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AHO Aktuell - 07.12.2000

Hoher Fleischkonsum führt zur Verarmung der biologischen Vielfalt


Stuttgart/Bonn, 07. Dezember 2000: Anlässlich einer Veranstaltung der
Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg zur Konvention
über die biologische Vielfalt forderte der Präsident des Bundesamtes für
Naturschutz, Prof. Dr. Hartmut Vogtmann, die Integration des
Bewahrungsgedankens der biologischen Vielfalt in alle Politikfelder (von
der Agrarpolitik über Wirtschaft- bis zu Verkehrspolitik), da ihre
Nutzung in fast alle unserer Lebensbereiche hineinspiele. Die Erhaltung
der biologischen Vielfalt sei nicht nur Sache der Umweltpolitik und
dürfe nicht länger als Nischenbetätigung für den Naturschutz angesehen
werden, so Vogtmann. Durch die enge Verzahnung globaler und nationaler
Aspekte trage auch unsere Gesellschaft Verantwortung für die Zukunft der
Biodiversität dieses Planeten. "In Deutschland ist der Fleischkonsum
vergleichsweise sehr hoch. Die Fleischproduktion ist aber nur deshalb so
billig, weil große Mengen Tierfutter (v.a. Soja und stärkehaltige
Futtermittel) aus anderen Ländern importiert werden. Dies ist u.a. ein
Grund für die fortschreitenden Rodung von Urwald und zur Umwandlung
dieser Flächen in Monokulturen. Damit einher geht ein steigender
Verbrauch von Düngemitteln und Pestiziden. Die sozialen Folgen der
Aufgabe der Subsistenzwirtschaft zugunsten industrieller
Plantagenwirtschaft sind gravierend," sagte der BfN-Präsident.
Aber die Zerstörung von Primärhabitaten in anderen Ländern ist nicht der
einzige nachteilige Effekt auf die biologische Vielfalt. Auch in
Deutschland hat die Einfuhr von Futtermitteln Auswirkungen auf die
Landnutzung: Der früher praktizierte, kleinräumig variierende Anbau
verschiedener Futterpflanzen mit unterschiedlichen Mahd- und
Ernteterminen ist durch die Billigimporte unrentabel geworden. Dadurch
gingen aber auch wichtige Lebensgrundlagen für viele Tiere, die für
Kulturlandschaften typisch sind, z.B. die Rebhühner, verloren.

Hintergrund zur "biologischen Vielfalt"

Die biologische Vielfalt ist die physische und psychische
Lebensgrundlage des Menschen, nicht nur in Ländern, die hauptsächlich
von agrarischer Nutzung geprägt sind, sondern - und dies wird heute
oftmals verdrängt - gerade auch in unseren modernen, hochtechnisierten
Industriegesellschaften.
Die biologische Vielfalt erfüllt eine ästhetische, kulturelle und
spirituelle Funktion. Außerdem nutzen wir sie natürliche Ressource, um
unseren Bedarf an Nahrung und Rohstoffen zu decken und auch als
Grundstoff für medizinische Zwecke. Darüber hinaus dient Biologische
Vielfalt als Vorbild für Innovationen in Technik, Konstruktion und
Forschung.

Der Mensch bedient sich weiterhin einer Reihe von ökosystemaren
Leistungen z.B. der Bereitstellung sauberen Wassers oder sauberer Luft
und die Erhaltung der Bodenfunktionen sowie Entsorgungsleistungen z.B.
die Klärung von Abwasser, die sonst nur durch aufwendige und teure
technische Verfahren erlangt werden könnten. All diese
"Serviceleistungen" werden bisher weitgehend als selbstverständlich
angesehen und in Anspruch angenommen, ohne dass sie in entsprechender
Weise bei Abwägungsprozessen oder in Kosten-Nutzen-Kalkulationen
bestimmter Vorhaben einfließen. Es muß in unser aller Bewußtsein
dringen, dass der Wert der biologischen Vielfalt weit höher liegt als
ihr (bisher oft gar nicht vorhandener) Preis.
Dieses ehrgeizige Ziel kann jedoch nicht vom Naturschutz allein erreicht
werden; die Bewahrung der Biodiversität ist eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, die die Bündelung von Kräften und das Suchen gemeinsamer
Lösungswege zwischen verschiedensten Akteuren (Naturnutzer,
Naturschützer, Forschung usw.) erfordert.
Aus der Erkenntnis heraus, dass ein so umfassendes Problem wie der
weltweite Schwund der biologischen Vielfalt in einer zunehmend
globalisierten Welt ebenfalls nur durch globale Anstrengungen gestoppt
werden kann, wurde im Jahr 1992 in Rio de Janeiro, auf der Konferenz der
Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung, dem sogenannten
Erdgipfel, das "Übereinkommen über die biologische Vielfalt"
unterzeichnet. Dieses Übereinkommen ist Ausdruck eines grundsätzlichen
Wandels des bisherigen Naturschutzverständnisses. Aufgrund der
erschreckenden Bilanzen, reifte die Erkenntnis, dass die bisherigen,
Schutzbemühungen allein nicht ausreichen, dass langfristiger Schutz
nicht losgelöst von, sondern nur mit den Menschen möglich ist, dass dazu
aber auch eine Überprüfung und Veränderung der menschlichen Aktivitäten
hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften erfolgen müsse. Es erfolgte ein
Paradigmenwechsel von einer sektoralen Strategie hin zu einer
ganzheitlichen und integrativen Herangehensweise. Dies spiegelt sich
auch in den drei Zielen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt
wider:

1) Die Erhaltung der biologischen Vielfalt
2) Die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile
3) Die gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen
Ressourcen ergebenden Vorteile

Die Biodiversitätskonvention ist somit das umfassendste, weltweite
Abkommen mit Naturschutzbezug. Sie repräsentiert eine neue
Naturschutz-Philiosophie, mit der der Naturschutz ganz neue Dimensionen
erlangt.

Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Bundesamt für Naturschutz, 07.12.2000
 



 

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