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AHO Aktuell - 05.05.2001

Wir brauchen eine moderne Lebensmittelproduktion


(BLL) - Das heutige Lebensmittelangebot zeichnet sich durch eine neue
Vielfalt an Lebensmitteln aus, die so vorverarbeitet und konfektioniert
sind, dass sie die häusliche Weiterbearbeitung und Zubereitung zu
Mahlzeiten erleichtern. Gemeint sind beispielsweise Trockenproduke und
pulverförmige Vormischungen verschiedenster Art, wie Pudding- und
Dessertpulver, Backmischungen, Kartoffelprodukte, Trockensuppen,
Gewürzmischungen, Instantreis und -nudeln, Getränkepulvermischungen und
ähnliches Feinkosterzeugnisse aller Art wie Fertigsaucen, Tomatenprodukte,
Fischerzeugnisse, die Produktpalette im Kühl- und Tiefkühlbereich, wie
Pizza und Snacks, vorverarbeitete Obst-, Gemüse- und Kartoffelprodukte
und Salate, Backwaren und Halbbackwaren, Frischteige und vieles andere
mehr.

Insgesamt ist das Angebot an solchen "Convenience"-Produkten enorm
gewachsen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie üblicherweise nicht
als solche "verzehrsfertig" sind, sondern normalerweise Grundlage oder
Teil eines Gerichts oder einer Mahlzeit werden. Gemeinsam ist, dass die
häusliche Zubereitung erleichtert wird, dabei Zeit eingespart wird und
letztlich der Zubereitungserfolg durch die Rezeptur gewährleistet ist.

Sogenannte "Fertiggerichte", die zur Mahlzeit bereits komplettiert sind
und für die nur ein Erwärmungsschritt notwendig ist, machen demgegenüber
im Lebensmittelangebot nur einen sehr geringen Anteil aus.

Diese Angebotserweiterung ging einher mit gesellschaftlichen
Veränderungen, mit einem dadurch geändertem Verbraucherverhalten und
neuen Erwartungen der Konsumenten:

Es gibt heute kaum noch häusliche Selbstversorgung und ausgeprägte
Vorratshaltung. Der Aufwand für Hausarbeit und Kochen ist zugunsten
Berufstätigkeit und Freizeitgestaltung zurückgegangen. Der Anteil der
Außer-Haus-Versorgung wird immer größer, Familienhaushalte sind kleiner,
Tagesabläufe und Familienstrukturen sind nicht mehr in so starkem Maß
durch Mahlzeiten geprägt. Häusliches Backen und Kochen haben zunehmend
den Stellenwert eines "Hobbies", das ohne zu große Arbeitsbelastung
ausgeführt werden soll. Die Verbrauchererwartung orientiert sich an
einem ganzjährig und flächendeckend gleichbleibendem Angebot, an
konstanter Qualität und Verfügbarkeit, sowie an einem Höchststand an
Lebensmittelsicherheit und einem möglichst geringen Schadstoffgehalt.
Durch Mobilität und erweiterte Verbrauchererfahrungen wird das
Lebensmittelangebot immer internationaler mit Produkten aus nicht-
heimischen Rohstoffen und Zutaten

Noch weitergehende Veränderungen gab es im Bereich der Gemeinschafts-
verpflegung, die zu einem hohem Einsatz von "Convenience"-Produkten
dort führten. Grund ist vor allem die gleichbleibende, standardisierte
Verfügbarkeit dieser Produkte und die kostensparende Arbeitserleichterung
dadurch.

Die anbietende Lebensmittelwirtschaft hat sich insofern mit neuen Produkten
diesen Veränderungen angepasst. Gleichzeitig ergab sich aber auch innerhalb
der Lebensmittelkette eine zunehmende Arbeitsteilung zwischen den einzelnen
Verarbeitungs- und Handelsstufen.

Moderne Lebensmittel entstehen durch konsequente Entwicklungsarbeit und
Einsatz neuer Technologien. Aber nahezu sämtliche Prozesse der heutigen
gewerblichen Lebensmittelherstellung beruhen auf bewährten und
zweckmäßigen Methoden mit langer Tradition. Die Bearbeitung von Rohstoffen,
das sind beispielsweise Getreide, Früchte, Gemüse, Milch oder Fleisch,
kann nur nach wenigen, seit Jahrtausenden angewandten Grundverfahren
erfolgen: dazu gehören Trocknen, Mahlen, Pressen, Fermentieren, Salzen,
Hitze- und Kältebehandeln. Deren jeweiliges Ziel ist in erster Linie die
Erzielung von Haltbarkeit und Verzehrsfähigkeit von naturgegebenen
Rohstoffen. Lebensmittelverarbeitung war und ist zur Erhaltung der
geernteten Vorräte und Sicherstellung einer ganzjährigen Versorgung mit
pflanzlichen Lebensmitteln sowie zur Abwehr des Verderbs bei tierischen
Lebensmitteln unabdingbar. Manche Rohstoffe sind unbearbeitet auch nicht
zum Verzehr geeignet oder gar giftig (Kartoffeln, Hülsenfrüchte).

Heute machen die entregionalisierten Rohstoffmärkte, die Teilung der
Arbeitsprozess, die Sicherung des flächendeckenden Angebot und die
sich ergebenden Transportsituationen, zusätzlich Rohstoffbearbeitung
und Lagerung notwendig.

Die modernen Prozesse unterscheiden sich von den traditionellen bzw. den
handwerklichen und haushaltsmäßigen lediglich durch die Größenordnungen
der Volumen und der Geschwindigkeiten. Sie haben aber den Vorteil, dass
sie sich hinsichtlich der Parameter, beispielsweise Temperaturführung,
optimieren und steuern lassen und so wertvolle Inhaltstoffe schonen. Auch
sind sie unter den Aspekten der Lebensmittelsicherheit und der Hygiene
systematisch analysiert und steuerbar. Auch die logistische Zuführung
ist optimiert: Frisch geerntete Rohwaren können ohne Zwischenlagerung
schnellstens und qualitätserhaltend verarbeitet werden. Diese Vorteile
sind insgesamt weder im Einzelhaushalt noch in der handwerklichen
Lebensmittelproduktion erreichbar.

Die eingangs beschriebenen modernen "Convenience"-Produkte entstehen
aber aus nach traditionellen Methoden bearbeiteten Rohstoffen erst am
Ende der Verarbeitungskette durch Rezeptur- und Kombinationsvielfalt.
Neu ist normalerweise nur die Zusammensetzung und der Verwendungszweck -
nicht der Herstellungsprozess oder die Ausgangsstoffe.

Innovative Lebensmittelherstellung sichert also die Abnahme der
landwirtschaftlichen Rohstoffe, deren Qualitätserhaltung und einen
gleichbleibenden Versorgungsstatus unabhängig vom Erzeugungsort. Sie
gewährleistet die Verbraucher-Akzeptanz von Urprodukten und Erzeug-
nissen daraus bei sich ändernden Verbrauchergewohnheiten. Dies gilt
um so mehr für Rohstoffe aus dem ökologischen Landbau; ohne Zufuhr
auch dieser Rohstoffe in die großmaßstäblichen Herstellungsprozesse
und die Ergänzung des üblich gewordenen "Convenience"-Angebots durch
"Öko-Produkte" lassen sich die angestrebten Absatzmengen und Verbraucher-
Nachfrage nicht steigern.


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