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AHO Aktuell - 06.12.2000

Kommentar zur BSE-Krise: Effekte


Von Axel Mönch, Brüssel


Europa hat seine zweite BSE-Krise. Doch im Vergleich zu den Ereignissen
im Jahr 1996 hat sich einiges geändert. Damals konnte das Seuchengeschehen
noch gut auf den Britischen Inseln lokalisiert werden. Nachdem inzwischen
Rinder auch auf dem Kontinent genauer beobachtet werden und zudem die
Krankheit nachgewiesen werden kann, wird offensichtlich, dass die BSE-
Erreger nicht vor dem Kanal und schon gar nicht vor den Grenzen der
Mitgliedstaaten auf dem Kontinent Halt machen. Im Unterschied zu damals
erschüttern diesmal weniger die Anzahl der Fälle als die geografische
Ausbreitung des Seuchengeschehens den Verbraucher. Eine einzige deutsche,
vom Rinderwahnsinn befallene Kuh zeigt ähnliche Wirkung wie damals
zehntausende an erkrankten Tieren in Großbritannien.

Die EU-Kommission möchte nun den europäischen Rindfleischmarkt retten,
indem in den kommenden Monaten alle nicht getesteten, älteren Tiere
vernichtet werden. Dadurch soll gleichzeitig das Angebot reduziert und -
durch die vermeintlich höhere Sicherheit für den Verbraucher - sich die
Nachfrage wieder erholen. Es ist fraglich, ob das Konzept der Kommission
aufgeht, bei dem sich alles um den Schnelltest dreht. Noch vor wenigen
Wochen betonte EU-Verbraucherkommissar David Byrne wiederholt, der Test
trage nur dazu bei, einen Überblick über die Verbreitung von BSE zu
bekommen. Über Gesundheitsrisiken von Rindfleisch könne er nur bedingt
etwas aussagen, weshalb sich der Konsument nicht in falscher Sicherheit
wiegen sollte, warnte Byrne. Nun dreht die Kommission ihre eigene
Argumentation und knüpft den Verbraucherschutz an den Teststreifen.
Zumindest der kritische Verbraucher wird die begrenzten Fähigkeiten
der heute verfügbaren Schnelltests nicht aus den Augen verlieren.
Sollten durch die Herauskauf- und Vernichtungsaktion wirklich eine
Menge Kühe im Verbrennungsofen landen, werden die nichts auslassenden
Fernsehbilder auch nicht gerade den Appetit auf Rindfleisch erhöhen.
Schon die Herodes-Prämie für Kälber wurde deshalb während der BSE-Krise
als untaugliche Maßnahme für den deutschen Markt abgelehnt. Nichts-desto-
trotz werden viele Verbraucher den Test auch unabhängig von einer
Entscheidung in Brüssel fordern.

Auch der marktstabilisierende Effekt der Kommissionspläne bleibt ungewiss.
Sollten rasch ausreichend Tests zur Verfügung stehen, hängt die Markt-
entwicklung allein von der Anzahl der herausgekauften Kühe ab - mit
Bezahlung durch die öffentliche Hand. Fehlt es dagegen in Kürze an Tests
für Millionen von älteren Rindern, entscheiden die Testhersteller über
das Fleischangebot. Da beides normalerweise nichts miteinander zu tun hat,
kann dies nur zufällig zu einem Marktgleichgewicht führen. Nur eine
Wirkung der unglücklichen Mischung aus Marktsteuerung und Verbraucher-
schutz ist jetzt schon gewiss: Die Aktienkurse der Testanbieter bleiben
gut im Rennen.

AGRARZEITUNG ERNÄHRUNGSDIENST:
Aktueller Wochenend-Kommentar vom 2. Dezember 2000
 



 

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