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AHO Aktuell - 16.02.2001

Umfangreicher Forderungskatalog zur Bekämpfung der BSE-Krise


(aho) - Der Bundesrat hat sich heute mit einer über 60 Punkte umfassenden
Entschließung zur BSE-Krise an die Bundesregierung gewandt und darin vor
allem einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung der BSE-Problematik
gefordert. Schnellstmöglich müsse ein BSE-Bekämpfungsgesetz geschaffen
werden, welches unter anderem die Tötung des Gesamtbestandes bei positivem
BSE-Befund sowie das Verfahren in betroffenen Schlachtbetrieben
bundeseinheitlich regele.

Nach Auffassung des Bundesrates muss die gesundheitliche Unbedenklichkeit
aller Nahrungsmittel oberste Priorität haben und der gesamte Erzeugungs-
und Herstellungsprozess von Lebensmitteln transparent gestaltet werden.
Dazu gehöre z.B., dass Lebensmittel durchgängig und verständlich zu
etikettieren sind. Deshalb sollten künftig auch bei offen verkauften
Fleischerzeugnissen die Tierarten verpflichtend angegeben werden, von
denen die jeweils verwendeten Zutaten stammen. Außerdem dürfe der
irreführende Hinweis "BSE-frei" so lange nicht verwendet werden, wie
mit Testungen keine BSE-Freiheit nachgewiesen werden könne. Im Interesse
des Verbrauchers müsse dagegen der Hinweis "BSE-getestet" möglich sein,
wenn gleichzeitig darauf hingewiesen werde, dass dies nicht "BSE-frei"
bedeute.

Zum Thema Futtermittel bittet der Bundesrat die Bundesregierung darauf
hinzuwirken, dass die Entscheidung des Europäischen Rates vom
4. Dezember 2000 über Schutzmaßnahmen in Bezug auf die transmissiblen
spongiformen Enzephalopathien geändert wird. Zum einen hält der Bundesrat
es für notwendig, die Verbotspalette der Entscheidung des Rates an das
nationale Verfütterungsverbotsgesetz vom 1. Dezember 2000 anzupassen.
Zum anderen sollte die Befristung der Entscheidung bis zum 30. Juni 2001
zu Gunsten einer unbefristeten Geltungsdauer aufgehoben werden.
Anderenfalls fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, unverzüglich
ein Importverbot für Tiermehl und tiermehlhaltige Futtermittel zu erlassen.
Gleichzeitig tritt der Bundesrat dafür ein, unbedenkliche Futtermittel,
Futterausgangsstoffe und Zusatzstoffe in einer Positivliste am besten
europaweit festzulegen. Das Verfütterungsverbot für Tiermehl und Tierfette
müsste auf Wild-, Heim-, Pelz- und Zootiere ausgedehnt und Verstöße gegen
dieses Verbot schärfer sanktioniert werden. Auch im Futtermittelgesetz
sollten bestehende Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände daraufhin geprüft
werden, ob sie nicht in Straftatbestände umgewandelt werden können.
Darüber hinaus fordern die Länder, alle antibiotischen Futtermittel-
zusatzstoffe zu verbieten. Solche Substanzen dürften nicht mehr
ungezielt prophylaktisch, sondern nur noch nach strenger tierärztlicher
Indikation im Einzelfall verabreicht werden.

Solange keine Klarheit über die Infektionswege bestehe, müssten auch im
Düngemittelbereich protein- und fetthaltige tierische Bestandteile -
einschließlich der Knochen - verboten sein; ggf. sollte eine
Positivliste erstellt werden.

Der Bundesrat vertritt die Ansicht, dass die Qualitätsoffensive für
landwirtschaftliche Produkte eine stärkere Beachtung des Umwelt-, Natur- und
Tierschutzes einschließen muss. Einen Beitrag hierzu könne unter anderem die
Neufestsetzung von betrieblichen Obergrenzen für Viehbesatzdichten leisten.
Ziel müsse die Abkehr von der Massentierhaltung ohne Futterbasis im Betrieb
sein - dies auch im Interesse des Trink- und Gewässerschutzes durch
Verminderung von Belastungen durch den anfallenden Wirtschaftsdünger. Die
Einführung einer neuen Grünlandprämie sollte die Flächenbindung in der
Tierhaltung verstärken, die Landschaftspflege verbessern und das
Prämiensystem bei der Rinderhaltung verschlanken. Der Bundesrat spricht
sich außerdem für ein Ökolandbaugesetz aus, in dem die Kennzeichnung für
Ökoerzeugnisse, die Überwachung der Ökobetriebe sowie die Förderung des
Anbaus und der Vermarktung ökologischer Erzeugnisse geregelt werden.

