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AHO Aktuell - 17.01.2001

BLL - Sonderinformation zu BSE


(Bonn) - Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL)
hat in einer Sonderinformation die wichtigsten Fakten zur BSE-Krise in
Deutschland und Europa veröffentlicht.

1. Ausgangssituation

Bisher ist die Ursache der positiven BSE-Befunde bei deutschen Rindern
ungeklärt, insbesondere die Frage, warum nur einzelne Tiere in großen
Beständen erkranken konnten. Tiermehl darf in der EU seit 1994 nicht an
Wiederkäuer (Entscheidung 94/381/EG vom 27.6.1994) verfüttert werden,
so dass eine Übertragung auf diesem Weg ausgeschlossen sein sollte. In
Deutschland war es auch davor grundsätzlich nicht üblich, Tiermehl an
Wiederkäuer zu verfüttern. Zudem wird das seit 1998 in Europa
verpflichtend vorgeschriebene Verfahren der Tiermehlherstellung
(Hochdruck-Sterilisationsverfahren) hinsichtlich der Abtötung des
BSE-Erregers vom BgVV als sicher bewertet (BgVV-Pressedienst
26/2000 vom 28.11.2000).


2. Verbot von Tiermehlen

Dass es dennoch zu einem völligen Verbot von Tiermehlen auch für
andere Tiere gekommen ist, wurde nicht zuletzt durch die Erwartungen
der Öffentlichkeit an die Politik bewirkt. Die Bundesregierung hat am
1.12.2000 ein "Gesetz über das Verbot des Verfütterns, des
innergemeinschaftlichen Verbringens und der Ausfuhr bestimmter
Futtermittel" erlassen, das neben dem Verbot der Verfütterung von
Tiermehlen auch das von tierischen Proteinen an alle Nutztiere untersagt,
mit Ausnahme von Milch und -erzeugnissen, Fischmehl zur Verfütterung
an Fische und Futtermittel, die unter die Aufbrauchfrist fallen. Als
Verschärfung wurden auch Gelatine, hydrolisierte Proteine und
Dicalciumphoshat mit in das Verbot einbezogen. Fette wurden später per
Verordnung ausgenommen. Diese Maßnahme sollte dazu beitragen, das
Verbrauchervertrauen wiederherzustellen. Die Initiative der
Bundesregierung hat zusätzlich zu einer europäischen Regelung geführt:
Durch EU-Entscheidung 200/766/EG vom 4.12.2000 gilt das
Verfütterungsverbot ab 1.1.2001 auch europaweit, vorerst für 6 Monate.
Eine Änderung der Entscheidung (2001/9/EG) vom 29.12.2000 setzt
Bedingungen für bestimmte verarbeitete tierische Produkte fest.


3. BSE-Schnelltest

Die Bundesregierung und die Bundesländer haben darüber hinaus eine
rasche Ausweitung der sogenannten BSE-Schnelltests vorangetrieben,
auch um weitere verlässliche epidemiologische Erkenntnisse zur
Verbreitung von BSE in Deutschland zu gewinnen. Seit Anfang Dezember
2000 müssen in Deutschland alle geschlachteten Tiere, die älter als 30
Monate sind, getestet werden ( Verordnung zur fleischhygienerechtlichen
Untersuchung von Rindern auf BSE vom 1.12.2000; BGBl. I S. 1659). Seit
dem 1.1.2001 werden auch europaweit alle Rinder über 30 Monaten auf
BSE untersucht; (Entscheidung 2000/764/EG. Geändert durch
Entscheidung 2001/8/EG und VO(EG) Nr. 2777/2000. Dies wurde und wird
von uns sehr begrüßt. Allerdings haben die heute verfügbaren Methoden
nach wie vor Limitierungen: Sie können nicht beim lebenden Tier, sondern
nur nach der Schlachtung angewendet werden. Die für den Test
erforderliche Gewebeprobe kann nur aus dem Hirn entnommen werden;
andere Materialien (wie etwa Muskelfleisch bzw. Blut) eignen sich für die
Tests derzeit nicht. Mit den zur Zeit eingesetzten Testverfahren lässt sich
die Infektion sicher nur bei Tieren nachweisen, die mindestens 30 Monate
alt sind und bei denen die Erkrankung bereits deutlich fortgeschritten ist.
Negative Testergebnisse bei jüngeren Tieren sind nicht aussagekräftig
(BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28.11.2000).

