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AHO Aktuell - 02.02.2001

Offener Brief des BpT: Verhüten ist besser als Töten


Offener Brief des Bundesverbandes Praktischer Tierärzte (BpT) e.V. an
Herrn Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frau Bundesministerin Renate
Künast:

Das Töten von 400.000 Rindern mit dem Ziel der Schlachtkörperbeseitigung
und die Tötung neugeborener Kälber widerspricht geltendem Tierschutzrecht.

Nach dem Deutschen Tierschutzrecht dürfen Tiere nur aus vernünftigen
Gründen getötet werden. Das Töten und Beseitigen von 400.000 Rindern
und die aufgrund des Brüsseler Vorschlages zu erwartende Tötungsaktion
von neugeborenen männlichen Kälbern (sog. Herodestötung) geschieht einzig
und allein als Marktentlastungsmaßnahme. Wirtschaftliche Erwägungen sind
jedoch im Sinn des Tierschutzgesetzes kein vernünftiger Grund für eine
Massentötung und Vernichtung von Tieren.

Der Bundesverband Praktischer Tierärzte e.V. (BPT) fordert daher:

1. die sofortige Rücknahme entsprechender Entscheidungen bzw. die
Nichtumsetzung europäischer Entscheidungen.

2. die sofortige Umsetzung folgender zwei Maßnahmen, die zur langfristigen
Entlastung des Rindfleischmarktes, zur Einhaltung des Tierschutzgesetzes
und zur Schonung der natürlichen Ressourcen beitragen können:

- eine sofort einzuleitende einfache Tierzuchtmaßnahme: die zeitweise
Aussetzung der Besamung.

Die Verlängerung der Rastzeit (Zeitraum von Geburt bis zur ersten Belegung
der weiblichen Zuchttiere) um mehrere Monate führt dazu, dass mit einer
zeitlichen Verzögerung von einem bis zwei Jahren die Rindfleischerzeugung
merklich abnimmt. Die Deutlichkeit dieses Effektes ist direkt abhängig von
der Länge der Rastzeit. Die Verlängerung der Rastzeit beispielsweise um
drei Monate kann dazu führen, dass neun Monate später bis zu einem Viertel
weniger Kälber pro Jahr geboren werden. Weniger männliche und weibliche
Kälber haben einen entscheidenden langfristigen Einfluss auf das Fleisch-
und Milchangebot. Diese tierzüchterische Maßnahme kann nur als eine
freiwillige Leistung der Rinderzüchter umgesetzt werden. Sie sollten für
eine freiwillige Verlängerung der Rastzeit und den dadurch entstehenden
Milchverlust finanziell entschädigt werden. Die Rinderdatenbank stellt
dabei ein wirksames Kontrollinstrument dar. Es ist allemal sinnvoller
Rinder erst nicht in die Welt zu setzen, als sie später sinnlos zu töten.

- die sofortige, nachhaltige Förderung des Marktes für Milchkalbfleisch.

Die Schlachtung von Kälbern mit 140 bis 160 kg verhindert die Ausmästung
der Bullen. Hunderttausende Tonnen Bullenfleisches würde so gar nicht erst
erzeugt werden. Rechtfertigen läßt sich dieser Vorschlag und auch die
notwendigen finanziellen Unterstützungen der Landwirte nicht zuletzt
dadurch, dass diese Maßnahme ein wichtiger Schritt in die Richtung des
vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes darstellt. Es ist kaum
zu erwarten, dass Kälber, die nur mit reiner Kuhmilch ernährt wurden,
eine BSE-Belastung für den Konsumenten darstellt. Damit kann auch
Verbrauchervertrauen in Rindfleisch zurückgewonnen werden.

Der BPT ist sich bewusst, dass die Finanzierung dieser beiden vorge-
schlagenen Maßnahmen nur durch eine Umschichtung von Agrarsubventionen
zu erreichen sein wird und fordert daher die Bundesregierung auf, diese
Überlegungen in ihre weiteren Entscheidungen zu den Folgewirkungen der
BSE-Krise einzubeziehen.

Nach Auffassung des BPT verlangt die weitgehende Harmonisierung der
EG-Agrarpolitik und des bestehenden europaweiten Binnenmarktes die
Umsetzung dieser Forderungen auch und gerade auf europäischer Ebene.

2. Februar 2001
 



 

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