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AHO Aktuell - 08.02.2001

Gesundheitsgefahr durch Botulismus aus der Biotonne?


Das Umweltbundesamt teilt in einer Pressemeldung mit:

Es besteht nach bisherigem Erkenntnisstand keine unmittelbare und
erhöhte Gefahr für Verbraucherinnen und Verbraucher, durch das Sammeln
von Bioabfall oder durch das Ausbringen von Biokompost in der
Landwirtschaft oder als Blumenerde an Botulismus zu erkranken.
Botulismus wird durch Clostridium botulinum-Bakterien hervorgerufen.
Diese Bakterien sind in der Umwelt weit verbreitet und können Gifte
(Toxine) bilden, die stark auf das Nervensystem wirken. Botulismus kann
ohne Behandlung tödlich sein. Zwar ist bislang in keinem Fall ein
Zusammenhang zwischen Botulismus und Biokompost nachgewiesen worden.
Aber es gibt besorgte Hinweise aus der Wissenschaft, dass es
möglicherweise doch Verbindungen gebe. Insbesondere wird dabei
Botulismus bei Säuglingen mit dem sogenannten plötzlichen Kindstod in
Beziehung gesetzt. Das Umweltbundesamt nimmt diese Hinweise ernst und
hat im Sinne der Vorsorge zwei Forschungsprojekte an den Göttinger
Professor Dr. Dr. Helge Böhnel vergeben. Sie sollen klären, ob
der Kompost tatsächlich ein besonderes gesundheitliches Risiko in sich
birgt.

Das erste Projekt wurde im Januar 2001 abgeschlossen und ergab, dass in
Biokomposten Clostridium botulinum-Bakterien, aber keine Botulinumgifte
nachgewiesen werden konnten. Im zweiten Projekt, das im November 2000
begann, soll vorsorglich untersucht werden, welche hygienische Bedeutung
die im Biokompost vorkommenden Clostridium botulinum-Bakterien haben.
Ungeachtet der aus diesem Forschungsprojekt zu erwartenden Erkenntnisse
ist eines bereits jetzt sicher: Die einseitige Warnung vor
Säuglingsbotulismus aus der Biotonne ohne Einbeziehung anderer möglicher
Infektionsquellen ist wissenschaftlich nicht begründet. Clostridium
botulinum-Bakterien sind in der Umwelt weit verbreitet, zum Beispiel in
Böden, anaeroben Seesedimenten sowie im Hausstaub und in Blumenerde.
Das Risiko für Säuglinge durch Botulismus aus der Biotonne ist
verhältnismäßig klein gegenüber dem Botulismusrisiko durch direkten
Kontakt zu Staub oder Erde.

Die klassische Botulismus-Erkrankung ist eine Vergiftung, die durch den
Verzehr von Lebensmitteln, in denen durch das Wachstum von Clostridium
botulinum-Bakterien Botulinumtoxine gebildet wurden, hervorgerufen wird.
Die Botulinumtoxine sind sehr starke Nervengifte und lösen durch
Nervenlähmungen Seh-, Sprach- Schluck- und Atemstörungen aus.
Unbehandelt kann die Erkrankung zum Tode führen. In Deutschland werden
etwa 10-20 Botulismusfälle pro Jahr gemeldet. Bei Säuglingen kann
außerdem in seltenen Fällen der sogenannte Säuglingsbotulismus
auftreten, bei dem sich die Bakterien im Darm des Säuglings vermehren
und dann direkt im Körper Toxine bilden. Bereits seit Jahrzehnten ist
durch Studien in den USA bekannt, dass Säuglingsbotulismus einen
gewissen Anteil an den Fällen von plötzlichem Kindstod hat. Kürzlich
wurden Studien der Universität Göttingen bekannt, nach denen dies - wie
zu erwarten - auch in Deutschland der Fall ist. In den USA werden 60-100
Fälle von Säuglingsbotulismus pro Jahr gemeldet, in europäischen Ländern
wurden seit 1993 lediglich Einzelfälle beschrieben. Da das Bakterium
Clostridium botulinum auch im Honig vorkommt, wird schon lange davor
gewarnt, Säuglingen Honig zu geben. Das Robert Koch-Institut
hat auf diese Zusammenhänge zum Beispiel im Epidemiologischen Bulletin
(37/1998) aufmerksam gemacht.

Im Rahmen eines von der deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten
Projektes konnte Professor Dr. Dr. Helge Böhnel, Veterinärmediziner an
der Universität Göttingen, nachweisen, dass auch im Biokompost
Clostridium botulinum-Bakterien vorkommen. Obwohl bislang in keinem Fall
ein Zusammenhang zwischen Biokompost und Botulismus nachgewiesen wurde,
hat das Umweltbundesamt aus Vorsorgegründen zwei weitere
Forschungsprojekte an Professor Böhnel in Auftrag gegeben. Im ersten
Forschungsprojekt wurden verschiedene Biokomposte auf das Vorhandensein
von Botulinumtoxinen untersucht. Das Projekt wurde im Januar 2001
abgeschlossen. In keinem Fall konnten Botulinumtoxine in den
Kompostproben nachgewiesen werden, sodass eine Gefährdung der
Verbraucher durch Toxine auszuschließen ist. In einem zweiten, seit
November 2000 laufenden Forschungsprojekt soll untersucht werden, ob es
durch die Ausbringung von Biokompost, wie von Professor Böhnel
befürchtet, zu einer vermehrten Verbreitung von Clostridium
botulinum-Bakterien in der Umwelt kommt. Andere Botulismusexperten in
Deutschland halten dies zwar vor dem Hintergrund der bereits weiten
natürlichen Verbreitung und des Vorkommens von hohen Konzentrationen
dieses Bakteriums in zum Beispiel Tierausscheidungen (Gülle, Stallmist)
und Klärschlamm für unwahrscheinlich. Trotzdem soll aus Vorsorgegründen
die Konzentration von Clostridium botulinum-Bakterien in Böden, im
Biokompost, im Klärschlamm und in Wirtschaftsdüngern wie zum Beispiel
Gülle und Stallmist genauer untersucht werden. Nur so ist eine
wissenschaftlich fundierte vergleichende Risikoabschätzung möglich.

AHO berichtete in einer Meldung vom 04.02.2001

Berlin, den 08.02.2001

Weitere Informationen zu den Forschungsprojekten gibt es bei der
Pressestelle des Umweltbundesamtes, Postfach 33 00 22, 14191 Berlin,
Fax: 030/8903-2798, e-mail: jana.schmidt@uba.de

Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Umweltbundesamt (UBA), 08.02.2001
 



 

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