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AHO Aktuell - 23.01.2001

Bayern: Mit der ganzen Härte des Gesetzes gegen schwarze Schafe


Bericht aus der Kabinettssitzung:

Justizminister Dr. Manfred Weiß berichtete heute im Kabinett über einen
der größten Schläge gegen den Verdacht auf illegalen Tierarzneimittel-
einsatz, der bisher in Deutschland vorgenommen wurde. Nach Angaben des
Justizministers wurden am 18. Januar die Wohn- und Geschäftsräume von
zwei Tierärzten in Straubing und Bayerbach durchsucht sowie umfangreiches
Material beschlagnahmt. Zeitgleich wurden weitere Objekte in Nieder- und
Oberösterreich durchsucht. Insgesamt wurde die Aktion zeitgleich in 19
Objekten durchgeführt.
Bei den beschuldigten Tierärzten konnte eine Vielzahl unetikettierter
Arzneimittel, erheblich abgelaufener Arzneimittel sowie nicht zugelassener
österreichischer und amerikanischer Arzneimittel und eine Vielzahl von
unetikettierten Flaschen, die auf Antibiotika hindeuten, beschlagnahmt
werden. Außerdem wurden umfangreiche Geschäftsunterlagen sichergestellt.
Justizminister Weiß und Innenminister Beckstein teilten mit, dass für
eine rasche Fortführung der Ermittlungen und Aufdeckung der Taten eine
Sonderkommission mit zehn Beamten beim Bayerischen Landeskriminalamt
sowie eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft eingerichtet wird. Die beiden
Minister kündigten an, dass bei etwaigen Hinweisen und Querverbindungen
in andere Bundesländer die dort zuständigen Behörden unmittelbar von den
bayerischen Behörden eingeschaltet und umfassend unterrichtet werden.

Diesem Schlag gegen illegalen Tierarzneimitteleinsatz sind nach Angaben
von Justizminister umfangreiche Vorermittlungen der Staatsanwaltschaften
in Regensburg, Straubing und Landshut, des Bayerischen Landeskriminalamts
und der Veterinärbehörden seit Juni 2000 vorausgegangen.

Sozialministerin Barbara Stamm unterstrich, dass angesichts dieses
gemeinsamen und in Deutschland wohl einmaligen Schlags der bayerischen
Behörden gegen illegale Tierarzneimittelpraktiken der Vorwurf der
Untätigkeit gegenüber der bayerischen Veterinärverwaltung jeder Grundlage
entbehrt. Staatsministerin Stamm machte deutlich, dass nach einem
persönlichen Gespräch mit Tierärztekammerpräsident Pschorn dieser auf
eine Bitte ihres Hauses hin Ende August 1999 konkrete Vorschläge für
ein wirksames Vorgehen gegen Missbräuche beim Einsatz von Tierarznei-
mitteln mitgeteilt hat. Ministerin Stamm wies den Vorwurf, über
Missbräuche informiert, aber untätig geblieben zu sein, mit Nachdruck
zurück.

Frau Stamm:

- Der Präsident der Landestierärztekammer hat die Einrichtung einer
Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Tierärztekammer zur Bekämpfung von
Missbräuchen bei Arzneimitteln in der Tierhaltung vorgeschlagen. Hierzu
stelle ich fest: Ich habe bereits im Februar 1999 in meinem Haus eine
Arbeitsgruppe für ein Konzept zur Weiterentwicklung der bayerischen
Veterinärverwaltung eingerichtet, bei dem auch die Vorschläge der
Tierärztekammer berücksichtigt werden sollten und auch berücksichtigt
wurden. Die Bayerische Tierärztekammer war wie von ihr gewünscht in
dieser Arbeitsgruppe vertreten. Mitglied dieser Arbeitsgruppe in meinem
Haus waren neben weiteren erfahrenen Praktikern auch der Vizepräsident
der Bayerischen Tierärztekammer.

