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AHO Aktuell - 18.05.2001

MKS unter Kontrolle +++ Ausbruch kaum noch wahrscheinlich


Berlin - Alexander Müller, Staatssekretär im Bundesverbraucherschutz-
ministerium und Leiter des MKS-Krisenstabs, zeigte sich am 16. Mai
in einem Gespräch mit der Berliner Zeitung sehr optimistisch, dass
es in der Bundesrepublik nicht mehr zu einem Ausbruch der Maul- und
Klauenseuche kommen wird. Im einzelnen sagte der Staatssekretär:

Berliner Zeitung: Herr Müller, um die Maul- und Klauenseuche ist
es still geworden. Gibt es den von Ihnen geführten MKS-Krisenstab
überhaupt noch?

Müller: Ja sicher. Aber er musste schon seit Wochen nicht mehr tagen. In
Kontinentaleuropa ist die Maul- und Klauenseuche unter Kontrolle. Auch in
Großbritannien haben die Ausbrüche sehr stark nachgelassen, und ich
rechne damit, dass dort die Seuche im Juli oder August ausläuft. Ich habe
die Hoffnung, dass der Krisenstab nur noch ein einziges Mal tagen muss,
nämlich um unsere erfolgreiche Anti-MKS-Strategie auszuwerten.

Rechnen Sie denn noch mit einem MKS-Ausbruch in Deutschland?

Wir sind sehr optimistisch, dass es dazu nicht mehr kommen wird.
Deswegen hat die EU die Schutzvorkehrungen nach und nach gelockert.
Hundertprozentige Sicherheit gibt es zwar nicht, so lange in Großbritannien
noch neue Fälle auftreten. Aber die MKS-Gefahr für Deutschland wird von
Tag zu Tag geringer. Das Wetter ist dabei unser bester Verbündeter.
Denn das Virus mag keine warmen Temperaturen.

Woran liegt es, dass wir in Deutschland trotz aller Befürchtungen doch von
MKS verschont geblieben sind?

Das hat zwei Gründe. Zum einen haben Bund und Länder bei der
Seuchenbekämpfung konsequent und erfolgreich gehandelt. Zum
anderen hatten wir das notwendige Glück. Hätte Großbritannien die
Seuche allerdings früher erkannt und konsequenter bekämpft, wäre es
nicht zu diesem Seuchenzug gekommen.

Reichen die Bekämpfungstrategien auch in Zukunft aus?

Nein. Eine wichtige Lehre aus dem Seuchengeschehen ist, dass
Tiertransporte im gegenwärtigen Umfang ein erheblicher Risikofaktor
sind. Außerdem muss die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der
Bekämpfung von Tierseuchen verbessert werden. Denn Viren machen vor
Grenzen nicht halt. Schließlich gehört die bisherige Impfstrategie auf
den Prüfstand.

Heißt das, Sie plädieren für flächendeckende Schutzimpfungen?

Nein, vorbeugendes flächendeckendes Impfen gegen Maul- und
Klauenseuche ist nicht sinnvoll. Dafür gibt es zuviele Virentypen und
-stämme. Das ist ähnlich wie bei den Grippeviren. Die ändern sich so
schnell, dass Impfungen nur Sinn machen, wenn man genau weiß, welcher
Erreger gerade umgeht. MKS-Schutzimpfungen gaukeln eine Sicherheit
vor, die es nicht gibt. Wenn die Seuche ausbricht, halte ich aber
Ringimpfungen zur Eindämmung des Krankheitsherdes für erforderlich -
allerdings als letztes Mittel. Darüber wollen wir in der EU eine offene
Debatte führen. dazu gehört auch eine Diskussion über die bisher mit der
Impfung verbundenen Handelsbeschränkungen. Mit Wissenschaft und
Industrie brauchen wir im übrigen einen offenen Dialog zu Fragen der
Impfstoffentwicklung.

Wie groß sind die Chancen, sich mit einer neuen Impfstrategie auf
europäischer Ebene durchzusetzen?

Auf dem Höhepunkt der MKS-Krise war die Unterstützung aus anderen
EU-Ländern beträchtlich. Ich hoffe, dass die Bereitschaft unserer
europäischen Partner mit der Abnahme der Gefahr nicht schwindet. Die
größten Bedenken haben die Länder, die bislang MKS-frei geblieben sind
oder einen starken Exportanteil haben.

Wieviel hat die MKS-Bekämpfung in Deutschland gekostet?

Da wir in Deutschland keinen Ausbruch hatten, dürften die Kosten relativ
gering sein. Allerdings hat die MKS-Bekämpfung in Großbritannien auch
die EU ziemlich viel gekostet, was der deutsche Steuerzahler über die
Zahlungen an die EU mitträgt.

Droht uns angesichts der Globalisierung die Rückkehr weiterer besiegt
geglaubter Seuchen?

Durch den zunehmenden Waren- und Reiseverkehr wird die Gefahr immer
größer, dass irgendetwas eingeschleppt wird. Es gibt keinen
abgeschotteten Markt mehr. Die Maul- und Klauenseuche wird auch in den
nächsten Jahren eine Gefahr darstellen. Deshalb müssen wir die
Kontrollen verschärfen.

Das kostet aber auch mehr...

Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Jahrelang wurde über den schlanken
Staat geredet. In der MKS-Krise haben wir festgestellt, dass die
Veterinärbehörden nicht schlank, sondern regelrecht magersüchtig sind.
Das ist eine der Ursachen für den Ausbruch in Großbritannien, wo die
Veterinärkontrollen in den 80er Jahren stark abgebaut wurden. Für
Deutschland bedeutet das, dass wir mit ausreichend Personal und
Ausstattung arbeiten müssen. Eine der wichtigsten Lehren der letzten
Wochen ist, dass wir eine schlagkräftige staatliche Infrastruktur brauchen,
um Krisen wie MKS und BSE bewältigen zu können.

Das Gespräch führten Regina Kerner und Jörg Michel.
 



 

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