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AHO Aktuell - 04.01.2001

BgVV will seine Kapazitäten stärker für die TSE-Forschung nutzen


(aho) -- Durch eine Bündelung der Kompetenzen im gesundheitlichen
Verbraucherschutz wäre nach Ansicht des Leiters des Bundesinstituts für
gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV), Dr. Dieter
Arnold, eine sicherere und schnellere Risikoabschätzung und damit ein
wirksamereres Risikomanagement möglich. Vor dem Hintergrund der BSE-Krise
plädiert der Institutsleiter für eine gesetzliche Verpflichtung zur
Veröffentlichung aller Gutachten und Maßnahmenvorschläge, um die
Transparenz wissenschaftlicher Beratung und politischer Entscheidungen
für den Verbraucher zu erhöhen. Seine in Berlin und Jena vorhandenen
Kapazitäten wird das unter der Aufsicht des Bundesminsteriums für
Gesundheit arbeitende Institut verstärkt für die Erforschung übertragbarer
spongiformer Enzephalopathien (Transmissible Spongiforme Encephalopathies,
TSE) einsetzen. Die Erforschung der TSEs beim Schaf und ihre Bedeutung
für die Gesundheit des Verbrauchers werden dabei an zentraler Stelle
stehen. Wegen der langen Inkubationszeiten ist mit kurzfristigen
Ergebnissen nicht zu rechnen. Dennoch kann nur die Forschung Antworten
auf die Vielzahl offener Fragen geben und damit die Basis für effektive
Maßnahmen bilden.

Die Vorschläge für die Errichtung eines Bundesamtes für gesundheitlichen
Verbraucherschutz begrüßt das BgVV gerade auch im Hinblick auf die
Gründung einer Europäischen Lebensmittelbehörde. Die BSE-Krise hat erneut
gezeigt, dass nur eine Bündelung der Kompetenzen im Verbraucherschutz
eine wirksame Vertretung der nationalen Interessen innerhalb der
Europäischen Staatengemeinschaft ermöglicht. Arnold verweist auf die
gelungene Neustrukturierung der Lebensmittelbehörden in England und
Frankreich, bei der größtmögliche Unabhängigkeit, Transparenz und die
Einbindung der Verbraucher im Mittelpunkt gestanden hätten. Nach
Ansicht des BgVV sollte es eine gesetzliche Verpflichtung für alle
Institutionen auf Bundes- und Landesebene geben, Gutachten und
Maßnahmenvorschläge im Internet zu veröffentlichen.

Die derzeitige Zersplitterung der Zuständigkeiten bei der Arbeit für
den Verbraucherschutz in Deutschland ist nach Ansicht von Arnold häufig
kontraproduktiv. Um Interessenkollisionen zu vermeiden, hält er eine
eindeutige Zuordnung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zum
Bundesministerium für Gesundheit für unumgänglich. Das BgVV sieht er
dabei als Kristallisationspunkt im engen Zusammenspiel mit anderen
Bundesinstituten und Bundesanstalten. Auch Bundesregierung und Bundesrat
sehen das Institut als Partner für die Zusammenarbeit mit der künftigen
Europäischen Behörde in Fragen der Lebensmittelsicherheit und des
Verbraucherschutzes.

Das Bundesinstitut, das in Berlin und Jena über umfangreiche Stall- und
Laborkapazitäten verfügt, will diese verstärkt für die Erforschung von
BSE und Scrapie im nationalen und internationalen Forschungsverbund
nutzen. Es will sich auch der Frage widmen, ob es vergleichbare
Erkrankungen bei Fischen gibt. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt wird
die Epidemiologie von TSEs bei lebensmittelliefernden Tieren sein. Das
Institut hat überdies gerade ein neues, auf der Polymerasekettenreaktion
basierendes Testverfahren zur Herkunftsbestimmung von Fleisch entwickelt,
mit dem sich verlässlich nachweisen lässt, von welcher Tierart das Fleisch
stammt. Der Test, der derzeit validiert wird, wird gerade vor dem
Hintergrund des jetzt aufgedeckten Etikettenschwindels bei sogenannten
"rindfleischfreien" Wurstwaren im Bereich der Lebensmittelüberwachung
einen wichtigen Beitrag zum Verbraucherschutz leisten.

Künftig will das BgVV auch am lebenden Tier und insbesondere am Schaf zu
übertragbaren spongiformen Enzephalopathien forschen. Hintergrund: Die
auch als "Traberkrankheit" bezeichnete Scrapie-Infektion des Schafes tritt
seit Jahrhunderten in Schafbeständen auf. In Deutschland ist es durch
konsequente seuchenhygienische Maßnahmen gelungen, die Krankheit
weitgehend einzudämmen. In den Mittelpunkt wissenschaftlicher Diskussionen
ist jetzt die Frage getreten, ob sich hinter den Scrapie-Fällen bislang
unerkannte BSE-Fälle "verstecken" könnten. Aus Gründen des vorsorgenden
Verbraucherschutzes hält das BgVV eine Testung der Schlachtschafe für
sinnvoll und fordert die Hersteller auf, die Erarbeitung eines validen
und in der Routine einsetzbaren Tests zur Differentialdiagnose von
Scrapie und BSE beim Schaf mit Nachdruck voranzutreiben. Derzeit steht
ein solcher Test nicht zur Verfügung. Das BgVV hat wiederholt ausdrücklich
auf den Forschungsbedarf zu einem potenziellen BSE-Risiko beim Schaf
hingewiesen. Im Auftrag des BMG arbeitet das Institut derzeit gemeinsam
mit anderen Bundesinstitutionen an einer entsprechenden Risikobewertung.
Bereits im November hat das BgVV die Verbraucher darüber informiert, dass
der Verzehr von Schaffleisch ebenso mit einem Restrisiko behaftet ist wie
der Verzehr von Rindfleisch (vgl. bgvv-pressedienst Nr. 26 vom 28.
November 2000). Die Verwendung von Risikomaterialien vom Schaf ist
allerdings seit Oktober 2000 ebenso verboten wie die von Rind und Ziege.

BgVV, 01/2001, 3. Januar 2000
 



 

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