- Der Präsident der Landestierärztekammer hat in seinem Schreiben die
Einrichtung eines Teams von Spezialbeamten zur wirkungsvollen Bekämpfung
von Missbräuchen vorgeschlagen. Ich stelle fest: In dem zwischenzeitlich
fertiggestellten Konzept zur Weiterentwicklung der bayerischen Veterinär-
verwaltung ist dieser Vorschlag, nämlich die Schaffung eines in der
Arzneimittelüberwachung erfahrenen Spezialistenteams
vorgesehen.

- Der Präsident der Landestierärztekammer fordert in seinem Schreiben
die Einrichtung von Sonderermittlungsgruppen bei der Staatsanwaltschaft
und beim Landeskriminalamt, die sich schwerpunktmäßig mit Straftaten
nach dem Arzneimittelgesetz befassen sollten. Ich stelle fest: Mit einem
der größten Schläge gegen Tierarzneimittelmissbrauch wurde gleichzeitig
eine Sonderkommission beim Landeskriminalamt für eine rasche Aufklärung
und gegebenenfalls Bestrafung der Täter eingerichtet.

- Die Tierärztekammer - zwar auf Bundesebene - war auch beteiligt bei
der von Bayern mitgestalteten Erarbeitung zweier wegweisender Empfehlungen
zum restriktiven "Einsatz von Antibiotika" sowie der "Leitlinien für den
sorgfältigen Umgang mit antimikrobiell wirksamen Tierarzneimitteln". Mit
der Veröffentlichung im Deutschen Tierärzteblatt wurden sie - ganz im Sinne
von Präsident Pschorn - jedem Tierarzt zur Kenntnis gebracht als Richt-
schnur für verantwortungsbewusstes tierärztliches Handeln. Für die
Einhaltung dieser Standards habe ich im übrigen beim Deutschen
Tierärztetag im März 2000 noch einmal geworben. Mit diesen Empfehlungen
eines Bund-Länder-Gremiums wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um
eine ladensspezifische, sondern um eine bundesweite - und im übrigen
europa- und weltweite - Problematik handelt.

Diese Leitlinien bedürfen selbstverständlich weiterhin der Flankierung
durch eine möglichst effektive Kontrolle seitens der Veterinärverwaltung.
Diese Kontrollen effektiver zu machen, wird auch Aufgabe des neuen
Landesamtes für Lebensmittelsicherheit sein - diesem kommt eine Schlüssel-
funktion zu. Auch hierin bin ich mit dem Präsidenten der Landestierärzte-
kammer einig, dass nur an einer solchen Zentralstelle die notwendige
Kompetenz für eine wirkungsvolle Überwachung des Tierarzneimittelrechts
vorgehalten werden kann. Für eine Intensivierung der Kontrollen wird auch
mehr und speziell ausgebildetes Personal notwendig sein.

- Ich halte Verschärfungen im Tierarzneimittelrecht auf Bundes- wie auf
europäischer Ebene für dringend erforderlich. Ich verweise dabei auf den
Beschluss der Staatsregierung aus der letzten Woche. Bayern fordert eine
europaweites Verbot für antibiotische und hormonelle Wachstums- und
Leistungsförderer.

Justizminister Weiß erklärte, dass es jetzt Aufgabe der Ermittlungsbehörden
sei, den Beschuldigten, die die Vorwürfe bestreiten, die in Frage kommenden
Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz nachzuweisen. Für den Fall, dass der
Tatnachweis geführt werden kann, eröffnet nach Angaben des Justizministers
das Arzneimittelgesetz einen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheits-
strafe bis zu drei Jahren. In besonders schweren Fällen, etwa wenn grober
Eigennutz oder die Erlangung von Vermögensvorteilen großen Ausmaßes
nachgewiesen werden können, sieht das Gesetz nach Angaben des Justiz-
ministers Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor.
 



 

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