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AHO Aktuell - 23.04.2001

Die Verwendung verarbeiteter tierischer Proteine in Tierfutter


Die Europäische Kommission:

SANCO/1531/2001 Rev.1 - ARBEITSPAPIER DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN


SYNTHESE

Seit Beginn der BSE-Krisen ab 1996 sind eine Reihe von Gemeinschaftsmaß-
nahmen zur Herstellung von aus tierischen Grundstoffen gewonnenen Futter-
mittelinhaltsstoffen erlassen worden. Heute steht das gemeinschaftliche
Regelwerk auf der ganzen Linie in Einklang mit den neuesten wissenschaft-
lichen Erkenntnissen. Mit dem Vorschlag für eine Verordnung über trans-
missible spongiforme Enzephalopathien und dem Vorschlag für eine Verord-
nung über nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Neben-
erzeugnisse erfahren die bisherigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft
eine Neufassung, so dass dann für diesen Bereich ein ganzheitlicher
Rechtsrahmen bestehen wird.

Aus den Ergebnissen der von 1996 bis heute vom Lebensmittel- und
Veterinäramt in sämtlichen Mitgliedstaaten durchgeführten Inspek-
tionsbesuche lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

- Infolge beträchtlicher Investitionen von Seiten der Wirtschaft sind
jetzt in der EU sämtliche Tierkörperbeseitigungsanstalten, die aus
Gewebe von Säugetieren gewonnene Proteine zur Verfütterung an wirt-
schaftliche Nutztiere herstellen, produktionstechnisch in der Lage,
entsprechend den Vorgaben der im April 1997 festgelegten Druck-
sterilisations-Verfahrensnormen zu arbeiten.

- Seit dem ersten Inspektionszyklus des Lebensmittel- und Veterinäramts
in den Jahren 1996 - 1997 sind die amtlichen Kontrollen in den Betrieben
zwar verschärft worden, gelten aber nach wie vor allgemein als nicht
ausreichend.

- Die Umsetzung des Verbots der Verfütterung von Erzeugnissen tierischen
Ursprungs an Wiederkäuer und die Durchführung der zwingend vorgeschrie-
benen Aussonderung von spezifiziertem Risikomaterial müssen entschieden
verbessert werden. Allerdings haben einige Mitgliedstaaten in diesem
Bereich wesentliche Fortschritte erzielt. So haben insbesondere Dänemark,
die Niederlande und Irland wirksame Präventivmaßnahmen eingeführt, um eine
Kreuzkontaminierung von Futtermitteln für Wiederkäuer mit aus Gewebe von
Säugetieren gewonnenen Proteinen zu verhindern.

Mit der Entscheidung 2000/766/EG ist die Verfütterung von tierischen
Proteinen an Nutztiere bis zum 30.6.2001 untersagt worden. Gemäß Artikel
4 dieser Entscheidung kann die Kommission dieses absolute Verbot jedoch
unter Zugrundelegung der Ergebnisse der von der Gemeinschaft durchge-
führten Kontrollen und der BSE-Inzidenz an die Situation in den einzelnen
Mitgliedstaaten anpassen.

Benötigt werden weitere dem Lebensmittel- und Veterinäramt durchzuführende
Inspektionen und BSE-Schnelltest-Ergebnisse in größerer Zahl, um praktische
Informationen darüber zu gewinnen, wie effizient die BSE- Vorschriften der
Gemeinschaft und die entsprechenden nationalen Bestimmungen greifen.
Deshalb wird die Kommission prüfen müssen, ob eine Aufhebung des derzeit
geltenden einstweiligen Verbots nicht verfrüht und unzweckmäßig wäre.

Eine Entscheidung hierüber wird mit von den im Rat "Landwirtschaft"
vertretenen Standpunkten abhängen.