Weiterhin hält der Bundesrat eine konsequente Überwachung der
Risikomaterialentfernung und -beseitigung für notwendig. BSE-
Risikomaterialien, wie etwa Hirn und Rückenmark, müssten unabhängig vom
Alter der Tiere aus der Futtermittel- und Nahrungsmittelkette ausge-
schlossen werden. Die Gewinnung und Verarbeitung von Separatorenfleisch
sei zu verbieten. In der Fleischwarenproduktion sollte auf Gewebe des
zentralen Nervensystems - egal welcher Tierart - verzichtet werden.
Daneben fordert der Bundesrat eine bundes- bzw. EU-weite BSE- und
Scrapie-Überwachung für Schafe und Ziegen durch geeignete Schnelltests.

Nach Auffassung des Bundesrates sind von der BSE-Krise auch das
Gesundheitswesen und die Kosmetikbranche betroffen. Alle Produkte mit
Ausgangsmaterialien vom Rind oder von anderen infizierbaren Tierarten
müssten einer vom Hersteller unabhängigen neuen Risikobewertung unterzogen
werden. Menschliches Blut oder Humantransplantate aus Staaten mit mehreren
Fällen von Creutzfeldt-Jakob-Krankheiten sollten in Deutschland nicht
verwendet werden dürfen.

Die Bundesregierung möge außerdem bei der EU mit Nachdruck darauf
hinwirken, dass die Gewebeprobeentnahme und deren genetische
Determination als zusätzliches fälschungssicheres Element in das per
Verordnung festgelegte System zur Kennzeichnung und Registrierung von
Rindern aufgenommen wird. Die Bestimmung der Herkunft von Tieren oder von
Fleisch in jeder Lebens- bzw. Produktionsphase sei nach dem Stand der
Technik zweifelsfrei nur über eine Genomanalyse möglich. Für erforderlich
hält der Bundesrat zudem die Einrichtung einer zentralen europäischen
Erfassungs- und Ermittlungsbehörde, die unter anderem die Ergebnisse der
epidemiologischen Untersuchungen vergleichend auswertet.

Außerdem stellt der Bundesrat fest, dass Infektionswege und
Übertragungsrisiken der BSE-Erreger noch weitgehend unerforscht sind. Er
spricht sich für eine zielgerichtete Verstärkung und bessere Koordinierung
der BSE-Forschung auf regionaler, nationaler und EU-weiter Ebene aus. Die
Bundesregierung wird gebeten, die Forschung hierfür mit deutlich erhöhten
Finanzmitteln auszustatten. Die abgeschlossenen, laufenden und geplanten
Forschungsvorhaben zu BSE und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit müssten
dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Da dieser Maßnahmenkatalog nur dann seine volle Wirksamkeit entfalten
könne, wenn es gelinge, bei den Partnern in der EU Mehrheiten für
entsprechende Schritte zu gewinnen, bittet der Bundesrat die Bundes-
regierung, sich für die genannten Maßnahmen im EU-Ministerrat einzusetzen.
Außerdem sollte auf EU-Ebene erörtert werden, mit welchen zusätzlichen
finanziellen Hilfen die landwirtschaftlichen und fleischverarbeitenden
Betriebe unterstützt werden können, deren Existenz nachweislich bedroht
sei. Mit den Beschlüssen zur Agenda 2000 sei bereits eine Kurskorrektur
in der EU-Agrarpolitik eingeleitet worden. Im Hinblick auf die
Osterweiterung der EU müsse der Reformkurs mit der für 2003 vorgesehenen
Zwischenbewertung weiterentwickelt und auch in den laufenden WTO-Verhand-
lungen abgesichert werden.

Die finanziellen Folgen der BSE-Problematik aus der Vergangenheit, aber
insbesondere die weit höheren zukünftigen Kosten sind nach Ansicht des
Bundesrates gemeinsam von EU, Bund und Ländern sowie der Wirtschaft zu
tragen. Allerdings werden auch die Verbraucher bereit sein müssen, für
sichere Lebensmittel höhere Preise zu zahlen.



Entschließung des Bundesrates zur Erweiterung der
EU-Schutzmaßnahmen (2000/766/EG) für die Verfütterung von
tierischen Produkten durch Einführung einer obligatorischen
Deklarationspflicht, einer Positivliste und der verstärkten Ahndung
von Verstößen
Drucksache 32/01

Entschließung des Bundesrates zur Einführung von
Gendatenbanken für Rinder in das nach der VO (EG) Nr.
1760/2000 geltende System zur Kennzeichnung und Registrierung
von Rindern und zur Etikettierung von Rindfleisch und
Rindfleischerzeugnissen
Drucksache 42/01

Entschließung des Bundesrates für ein Maßnahmenpaket zur
Begrenzung der BSE-Risiken und für eine Qualitätsoffensive
landwirtschaftlicher Erzeugnisse
Drucksache 40/01

Entschließung des Bundesrates für mehr Sicherheit und
Transparenz im Futtermittelrecht
Drucksache 47/01

Entschließung des Bundesrates für ein Maßnahmenpaket zur
Bekämpfung von BSE und zur Wiederherstellung des
Verbrauchervertrauens
Drucksache 85/01 (Beschluss)

20/2001 ... 16. Februar 2001
 



 

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