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AHO Aktuell - 06.12.2000

Der Deutsche Bauernverband zu den Konsequenzen der BSE-Krise


Das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes erklärt zu den Konsequenzen
der BSE-Krise:

1. Die deutschen Landwirte und ihre Familien sind über den ersten
festgestellten BSE-Fall in Deutschland und einen weiteren Verdachtsfall
schockiert und hart betroffen. Die Landwirte sind selbst Verbraucher
und verstehen deshalb die Sorgen und Ängste der Bevölkerung. Sie nehmen
sich in die Pflicht, verloren gegangenes Verbrauchervertrauen wieder
zurückzugewinnen. Die Landwirte verlangen aber, dass sie jetzt nicht
vor unlösbare existentielle Probleme gestellt
werden.

2. Der Deutsche Bauernverband unterstützt deshalb weiterhin alle
Maßnahmen, die

· einen hohen Verbraucherschutz gewährleisten und Mensch und Tier vor
Gesundheitsgefährdungen schützen;

· die Ursachen aufklären und den wissenschaftlichen Erkenntnisstand
über BSE verbessern;

· die volle Transparenz über alle Maßnahmen in der landwirtschaftlichen
Erzeugung wie in der Vermarktung von Vieh und Fleischprodukten
gewährleisten.

3. Der Deutsche Bauernverband fordert:

· die rasche Verbesserung der BSE-Tests und die Ausdehnung der gegenwärtig
begrenzten BSE-Testkapazitäten auf alle Tiere, bei denen der Test möglich
ist.

· die umgehende EU-weite Einführung des Drucksterilisationsverfahrens
als sicherstes Mittel zur Bekämpfung von Tierseuchen und zur
Unterbrechung der Infektionskette bei BSE. Dieses Verfahren muss
auch dann aufrechterhalten werden, wenn alle toten Nutztiere und
Schlachtnebenprodukte aus der Futterkette ausgeschlossen und verbrannt
werden müssen.

· die Vereinfachung des Entsorgungsweges für alle künftig verbotenen
Rohstoffe. Nach ihrer Erfassung auf den Höfen, in Schlachtunternehmen
und Metzgereien müssen sie gemeinsam kostengünstig erfasst,
drucksterilisiert und dann verbrannt werden. Energetische
Verwertungsalternativen sind zu erschließen;

· aus Gründen des Verbraucherschutzes und des Wettbewerbs in allen
EU-Mitgliedstaaten gleiche und konsequent befolgte und kontrollierte
Sicherheits- und Vorsorgemaßnahmen; andernfalls muss die EU Exportverbote
verhängen.

4. Der Deutsche Bauernverband fordert EU, Bund und Länder auf, die in
der Anfangszeit extrem hohen Entsorgungskosten vollständig zu übernehmen.
Nach der Bewältigung der Anlaufschwierigkeiten sind deutliche
Kostensenkungen zu erwarten. Vor allem die EU ist aufgefordert, den
Rindfleischmarkt sofort und so lange nachhaltig zu entlasten, bis wieder
normale Absatzbedingungen erreicht sind.

5. Der Deutsche Bauernverband warnt in der BSE-Diskussion vor
ungerechtfertigten Schuldzuweisungen. Die deutschen Landwirte haben sehr
wohl verbraucherorientiert und gesetzeskonform gehandelt. Dies beweist
allein schon der Vergleich des tatsächlichen Seuchengeschehens bei BSE
innerhalb der EU während der vergangenen 15 Jahre. Auch hat der DBV im
Sinne des Verbraucherschutzes den Aufbau einer konsequenten Rückverfolg-
barkeit bei Rindern und Rindfleisch mitgetragen oder maßgeblich initiiert,
die noch deutlich über die EU-Regelung hinausgeht.

6. Der Deutsche Bauernverband stellt sich offensiv einer Grundsatz-
diskussion über die Ausrichtung der Agrarpolitik, die Produktionsweisen
in der Landwirtschaft und ihre Ein-bindung in die gesamte Produktionskette
von der Futtermittelherstellung bis hin zum Einzelhandel. Diese
Bereitschaft müssen jetzt auch Politik und Verbraucher und deren
Organisationen zeigen. Der DBV warnt aber vor trügerischen Scheinlösungen:

· Vorwürfe gegenüber den deutschen Bauern, sie seien auf dem Weg in
eine industrialisierte Landwirtschaft (''Agrarfabriken''), gehen an der
Wirklichkeit in Deutschland vorbei. Gerade die Rinder- und Schweinehaltung
wird in Deutschland nach wie vor von bäuerlichen Betrieben getragen. Alle
Betriebsformen und -größen müssen die Vorgaben des Gesundheits- und
Tierschutzes strikt einhalten. Der DBV hat immer eine Flächenbindung
der Tierhaltung gefordert; sie muß konsequent aufrechterhalten werden.

· Eine neue, der "Industrialisierung" der Landwirtschaft entgegenwirkende
Agrarpolitik einzuklagen und gleichzeitig in der Außenhandelspolitik auf
eine Weltmarktorientierung zu setzen, ist unvereinbar. Deshalb fordert
der DBV, jetzt endlich bei den WTO-Verhandlungen hohe Verbraucher-,
Gesundheits-, Tierschutz- und Umweltstandards zum gleichwertigen
Verhandlungsgegenstand zu machen.

· Die hohe Konzentration der Bevölkerung in den Ballungsräumen begrenzt
die Möglichkeiten der Regionalvermarktung und des Direktbezuges auf
den Bauernhöfen. Zugleich wandeln sich die Verzehrsgewohnheiten und
verlangen einen hohen Grad an Be- und Verarbeitung. Unabhängig von der
Vermarktungsform müssen die Verbraucher darauf vertrauen können, dass
sie sichere und qualitativ hochwertige Nahrungsmittel erhalten. Ein
einseitiges politisches Propagieren bestimmter Produktions- und
Vermarktungsformen hält der DBV für nicht akzeptabel.

7. Die Politik hat lange Zeit die Augen gegenüber der extremen
Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel verschlossen. Nahrungsmittel
wurden zunehmend nicht mehr über Qualität und Herkunft, sondern über
Niedrig- und Schleuderpreise verkauft, mit dauerndem Preis- und
Erlösdruck auf die Land- und Agrarwirtschaft. Der DBV sieht dringenden
Handlungsbedarf in der Wettbewerbspolitik, wenn die Ratschläge für eine
neue Agrarpolitik ernst gemeint sein sollen.

Deutscher Bauernverband, 05.12.00
 



 

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