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AHO Aktuell - 24.12.2000

Gehirn als Zutat zu Fleischerzeugnissen. Ein Thema?


(fn) Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie
nimmt zum Thema Hirn als Zutat zu Fleischerzeugnissen Stellung:

Das Gehirn von Schlachttieren zählte seit jeher zu den
essbaren und damit auch zu den als Zutat für bestimmte
Fleischerzeugnisse verwendbaren Geweben. Sein hoher Gehalt
an Lecithin und Fett machten es als Zutat für streichfähige
Kochwurstsorten interessant. In alten Rezepturen finden sich
noch Angaben über die Verwendung von Hirn bei
entsprechenden Wurstsorten. Immer ist hierbei aber von
Schweinehirn, in Ausnahmen von Kalbshirn die Rede, niemals
von Rinderhirn. In der Küche hatten Schweine- und Kalbshirn
ihren Platz auf der Speisekarte. Kalbshirn und auch Kalbsbries
(der Thymus oder ''Brieschen'') waren als seltene Spezialitäten
geschätzt und entsprechend hochpreisig. In den Metzgereien
waren sie meist nur bei rechtzeitiger Vorbestellung zu erhalten,
in der Gastronomie waren es die gehobenen Küchen, die
Kalbshirn und Kalbsbries auf ihren Speisekarten hatten.
Rinderhirn war stets ein für die Verarbeitung schlecht
geeignetes Organ, da es durch die Bolzenschussbetäubung
vor der Schlachtung mit Fell-, Hautresten und Schmutz, sowie
mit Knochensplittern von der Stirnplatte verunreinigt war. Der
Aufwand Rinderhirn zu reinigen war zu groß, um es als
Lebensmittel in Verkehr zu bringen, zumal sich, im Gegensatz
zu Kalbshirn, mangels Nachfrage auch nur ein geringer, den
Aufwand nicht lohnender Preis erzielen ließ, ähnliches mag
auch für Gehirn von Schlachtpferden gelten.
Wie eingangs erwähnt konnte Schweinehirn als Zutat zu
einfachen Kochwurstsorten eingesetzt werden, um die
Streichfähigkeit zu verbessern. Dies galt sowohl für die
handwerkliche als auch für die industrielle Produktion, wobei in
der Regel die preiswerten, einfachen Qualitäten diese Zutat
enthielten. Eine Verarbeitung in Roh- und Brühwürsten war
nicht nur aus kalkulatorischen sondern vor allem aus
technologischen Gründen nicht sinnvoll und wurde deshalb
auch nicht vorgenommen.
Die zunehmende Diskussion um BSE in den vergangenen
Jahren und die Kenntnis um die Infektiosität von
zentralnervösem Gewebe (ZNS), womit Gehirn und
Rückenmark von Rindern gemeint sind, hat dazu geführt, dass
auch das entsprechende Gewebe vom Schwein in die
Diskussion gelangt ist. Festzustellen ist hierbei aber, dass zu
keiner Zeit Schweinegehirn als Risikogewebe eingestuft wurde.
Rückenmark vom Schwein wurde i.d.R. wie beim Rind bereits
bei der Schlachtung entfernt und als Konfiskat entsorgt, da es
durch das Spalten des Tierkörpers bzw. der Wirbelsäule
gleichfalls mit Knochensplittern versehen war. Die durch die
wissenschaftlichen Erkenntnisse berechtigte Einstufung von
Gehirn und Rückenmark des Rindes als sog. ''spezifiziertes
Risikomaterial'' und den daraus resultierenden Maßnahmen für
dessen unschädliche Beseitigung, worunter in diesem Fall die
Behandlung in einer Spezial-Tierkörperbeseitigungsanlage und
die anschließenden Verbrennung des gewonnenen Tiermehles
verstanden wird, ist Gehirn unabhängig von der Tierart in die
Diskussion gelangt und mit dem Prädikat ''gefährlich'' versehen
worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde von
Mitgliedsbetrieben die, auch heute noch erlaubte, Verarbeitung
von Schweinehirn in speziellen Kochwürsten eingestellt. Der
Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V. hat
diesem Umstand Rechnung getragen, in dem er bereits im
Frühjahr 1996 einen ersten und im Frühsommer 2000 bei der
Leitsatzkommission des Deutschen Lebensmittelbuches,
angesiedelt beim Bundesministerium für Gesundheit, einen
erneuten Antrag auf Änderung der Leitsätze für Fleisch und
Fleischerzeugnisse gestellt hat. Hiernach sollten die unter der
Leitsatznummer 1.5 für die Verarbeitung in
Fleischerzeugnissen aufgeführten zulässigen ''Innereien'' neu
gefasst und nur noch: Leber, Herz und Zunge ohne
Schleimhaut einschließen. Die in der Vergangenheit immer
wieder gerade von seiten der Medien oftmals gewollte
Fehlinterpretation der Üblichkeit der Verarbeitung weiterer unter
dieser Leitsatznummer aufgeführten Innereien wie
Schweinemicker, Speiseröhre ohne Schleimhaut, sowie die für
spezielle Fleischerzeugnisse eingesetzten Gewebe Lunge,
Hirn, Bries, Milz, Nieren Magen und Vormagen ohne
Schleimhaut sollten gestrichen werden.
Bei den letztgenannten speziellen Fleischerzeugnissen handelt
es sich üblicherweise um regionale Spezialitäten, die auch nur
in einem begrenzten Gebiet vertrieben werden. Ausnahmen
sind zum Beispiel Kutteln, die aus dem Vormagen (Pansen)
des Rindes hergestellt werden und als eine schwäbische oder
bayerische Spezialität auch als Fertiggericht überregional
vertrieben werden. Den Frischwaren bleibt meist nur der
regionale Vertrieb, so dass Wurstsorten wie z.B. Bregenwurst,
Hirnwurst, Saure Rolle, Milzwurst, Brieswurst, Briespastete,
Hannoversche oder Norddeutsche Bregenwurst, Mengwurst
oder Mischwurst, die zwar in den Leitsätzen aufgeführt, aber
nur den wenigsten Verbrauchern bekannt sind, nicht aus der
Angebotspalette deutscher Fleischerzeugnisse verschwinden
werden, aber eben auf einen engen geografischen Bereich
beschränkt bleiben und darüber hinaus dem Verbraucher die
Verarbeitung von ''Innereien'' durch die Verkehrsbezeichnung
sofort ersichtlich ist.
Auf unseren am 16. 5. 2000 gestellten Antrag erhielten wir am
18. 10. 2000 einen Zwischenbescheid wonach wegen der
''augenblicklichen Personalsituation und anderer vordringlicher
Aufgaben'' eine Sitzung des zuständigen Fachauschusses Nr.
4, ''Fleisch und Fleischerzeugnisse'', zunächst zurückgestellt
wird.
Der Verband hat der Ministerin am 29. 11 2000 erneut
geschrieben und um vordringliche Bearbeitung unseres
Antrages gebeten um weiterer Fehlinterpretation der
bestehenden Formulierungen durch die Medien und andere
vorzubeugen. Hiermit soll der Sensibilisierung der Verbraucher
Rechnung getragen und die Diskriminierung unserer Branche
verhindert werden.
Am 19. 12. 2000 wurde uns mitgeteilt, dass im Januar 2001
eine Sitzung des Fachausschusses 4 stattfinden wird. Das
Thema ''Innereien'' soll dann behandelt werden.
 



 

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