Der Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse sind insoweit Grenzen
gesetzt, als ein negatives Testergebnis nicht die absolute BSE-Freiheit der
Tiere - unabhängig vom Alter - garantieren kann (BgVV-Pressedienst
25/2000 vom 21.11.2000), da die Menge der Erreger unter der
Nachweisgrenze der Tests liegen kann. Es sind Entwicklungen absehbar,
die Schnelltests zu standardisieren und so weiter zu entwickeln, dass die
Nachweisgrenze gesenkt wird und die Ergebnisse damit an Aussagekraft
gewinnen. Wünschenswert wäre auch die Anwendungsmöglichkeit am
lebenden Tier. Im Kunden-Lieferanten-Verhältnis führen Forderungen nach
weitergehenden Schnelltest-Untersuchungen auch von Rindern unter 30
Monaten (z.B. den 24 - 30 Monate alten Rindern) zu noch umfangreicheren
Anwendungen der Tests. Dies erscheint grundsätzlich als eine sinnvolle
Maßnahme des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes,
allerdings mit den vorgenannten faktischen Einschränkungen. Dabei muss
aber auch beachtet werden, dass die notwendigen Kapazitäten erst
schrittweise aufgebaut werden können. Die Bewerbung mit der Angabe
"BSE-getestet" bei Fleisch von Rindern, die älter als 30 Monate sind, ist
eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten (BMG am 15.12. 2000). Die
Bewerbung mit dem Wortlaut "BSE-frei" wird wegen der begrenzten
Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse als Verbrauchertäuschung
betrachtet ( BMG am 15.12.2000).


4. Zur Sicherheit einzelner Zutaten

Aus dem Mitgliederkreis wird - ebenso wie aus der Öffentlichkeit und den
Medien - eine Fülle von Fragen an den BLL gerichtet, die sich im
Wesentlichen auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Rindfleisch und
anderen Erzeugnissen vom Rind richten. Nach dem aktuellen
Erkenntnisstand der Wissenschaft ergibt sich folgendes Bild:

- Fleisch (Muskelfleisch) wird weitgehend als sicher bewertet. Bei
Versuchen mit Fleisch erkrankter Tiere konnte in keinem Fall eine Infektion
erzeugt werden (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November 2000).
Das Infektionsrisiko bei Muskelfleisch ist somit als äußerst gering
einzuschätzen (DGE aktuell 31/2000 vom 28.11.2000). Es ist darüber
hinaus darauf hinzuweisen, dass seit 1. Oktober 2000 die sogenannten
Risikomaterialien, in denen sich der Erreger konzentrieren kann (Hirn,
Augen, Mandeln, Rückenmark und Teilen des Rinderdarms), nicht in die
Lebensmittelkette gelangen dürfen (Entscheidung 2000/418/EG vom
29.6.2000; s. auch Ausführungen unter Ziffer 6.). Vom 1.1.2001 wurde
die Risikomaterialdefinition auf den Darm vom Duodenum bis zum Rektum
vom Rind jeden Alters ausgedehnt (Entscheidung 2001/2/EG vom
27.12.200, umgesetzt durch die 1. VO zur Änderung der
Fleischhygiene-VO vom 28.12.2000). Laut BgVV ist das Fleisch von
Schweinen, Geflügel und Fischen nach heutigem Wissen in Bezug auf das
BSE-Risiko als sicher anzusehen. Schafe können an der BSE-ähnlichen
Krankheit Scrapie erkranken. Solange wissenschaftliche Fragestellungen
hinsichtlich möglicher Zusammenhänge zwischen Scrapie und BSE noch
nicht beantwortet sind, besteht bei dem Verzehr von Schafen ein
gewisses Restrisiko, das derzeit wissenschaftlich nicht abgeschätzt
werden kann (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28.11.2000).

- Für Wursthüllen aus Rinderdarm gilt seit dem 1.1.2001 die
Risikomaterialdefinition, die auf den Darm vom Duodenum bis zum Rektum
vom Rind jeden Alters ausgedehnt wurde (1. VO zur Änderung der
Fleischhygiene-VO vom 28.12.2000). Nach Angaben der Hersteller
befinden sich ca. 80 % der Würste in Deutschland in Schweine- bzw.
Schafsdärmen (Saitlinge). Die Europäische Kommission hat mit ihrer
Entscheidung 2001/2/EG vom 27.12.2000 (Änderung der Entscheidung
2000/418/EG vom 29.6.2000) die Risikomaterial-Definition ebenfalls
angepasst. Als Risikomaterial gilt nun der Darm vom Duodenum bis zum
Rektum der Rinder jeden Alters sowie Schädel, Hirn, Augen, Tonsillen und
Rückenmark von über 12 Monate alten Rindern.