Infolgedessen bietet sich eine Verlängerung des derzeit geltende
einstweilige Verbot bis zur förmlichen Annahme und Umsetzung der vorge-
schlagenen Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über
nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenerzeugnisse
(KOM(2000)574) geradezu an. Diese Verordnung regelt die Herstellung von
Futtermittelinhaltsstoffen tierischen Ursprungs, die ausschließlich aus
für den menschlichen Verzehr geeigneten Tieren gewonnen werden, und legt
stringente Kontrollmaßnahmen für die Beseitigung von nicht für den
menschlichen Verzehr geeignetem Material fest. Die Bestimmungen sind
wissenschaftlich begründet und von daher vor der Welthandelsorganisation
WTO zu vertreten. Aller Voraussicht nach dürften sie auch vom Europäischen
Parlament und vom Wirtschafts- und Sozialausschuss mitgetragen werden.
Im Übrigen bieten sie einen gemeinschaftlichen Rechtsrahmen zur
Gewährleistung eines sicheren Umgangs mit tierischen Nebenerzeugnissen
und ihrer sicheren Beseitigung. Dies ist eine eindeutige Verbesserung im
Vergleich zur derzeitigen Lage mit ihren von einander abweichenden
nationalen Regelungen, die zur Folge haben, dass der Verbraucher nach
wie vor nicht zu vertretenen Risiken ausgesetzt ist.

Ein umfassendes unbefristetes Verbot der Verfütterung tierischer Proteine
an Nutztiere mag zwar aus verschiedenen Überlegungen heraus verlockend
erscheinen, käme aber implizite dem Eingeständnis gleich, dass die Mit-
gliedstaaten, die Industrie und die Vertreter der Agrarinteressen bei
der Umsetzung grundlegender Rechtsvorschriften der Gemeinschaft versagt
hätten. Zunichte gemacht würde damit gleichzeitig der gesamte bisherige
Nutzen aller in den vergangenen vier Jahren unternommenen Bemühungen der
Mitgliedstaaten und der Industrie und des von ihnen betriebenen Aufwands
im Hinblick auf eine Verbesserung der Standards.

Ein unbefristetes Verbot würde im Übrigen auch die Frage nach ent
sprechenden Maßnahmen für die Einfuhr tierischer Erzeugnisse aus
Drittländern aufwerfen.

A. LEGISLATIVER HINTERGRUND

Gemäß Artikel 4 der Entscheidung 2000/766/EG kann die Kommission das
Verfütterungsverbot vor dem 30. Juni 2001 unter Zugrundelegung der
Ergebnisse der von der Gemeinschaft durchgeführten Kontrollen und der
BSE-Inzidenz sowie gestützt auf die Ergebnisse der BSE-Überwachung
und vor allem der Tests an über 30 Monate alten Rindern gemäß der
Entscheidung 2000/764/EG der Kommission an die Situation in den
einzelnen Mitgliedstaaten anpassen.

B. KONTROLLEN DURCH DAS LEBENSMITTEL- UND VETERINÄRAMT

Im Laufe des Jahres 2000 hat das Lebensmittel- und Veterinäramt in den
Mitgliedstaaten mehrere Kontrollbesuche in Sachen BSE durchgeführt.

Sinn und Zweck dieser Kontrollbesuche war es, vor Ort den Stand der
Durchführung der wichtigsten Gemeinschaftsbestimmungen in Sachen BSE
auf Seiten der zuständigen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten -
darunter insbesondere die Entscheidungen 98/272/EG(1), 94/381/EG(2)
und 2000/418/EG(3) zu beurteilen.

Auch wenn für die meisten Kontrollbesuche die abschließenden
Inspektionsberichte noch nicht vorliegen, lassen sich dennoch
bereits folgende Schlüsse ziehen:

1. Entscheidung 94/381/EG (Verbot der Verfütterung und aus Säugetieren
gewonnenen Proteinen an Wiederkäuer)

Bis Januar 2001 war die Kreuzkontaminierung in vielen Mitgliedstaaten
ein weit verbreitetes Phänomen. Mit den daraus resultierenden Problemen
war nachweislich praktisch jeder Mitgliedstaat konfrontiert. Zurückzu-
führen waren sie auf die ineffiziente Anwendung von Präventivmaßnahmen.
Außerdem wurde in nahezu allen Mitgliedstaaten, in denen Kontrollbesuche
durchgeführt wurden, ein bestimmter Kontaminierungsgrad (Tiermehlanteil
unter 0,5 %) toleriert, obgleich nach den Gemeinschaftsbestimmungen
keinerlei Marge gestattet ist.

