Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 19.01.2001

Künast: Vertrauen in die Sicherheit der Lebensmittel zurückgewinnen


"Lassen sie uns die BSE-Krise als Chance zum Neuanfang begreifen", sagte
Verbraucherschutzministerin Renate Künast heute zur Eröffnung der
Internationalen Grünen Woche in Berlin. Es komme darauf an, dass das
Vertrauen in die Sicherheit der Lebensmittel zurückgewonnen werde und
Lebensmittel wieder einen Wert hätten. Dies sehe sie als ihre wichtigste
Aufgabe an und hierfür bitte sie alle um Unterstützung, die an
Herstellung und Verkauf von Lebensmitteln beteiligt sind.

Viele landwirtschaftliche Betriebe seien durch das verloren gegangene
Vertrauen der Verbraucher in ihre Produkte in Schwierigkeiten und
teilweise in Existenznot geraten. Um das Vertrauen in Qualität und
Sicherheit der Lebensmittel wieder herzustellen, müssten Tatsachen
geschaffen werden, die das Vertrauen rechtfertigten. "Das bedeutet:
Verbraucherbelange zum Maßstab der Politik machen und vom Stall bis
zur Ladentheke Transparenz schaffen", so Künast. Dies erfordere die
Mitarbeit aller Beteiligten. Um gemeinsam nach Problemlösungen zu
suchen, werde sie in den nächsten Wochen die Verbände, die die
Interessen der Verbraucher, der Landwirte, der Ernährungswirtschaft
und des Lebensmitteleinzelhandels vertreten, zu Gesprächen einladen.

Die Ministerin betonte, dass sie alle Beteiligten einbinden werde,
konventionelle und ökologische Landwirtschaft, große und kleine
Betriebe. Sie sei entschieden dafür, alle sich bietenden Marktchancen
zu nutzen. Und diese sehe sie in der Berücksichtigung der
Verbraucherinteressen, in nachhaltigem Umgang mit der Natur und
dem Tierschutz.

In Deutschland gebe es einen sich dynamisch entwickelnden Markt
für Ökoprodukte, der nach ihrer Einschätzung in zehn Jahren einen
Anteil von bis zu zwanzig Prozent erobern könne, so Künast. Auch
hier sei es wichtig, dass nicht am Markt vorbei produziert werde.
Sie werde umgehend eine Analyse der Marktchancen für Ökoprodukte
in Deutschland erstellen lassen.

In der nächsten Zeit seien schwierige Fragen zu lösen. Dabei gehe
es gleichermaßen um den Schutz der Verbraucher, die Interessen
der Landwirtschaft, den Tierschutz sowie ethische Fragen. Notwendig
seien jetzt erste Schritte in eine andere Agrarpolitik, in der
beispielsweise die Möglichkeiten der Agenda 2000 endlich genutzt
würden. Die Ministerin kündigte in diesem Zusammenhang an, dass
sie vorhabe, von diesen Möglichkeiten stärker Gebrauch zu machen
und in die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur
und des Küstenschutzes" die Ziele der nachhaltigen Entwicklung
zu integrieren. Dies sei keine Revolution, sondern zunächst
einmal ein Ausschöpfen der Möglichkeiten einer differenzierten
Förderpolitik. Sie solle den Belangen der ländlichen Entwicklung,
Umwelt, Naturschutz und Tierschutz besser Rechnung tragen und
Markenzeichen der verbraucherorientierten neuen Landwirtschafts-
politik werden. "Mein Auftrag ist, dem gesundheitlichen
Verbraucherschutz zum Durchbruch zu verhelfen. Das hat Vorrang.
Aber ich werde dabei die Landwirte in ihrer wirklich schwierigen
Situation nicht allein lassen", so Künast.

Die Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik in der Europäischen
Union, im Bund und auch in den Ländern erfordere eine gründliche
Diskussion, mit der jetzt begonnen werden müsse, stellte die
Ministerin fest. Im Kern gehe es ihr um die Integration von
Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz in die Landwirtschaftspolitik.
Hierzu seien neue Denkansätze erforderlich: "Wir müssen damit an
der Ladentheke beginnen und die gesamte Lebensmittelkette bis
zum landwirtschaftlichen Betrieb zurückverfolgen". Die Europäische
Kommission habe mit dem Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit
hervorragende Denkanstöße gegeben, die jetzt in konkrete Politik
umgesetzt werden müssten.

Vor dem Hintergrund der aktuellen BSE-Situation wies die Ministerin
darauf hin, dass es jetzt darauf ankomme, gemeinsam und schnell zu
handeln: "In der Bekämpfung von BSE, in der Politik für mehr
Lebensmittelsicherheit können wir uns keine Grabenkämpfe leisten.
Wir müssen kooperieren, unsere Politik rechtzeitig abstimmen und
gemeinsam handeln." Mit BSE verbänden sich existenzielle Fragen
der Ernährung und Nutztierhaltung. Die Antwort müsse eine
Neudefinition des Verbraucherschutzes sein. In Zukunft müsse der
vorbeugende Verbraucherschutz absoluten Vorrang haben. Die aktuelle
BSE-Situation in Deutschland zeige, dass die EU-Kommission mit
ihren wissenschaftlichen Beratungsgremien in der Risikoeinschätzung
richtig gelegen habe - ein Grund mehr, das Gespräch mit den
Kommissaren für Gesundheit und Landwirtschaft zu suchen.

Bei der BSE-Bekämpfung sei keine Zeit zu verlieren. Künast kündigte
deshalb ein BSE-Sofortprogramm an, dem dann ein Rahmenkonzept zur
neuen Verbraucherschutz- und Landwirtschaftspolitik folgen solle.
Wichtige Elemente seien die offene Deklaration und eine Positivliste
für Futtermittel, konsequente Futtermittelkontrollen und verschärfte
Sanktionsvorschriften, ein EU-weites totales und unbefristetes
Verfütterungsverbot für Tiermehl und Tierfette, verbesserte BSE-
Tests mit Anwendung auch für jüngere Tiere als 30 Monate,
schrittweise Ausdehnung der Tests auf alle Schlachtrinder,
Etablierung eines nationalen Scrapie-Überwachungsprogramms für
Schafe und dessen Ausdehnung auf die gesamte EU, Verbot der
Gewinnung und Verarbeitung von Separatorenfleisch sowie die
Überarbeitung des Lebensmittelbuches.
 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de