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AHO Aktuell - 17.01.2001

EU-Kommission schlägt Verbesserungen in der Schweinehaltung vor


Brüssel (agrar.de) - Die Europäische Kommission hat heute einen Bericht
über die intensive Schweinehaltung sowie einen Vorschlag zur Änderung
der EU-Rechtsvorschriften zum Schutz von Schweinen angenommen, bei dem
es um die Verbesserung der Haltungsbedingungen geht.

Der Vorschlag verbietet es, Sauen für den größten Teil der Tragezeit in
Einzelbuchten unterzubringen, was ihre Bewegungsfreiheit drastisch
einschränkt. Auch legt er Regelungen für die allgemeine Verbesserung der
Lebensbedingungen für Schweine und Ferkel, einschließlich Anforderungen an
Lebensraum, Stallfläche und geeignete Fütterungssysteme fest. Neue
Anforderungen für die Ausbildung der in den Betrieben arbeitenden Personen
werden ebenfalls eingeführt. Zusätzlich schlägt die Kommission strengere
Regelungen für Lärm- und Lichtbelastung, Zugang zu Futter und Wühlmaterial,
das Absetzmindestalter für Ferkel und Bodenausführungen sowie ein Verbot
der schlimmsten Arten routinemäßiger Verstümmelungen vor. Damit sollten
die gravierendsten Probleme der Schweineintensivhaltung beseitigt werden,
die der Bericht der Kommission aufgezeigt hat, der sich auf eine gründliche
Analyse ihres Wissenschaftlichen für Tiergesundheit und Tierschutz (SCAHAW)
stützt.

David Byrne, für Gesundheits- und Verbraucherschutz zuständiger Kommissar,
sagte: 'Die Intensivierung der Schweinehaltung in den letzten zehn Jahren
hat zu Praktiken geführt, die unnötiges Leiden verursachen und sich
zunehmend als kontraproduktiv erweisen. Ich nehme die Stellungnahmen
unserer Wissenschaftlicher zu dieser Frage sehr ernst und werde alles
daransetzen, die Rechtsvorschriften entsprechend zu ändern. Wenn diese
neuen Maßnahmen erst einmal in Kraft sind, wird die Schweinewirtschaft
eine Chance haben, ihr Bild in der Öffentlichkeit zu verbessern.
Tierschutzaspekte sind fester Bestandteil der künftigen EU-Agrarpolitik.
Wir möchten zu einer Form der Landwirtschaft gelangen, die effiziente
Aufzuchtverfahren mit Aufzuchtbedingungen kombiniert, die für die
Bevölkerung insgesamt akzeptabel sind.'

Der heute vorgelegte Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates
geht auf eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses für
Tiergesundheit und Tierschutz der EU aus dem Jahre 1997 zur
Schweineintensivhaltung zurück. Die Wissenschaftler betonen die
Notwendigkeit, die Bedingungen in der Intensivhaltung zu verbessern. Die
wichtigsten Erkenntnisse der Wissenschaftler zu Tierschutzproblemen in der
Schweineintensivhaltung sind:

- die Haltung von Schweinen in sozialer Isolation und insbesondere die
Haltung von Sauen in Einzelbuchten behindert das Sozialverhalten und
natürliche Verhaltensweisen wie das Wühlen;

- Kunststoffböden und Vollspaltenböden verursachen Verletzungen,
beeinträchtigen das Wohlbefinden und behindern das normale Wühlverhalten;

- bestimmte Fütterungssysteme können aggressives Verhalten der Tiere
fördern, insbesondere dann, wenn trockengestellte Sauen unzureichend
gefüttert werden und einen Großteil ihres Lebens hungern;

- nicht qualifiziertes Personal verursacht selbst bei sachgerechter
Unterbringung unnötiges Leiden für die Tiere.

Der Vorschlag der Kommission sieht daher folgende Maßnahmen vor:

- ein Verbot der Unterbringung tragender Sauen in Einzelbuchten bis zu 7
Tagen vor dem Abferkeltermin;

- ein Verbot der Anbindehaltung von Sauen und Jungsauen;

- eine obligatorische Mindestgröße der Sauenbuchten, so dass sich die Tiere
zumindest umdrehen können;

- obligatorischer ständiger Zugang der Schweine zu Wühlmaterial und Futter
mit Faseranteilen;

- detaillierte Anforderungen an die Bodenausführung mit separaten
Kotplätzen und Liege-/Fressbereichen;

Die sozioökonomischen Auswirkungen der vorgeschlagenen Verbesserungen auf
die bestehenden EU-Vorschriften dürften begrenzt sein. Abgesehen davon,
dass bestimmte Kernbestimmungen in einigen Ländern bereits in Kraft sind,
gilt, dass die neuen Regeln schrittweise über einen Zeitraum von mehr
als zehn Jahren eingeführt werden, damit die Industrie ihre Gebäude an
die höheren Normen für den Schutz der Schweine anpassen kann.

Die Regeln sollen 2012 in Kraft treten, wobei einige Schlüsselbestimmungen
für neue Haltesysteme bereits ab dem 1. Januar 2002 gelten. Die Landwirte
haben im Rahmen des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die
Landwirtschaft Anspruch auf finanzielle Unterstützung für Investitionen in
Gebäude und technische Ausrüstungen, die auf die Verbesserung des
Tierschutzes abzielen.

Fünf Mitgliedstaaten (UK, Niederlande, Dänemark, Finnland, Schweden) haben
bereits strengere nationale Rechtsvorschriften erlassen als in den
Gemeinschaftsvorschriften von 1991 vorgesehen. Dabei geht es insbesondere
um das Verbot von Einzelbuchten für tragende Sauen und die Schaffung einer
angemessenen Umgebung, die dem natürlichen Verhalten und dem
Sozialverhalten entgegen kommt.

Der Schweinebestand in der EU belief sich 1998 auf 125 Millionen Tiere;
davon sind 12,6 Millionen Zuchtsauen, die hauptsächlich in Deutschland,
Spanien, Frankreich, den Niederlanden und Dänemark gehalten werden. Die
Schweineerzeugung hat sich zu einem hochspezialisierten Wirtschaftszweig
entwickelt, der auf die Mast der Tiere nach vorgegebenen Standards
ausgerichtet ist und strengen Lieferfristen unterliegt. Derzeit sind in der
EU fast 65 Prozent der tragenden Sauen in Einzelbuchten untergebracht, und
über 60 Prozent dieser Tiere steht kein Stroh zur Verfügung.

Der heute angenommene Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des
Rates ändert die Richtlinie 91/630 des Rates über Mindestanforderungen
für den Schutz von Schweinen. Er wird dem Ministerrat zur Verabschiedung
übermittelt. Das Europäische Parlament wird angehört, hat aber in dieser
Angelegenheit keine Mitentscheidungsbefugnis, da die Rechtsgrundlage des
Vorschlags Artikel 37 ist Gemeinsame Agrarpolitik.

Ein zweiter Vorschlag für einen Beschluss der Kommission zur Änderung der
technischen Anhänge der Richtlinie 91/630/EWG wird dem Ständigen
Veterinärausschuss zur Stellungnahme vorgelegt. Wenn eine qualifizierte
Mehrheit der Vertreter der Mitgliedstaaten im Ausschuss den Vorschlag
unterstützt, wird dieser von der Kommission verabschiedet.

Den vollständigen Wortlaut des Berichts über die Schweine-
intensivhaltung und das wissenschaftliche Gutachten von 1997 dazu
finden Sie im Internet.

 



 

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