Allerdings gab es dazu Ausnahmen: In Dänemark dürfen Futtermittelher-
steller, die aus Säugetieren gewonnene Proteine verwenden, keine
Futtermittel für Wiederkäuer herstellen. Ähnliches gilt in den
Niederlanden, wo eine "Null-Toleranz-Politik dazu geführt hat, dass
seit März 1999 die Produktionsanlagen strikt voneinander getrennt sein
müssen (d.h. Anlagen zur Herstellung von Futtermitteln für Wiederkäuer
separat von Anlagen für Futtermittel für andere Tiere als Wiederkäuer).
Des weiteren wird in Irland seit 1996 ein spezielles Genehmigungs-
verfahren gehandhabt, dass sich als recht effizient erwiesen hat.

Hinsichtlich der stichprobenartigen Prüfungen und Kontrollen, die
von den zuständigen amtlichen Diensten durchzuführen sind, herrscht
der allgemeine Eindruck vor, dass noch sehr vieles verbesserungsfähig
ist. An wesentlichen Unzulänglichkeiten ausgemacht konnten u.a. folgende
Mängel:

- Nicht ausreichende und/oder keine gezielte Probenahmen;

- ineffiziente oder mangelnde Rückinformation an die betroffenen Betriebe;

- verspätete und unzureichende Abhilfemaßnahmen;

- mangelhafte Kooperation mit den für die BSE-Überwachung zuständigen
Veterinärdiensten;

- Kontrollen in den landwirtschaftlichen Betrieben (einschließlich solcher,
die vor Ort Mischfutter herstellen) und beim Zwischenhandel nur in sehr
beschränktem Umfang.

2. Entscheidung 2000/418/EG (Entfernen von spezifiziertem Risikomaterial
- SRM)

Abgesehen davon, dass diese Entscheidung die wichtigste Gesundheits-
schutzmaßnahme zur Gewährleistung der Unbedenklichkeit von Rindfleisch
und von Rindfleisch-Nebenerzeugnissen darstellt, gilt das Entfernen und
unschädliche Beseitigen von spezifiziertem Risikomaterial als zwingendes
Schutzgebot mit Blick auf eine sichere Verwendung tierischer Proteine in
Futtermitteln. Sämtliche Mitgliedstaaten, in denen Inspektionsbesuche
durchgeführt wurden, haben Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung
getroffen. Allerdings waren in nahezu allen Fällen Unzulänglichkeiten in
folgenden Bereichen zu verzeichnen:

- Entfernung von SRM, insbesondere Rückenmark, in Fällen, in denen
aufgrund der Gefahr der Verbreitung des Erregers beim Zerlegen der
Schlachtkörper eine zusätzliche Überwachung und Kontrolle notwendig
gewesen wäre, aber nicht immer statt fand. In einigen Mitgliedstaaten
stellten sich außerdem spezifische Probleme im Zusammenhang mit dem
Entbeinen von Tierschädeln.

- Das Einfärben wurde allgemein für ineffizient erachtet; allerdings
bestehen hierzu offensichtlich technische Schwierigkeiten, die einer
eingehenderen Erörterung bedürfen.

- Handhabung, Lagerung und Trennung erwiesen sich häufig als unzureichend
oder unsachgemäß, woraus sich offensichtlich die Gefahr der Vermischung
von SRM mit anderen Abfällen ergab.

- Beseitigung und Abgleichung mit den Betrieben: In den meisten Mitg-
liedstaaten, in denen Inspektionsbesuche stattfanden, wurde kein
ordnungsgemäß dokumentiertes System zum Nachweis durchgeführter SMR-
Kontrollen ab dem Ort der Entfernung bis zum Ort der Beseitigung geführt.

- Die Kontrollen und die Überwachung müssten auf allen Ebenen (verar-
beitende Betriebe, Inspektoren und zuständige Behörden) verstärkt werden.

3. Legislative Folgemaßnahmen

In Anbetracht der vorhin dargelegten Erwägungen dürften folgende
legislative Folgemaßnahmen Verbesserungen herbeiführen:

- Genauere und ausführlichere Gemeinschaftsbestimmungen in Fragen wie
der Kreuzkontaminierung, aber auch zu den von den Überwachungsbehörden
durchzuführenden Kontrollen und punktuellen Prüfungen, sind in den
Mitgliedstaaten für einen ordnungsgemäßen Vollzug des Verbots der
Verfütterung tierischer Proteine an Wiederkäuer unerlässlich.

