu beschleunigen.
Infolge der Forschungsarbeiten steht jetzt ein empfindliches In-vitro-
Modell zur Verfügung, mit dem die biologischen Eigenschaften von Prionen
besser verstanden und andere Faktoren identifiziert werden können, die
möglicherweise an der Entstehung defekter Prionen-Eiweisse beteiligt
sind. Ausserdem kann die Methode dazu beitragen, neue Zielmoleküle für
Arzneimittel zur Behandlung von Prionen-Erkrankungen aufzufinden.

Mit fortgesetzten Forschungsanstrengungen auf diesem Gebiet zielt das
Team von Dr. Soto auf die Gewinnung weiterer wichtiger wissenschaftlicher
Erkenntnisse ab:

Laufende Versuche weisen darauf hin, dass fehlerhafte Prionen-Proteine
in-vivo infektiös sind. Sollten sich diese Ergebnisse erhärten lassen,
so wäre dies ein Beweis für die Richtigkeit der Hypothese von Stanley
Prusiner, der dafür 1997 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Die
Forschungsgruppe arbeitet derzeit an Versuchen, anhand derer diese
Ergebnisse bestätigt werden sollen. Resultate werden zu gegebener Zeit
veröffentlicht. Es gibt ebenfalls Anhaltspunkte dafür, dass defekte
Prionen-Eiweisse im Blut von Tieren nachweisbar sind. Auch dies wird zur
Zeit im Rahmen weiterer Versuche geprüft.

Aus der Arbeit ergeben sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für die
Diagnose von Erkrankungen aufgrund fehlerhafter Proteinfaltung:

Die Identifizierung von defekten Prionen-Proteinen im Gehirn von toten
Kälbern unter 30 Monaten und bei Rindern, die sich erst kurz vor dem
Tod infiziert haben, die bisher nicht getestet werden können, da die
verfügbaren Diagnostiktests kleinste Mengen von PrPSC im Frühstadium
der Erkrankung nicht erfassen. Die Identifizierung von defekten Prionen-
Proteinen im lebenden Tier (mit oder ohne BSE-Symptome) unter Verwendung
von Gewebe oder biologischen Flüssigkeiten wie Blut. Die Diagnose von
CJD und nvCJD im Menschen (mit oder ohne Krankheitssymptome) unter
Verwendung von Rückenmarksflüssigkeit oder Blut. Das Verfahren lässt
sich möglicherweise zum Nachweis von anderen Krankheiten einsetzen,
denen eine fehlerhafte Proteinfaltung zugrunde liegt, beispielsweise
der Alzheimer Krankheit.




GABRIELA P. SABORIO, BRUNO PERMANNE & CLAUDIO SOTO
Sensitive detection of pathological prion protein by cyclic
amplification of protein misfolding
Nature 411, pp. 810-813 (14 June 2001)
 



 

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