- Fleischextrakt als Basiszutat für Fleischbrühwürfel, Suppen, Brühen und
andere Erzeugnisse der Suppenindustrie wird ausschließlich aus
Südamerika bezogen (Verband der Suppenindustrie vom 10.1.2001). Für
diese Region gibt es keine Hinweise auf BSE.

- Es gibt wissenschaftlich übereinstimmend - national wie international -
keine Hinweise für eine Übertragbarkeit von BSE durch Milch und
Milchprodukte, die daher als sicher eingestuft werden (Pressemitteilung
der WHO Nr. 113/2000 vom November 2000; der Europäischen
Kommission vom 17.5.1999; des SEAC (Spongiform Encephalopathy
Advisory Committee) der britischen Regierung vom Januar 1998;
BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November 2000; Feststellung der
Bundesanstalt für Milchforschung vom 29. November 2000). Nach den
Erkenntnissen des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der EU
vom März 1999 wurden weder in Milch noch in Milchdrüsen BSE-Erreger
nachgewiesen.

- Speisegelatine für Lebensmittel wird nach Angaben der Hersteller in
Deutschland zu 90 % aus Schweinen gewonnen, die restlichen 10 % aus
Rinderhäuten, bei denen keine Infektiösität nachgewiesen werden konnte
(BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November 2000). Nach einer
Bewertung der WHO wird Speisegelatine auf Basis vom Rind als sicher
angesehen, wenn die Herstellung nach solchen Verfahren durchgeführt
wird, die mögliche Erreger inaktivieren (WHO-Pressemitteilung Nr. 113,
November 2000; Bericht des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses
der EU vom 26. Januar 2000; Feststellung der Bundesanstalt für
Milchforschung vom 29. November 2000). Die in Deutschland
angewendeten Methoden entsprechen diesen Vorgaben
(BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November 2000).

- Talg wird nach einer Bewertung der WHO (WHO-Pressemitteilung Nr.
113 vom November 2000) als sicher beurteilt, wenn die Herstellung nach
solchen Verfahren durchgeführt wird, die mögliche Erreger inaktivieren.

5. Etikettierung

Die Rindfleisch-Etikettierungsverordnung Nr. 1760/2000/EG vom 17.7.2000
schreibt für alle ab dem 1. Januar 1998 geborenen Rinder die Anbringung
zweier identischer Ohrmarken und einen Tierpass vor, der es ermöglicht,
den Weg des Tieres bis zum Geburtsbetrieb lückenlos zurückzuverfolgen.
Alle Mitgliedstaaten müssen darüber hinaus zentrale Datenbanken
einrichten, in denen die Lebenswege aller in dem jeweiligen Mitgliedstaat
vorhandenen Rinder dokumentiert werden. Seit dem 1. September 2000
sind zudem in allen Mitgliedstaaten bei Vermarktung von Rindfleisch
verpflichtend folgende Angaben zu machen:

- Referenznummer oder Referenzcode, mit dem die Verbindung zwischen
dem Fleisch und dem Tier gewährleistet wird,

- Zulassungsnummer des Schlachthofs, in dem das Tier geschlachtet wurde

- Zulassungsnummer des Zerlegungsbetriebes.

Ab 1. Januar 2002 werden zusätzlich Angaben zum Ort der Geburt und
Mast des Tieres, von dem das Fleisch stammt, obligatorisch. In
Deutschland sind auch diese Angaben bereits ab Ende 2000 verpflichtend
vorgeschrieben.


6. Neue Vorschläge gegen BSE

- National wurde vorgeschlagen, die Testung mittelfristig auch auf Rinder
über 24 Monate auszudehnen.


7. Schlussbetrachtung

In den letzten zehn Jahren sind die Erkenntnisse über BSE erheblich
gewachsen und es sind umfassende Maßnahmen - wie in dieser
Information beschrieben - ergriffen worden, um ein hohes Maß an
Sicherheit für die Verbraucher zu gewährleisten. Laufende
wissenschaftliche Forschungen zielen darauf ab, noch bestehende
Wissenslücken zu schließen. Trotz immer wieder in der Presse berichteter
Einzelfälle, bei denen die nötige Sorgfaltspflicht nicht eingehalten wurde,
muss nochmals betont werden, dass die Lebensmittelwirtschaft ihrer
lebensmittelrechtlichen Sorgfaltspflicht verantwortungsbewusst nachgeht,
um dem Verbraucher weiterhin sichere und qualitativ hochwertige
Lebensmittel anbieten zu können.

Quelle/Kontaktadresse:
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL)
Godesberger Allee 142-148
53175 Bonn
Telefon: 0228/819930
Telefax: 0228/375069
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