- Gemeinschaftsbestimmungen in Sachen SRM mit einer ausführlicheren
Regelung zur praktischen Durchführung, speziell in Fragen wie amtliche
Überwachungen und dokumentarischer Abgleich mit den Betrieben.

Diese Legislativmaßnahmen gehören mit zum Gegenstand der nun anstehenden
Verordnungen über transmissible spongiforme Enzephalopathien bzw. über
nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenerzeugnisse.

C. WISSENSCHAFTLICHE BEGUTACHTUNG

Zur Frage der Sicherheit tierischer Nebenerzeugnisse (einschließlich
Tierfutter) hat der Wissenschaftliche Lenkungsausschuss (WLA) eine
Reihe wissenschaftlicher Stellungnahmen abgegeben. In keiner dieser
Stellungnahmen wird empfohlen, die Verfütterung tierischer Proteine
an andere Nutztiere als Wiederkäuer zu untersagen - vorausgesetzt, es
sind bestimmte Bedingungen erfüllt (nämlich Aussonderung von SRM,
Verwendung von den menschlichen Verzehr geeigneten tierischen
Grundstoffen zur Herstellung von Futtermittel-Inhaltsstoffen und
Drucksterilisation nach den vorgeschriebenen Verfahrensnormen). Diese
Bedingungen sind inzwischen allesamt in den heute geltenden Rechts-
vorschriften der Gemeinschaft verankert und werden durch die Verord-
nung über transmissible spongiforme Enzephalopathien bzw. die
Verordnung über nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische
Nebenerzeugnisse neugefasst.

D. BSE-SCHNELLTEST-ERGEBNISSE

In den Monaten Januar und Februar wurden EU-weit rund 900 000 Schnelltests
durchgeführt, davon über 800 000 bei nicht infizierten geschlachteten
Tieren. Der verbleibende Teil der Tests wurde durchgeführt bei in
landwirtschaftlichen Betrieben verendeten Nutztieren, bei Tieren, die
im Rahmen von Notschlachtungen getötet wurden und bei Tieren, die zum
Zwecke der BSE-Seuchenbekämpfung gekeult wurden. Durch Post-Mortem-Tests
konnten 98 positive BSE-Fälle entdeckt und bei Lebendtieren in 167 Fällen
Verdacht auf BSE-Infizierung diagnostiziert werden. Positive BSE-Fälle
wurden in sämtlichen Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Griechenland,
Luxemburg, Österreich, Finnland und Schweden festgestellt.

Bis Ende Februar wurden etwa 1 400 Fälle von BSE-Erkrankungen bei nach
Verhängung des EU-weiten Fütterungsverbots vom August 1994 geborenen
Tieren festgestellt, davon an die 400 Fälle in anderen Mitgliedstaaten
als das Vereinigte Königreich. Die an BSE erkranken Tieren waren mehr-
heitlich im Zeitraum 1994-1995 geboren. Zu verzeichnen waren etwa 70
BSE-Fälle bei Tieren mit Geburtsjahr 1996, 3 Fälle bei 1997 geborenen
Tieren (Italien, Spanien und Dänemark) sowie 2 Fälle mit Geburtsjahr
1998 (Deutschland). Mit Ausnahme von Griechenland, Luxemburg, Österreich,
Finnland und Schweden sind nachweislich in sämtlichen Mitgliedstaaten
BSE-Erkrankungen bei Tieren ausgebrochen, die nach Verhängung des EU-
weiten Verfütterungsverbots geboren sind. Eine tabellarische Gesamt-
aufstellung der Ergebnisse der in den Monaten Januar und Februar 2001
durchgeführten BSE-Tests ist Anhang I zu entnehmen.

Eine profundere Analyse lässt sich erst nach Vorliegen weiterer Ergebnisse
bzw. bei Durchführung der Tests auf einer repräsentativeren, statistisch
aussagefähigeren Basis, vornehmen. Vor allem müssten die entsprechenden
Daten faktische Informationen darüber enthalten, in wieweit die Gemein-
schaftsbestimmungen und die nationalen Rechtsvorschriften in Sachen BSE
effektiv greifen, und Aufschluss über jene Mitgliedstaaten geben, in denen
tierische Nebenerzeugnisse ursächlich zu BSE-Rückübertragungen geführt
haben.

E. VORLÄUFIGE STELLUNGNAHMEN DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES UND DES
EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

Das Verfütterungsverbot wird auch in anderen EU-Institutionen diskutiert.

So organisierte der Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) am 9. März 2001
eine umfassende Anhörung zur aktuellen BSE-Problematik einschließlich des
Verfütterungsverbots. Als Ergebnis kommt die Fachgruppe Landwirtschaft,
ländliche Entwicklung und Umwelt des WSA zu dem Schluss, dass die vorge-
schlagene Verordnung über tierische Nebenprodukte und die TSE-Verordnung
"eine tragfähige Grundlage für eine zukunftsfähige ausgewogene Lösung bei
der künftigen Nutzung tierischer Nebenprodukte ... einschließlich
Futtermittel darstellen".

In seiner Entschließung zu BSE und Futtermittelsicherheit vom 16. November
2000 verlangte das Europäische Parlament ein Verbot der Verfütterung von
Tiermehl an Nutztiere, bis die Mitgliedstaaten die Umsetzung des
bestehenden Gemeinschaftsrechts zu BSE gewährleisten könnten (d. h.
Drucksterilisierungsnormen, Aussonderung von SRM) und bis der von der
Kommission vorgeschlagene Ausschluss verendeter Tiere (d. h. Verordnung
über tierische Nebenprodukte) in Kraft tritt.

Im Entwurf ihrer Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung über
tierische Nebenprodukte trägt der EP-Ausschuss für Landwirtschaft und
ländliche Entwicklung den Vorschlag der Kommission mit. Es spricht vieles
dafür, dass der EP-Ausschuss für Umwelt, öffentliche Gesundheit und
Verbraucherpolitik und das Parlament als Ganzes sich diesem Konzept
anschließen.

F. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Aufhebung des Verfütterungsverbots in den wenigen Mitgliedstaaten,
bei denen das LVA die zufriedenstellende Umsetzung des Verfütterungs-
verbots festgestellt hat, könnte erwogen werden. Allerdings wäre diese
Option im Rahmen des Binnenmarkts nur schwer umzusetzen.

(a) Verabschiedung der Verordnung über nicht für den menschlichen
Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte durch Rat und EP und
Umsetzung durch die Mitgliedstaaten; insbesondere wird diese Verordnung
folgendes einführen:

- den Grundsatz, dass nur aus für den menschlichen Verzehr geeigneten
Tierkörpern gewonnene tierische Nebenprodukte in Futtermitteln verarbeitet
werden dürfen,

- eine vollständige Trennung bei der Sammlung und Beförderung von nicht
für Futtermittel bestimmten tierischen Abfällen,

- eine vollständige Trennung der Verwertungsbetriebe, in denen
Futtermittel erzeugt werden, von Betrieben, die andere tierische
Abfälle verarbeiten,

- strengere Vorschriften für die Rückverfolgbarkeit tierischer
Nebenprodukte einschließlich der Kontrolle der Bewegungen von SRM anhand
eines Buchführungssystems und entsprechender Begleitdokumente bzw.
Gesundheitszeugnisse sowie von Markern für tierische Proteine und
Fette, die entsorgt werden sollen.

(b) Vernichtung aller Bestände tierischer Proteine und solche Proteine
enthaltender Futtermittel, um zu gewährleisten, dass nur nach den obigen
neuen Vorgaben erzeugte tierische Proteine als Inhaltsstoffe in
Futtermitteln nach Aufhebung des derzeitigen totalen Verfütterungsverbots
verwendet werden.

Dieses Konzept hätte folgende Vorteile:

- Durch die Aufrechterhaltung des Verbots kann die derzeitige politische
Diskussion im Europäischen Parlament und im Wirtschafts- und Sozial-
ausschuss abgeschlossen werden,

- das Konzept ist wissenschaftlich gerechtfertigt und kann daher bei
der WTO vertreten werden, - die großen Gesundheitsrisiken aus der
Beseitigung von 16 Millionen Tonnen tierischer Nebenprodukte ohne
adäquate EU-Schutzmaßnahmen würden einer Lösung zugeführt,

- reduzierte umwelttechnische und wirtschaftliche Auswirkungen, da nur
2 Millionen Tonnen Material von nicht für den menschlichen Verzehr
geeigneten Tierkörpern (gegenüber den 16 Millionen Tonnen tierischer
Nebenprodukte bei einem Totalverbot) beseitigt werden müssten.

Gegen ein totales ständiges Verbot der Verfütterung tierischer Proteine
an Nutztiere lassen sich folgende Einwände erheben:

a) Umweltfolgen

- Bei einem vollständigen permanenten Verbot müssen 16 Millionen Tonnen
tierischer Nebenprodukte, die jährlich anfallen, entsorgt werden. Auch
wenn der Vorschlag für eine Verordnung des EP und des Rats über tierische
Nebenprodukte (KOM 574) eine Reihe von Alternativen zur Begrenzung der
negativen Umweltauswirkungen einführt (z. B. Verbrennen tierischer
Proteine und Fette als Brennstoff, Biogas, Kompostieren), so dürfte
kurz- bis mittelfristig die Verbrennung zusammen mit der Deponierung
der häufigste Entsorgungsweg sein, mit unvermeidbaren Folgen für die
Umwelt.

b) Tiergesundheit

- Als Folge der plötzlichen Umstellung von tierischen auf pflanzliche
Proteine sind Probleme der Tiergesundheit angeführt worden, besonders
bei jungen Tieren in Intensivhaltung (z. B. Eintagsküken, Ferkel);

- da Schweine und Geflügel keine "Vegetarier" sind, müssen bestimmte
essentielle Aminosäuren, die nur in tierischen Proteinen vorhanden
sind, durch synthetische Aminosäuren substituiert werden.

c) Wirtschaftliche Auswirkungen

Ein vollständiges Verbot der Verwendung von Tiermehl hätte folgende
wirtschaftliche Auswirkungen:

- Die Landwirte verlieren den Wert der Nebenprodukte. Die Gesamteinkünfte
aus dem Verkauf der Nebenprodukte einschließlichdes Wertzuwachses durch
die Verwertungsindustrie werden auf rd. 1,5 Milliarden € geschätzt;

- Die Kosten für den Ersatz der Nebenprodukte durch andere Futtermittel-
inhaltsstoffe werden auf rd. 0,7 Milliarden € geschätzt;

- es wird zu größeren zusätzlichen Importen von Ersatzproteinpflanzen
aus Drittländern einschließlich GVO-Soja kommen.

- Die Kosten für die Entsorgung sämtlicher tierischer Nebenprodukte
werden auf rd. 3 Milliarden € geschätzt.

d) Auswirkungen im Verkehr mit der WTO/Einfuhren aus Drittländern

Entsprechend der langjährigen EG-Politik kann weder ein niedrigeres
Gesundheitsschutzniveau noch eine gegenüber den Mitgliedstaaten
vorteilhaftere Behandlung von Drittländern akzeptiert werden. Als
Folge davon kämen Pressionen für ein Einfuhrverbot tierischer Produkte
aus Drittländern zum Tragen, es sei denn, die Produkte stammten von
Tieren, an die noch nie tierische Proteine verfüttert worden waren.
Zwar spräche u. U. aus politischer und ethischer Sicht und aus Gründen
der Kontrolle viel für ein solches Verbot in der EU, doch würden diese
Argumente in starkem Maße von Drittländern im Hinblick auf ihre
Ausfuhren in die EU angefochten werden. Darüber hinaus ist ein solches
Verbot zur Zeit in keinem Land der Welt in Kraft und auch nicht
wissenschaftlich gerechtfertigt.

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(1) Epidemiologische Überwachung der Transmissiblen Spongiformen
Enzephalopathien

(2) Verbot der Verfütterung von aus Säugetieren gewonnenen
Futtermittel an Wiederkäuer

(3) Spezifiziertes Risikomaterial
 



 

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