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AHO Aktuell - 05.12.2000

Tierarzneimittel können Boden und Grundwasser belasten (lang)


(aho) Von Experten schon länger vermutet - jetzt nachgewiesen:
Wirkstoffe von Tierarzneimitteln gelangen über die Gülle in die
Umwelt. Das zeigt ein Forschungsbericht der Universität Göttingen
im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA). Die Wissenschaftler
haben bei Ihren Untersuchungen in der Region Weser-Ems
teilweise bedenklich hohe Werte von antibiotisch wirkenden
Tetrazyklinen gefunden. Das Problem: Tetrazykline sind
hochlöslich, und es ist nicht auszuschließen, dass sie die Böden
verändern und das Grundwasser verunreinigen. Tetrazykline sind
mit einem Anteil von 58 Prozent an der gesamten Antibiotikamenge die
bedeutendste Substanzklasse. In der Studie wurden erstmals die in der
Massentierhaltung eingesetzten Mengen von Tierarzneimitteln regional
erfasst. Die Autoren gehen davon aus, dass Tetrazykline in der
Größenordnung von einigen hundert Gramm bis zu wenigen Kilogramm je
Hektar bei der Gülleausbringung aufgebracht werden. Für 1997 wurde für
die Weser-Ems-Region ein Gesamtaufwand von etwa 112.000 Kilogramm
pharmakologisch wirksamer Futterzusatzstoffe errechnet, wobei 47 Prozent
der eingesetzten Substanzen heute nicht mehr als Futtermittelzusatzstoff
zugelassen sind. In der Untersuchungsregion Weser-Ems sind rund ein
Drittel der deutschen Tierhaltung konzentriert.

Antibiotika werden in der Landwirtschaft als Tierarzneimittel
verabreicht und zur spezifischen Leistungsförderung dem Futter in
Mastanlagen beigemischt. Die in der Studie erhobenen Zahlen lassen auf
eine jährlich als Tierarzneimittel in der Weser-Ems-Region eingesetzte
Antibiotikamenge von 150.000 bis 200.000 Kilogramm schließen. Hinzu
kommen 112.000 Kilogramm antibiotisch wirkende Futtermittelzusatzstoffe.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden auch das Ausscheidungsverhalten
von Tetrazyklin bei Schweinen sowie der Abbau und das Verhalten in
Schweinegülle untersucht. Dabei zeigte sich, dass Tetrazyklin im
wesentlichen unverändert ausgeschieden wird und auch während der
Lagerung der Gülle nur ein geringer Abbau erfolgt. Nach üblichen
wissenschaftlichen Methoden schätzten die Wissenschaftler die im Boden
zu erwartenden Stoffkonzentrationen, wenn die Gülle in der zulässigen
Menge ausgebracht wird. Sie liegt höher, als der für die
Stoffzulassungsprüfung in EU-Leitlinien festgelegte Schwellenwert.
Diese ersten, modellhaften Berechnungen der Autoren zum Verbleib der
Tetrazykline nach Ausbringung der Gülle weisen deutlich auf
Umweltbelastungen hin. Die Ergebnisse unterstreichen die Annahme, dass
Böden und Grundwasser nachteilig beeinflusst werden. Insbesondere durch
die hohe Löslichkeit der Tetrazykline kann eine schädliche
Bodenveränderung oder eine Grundwasserverunreinigung nicht
ausgeschlossen werden. Allerdings sind bislang die ökotoxikologischen
Wirkungen und das Versickerungsverhalten der Tetrazykline in Böden im
Einzelnen noch nicht geprüft worden. Deswegen ist eine vertiefte
Risikobewertung, unter anderen mit weiteren Forschungsarbeiten
unverzichtbar.
Die Gutachter schlagen vor, dringend zu prüfen, welche Maßnahmen zur
Verringerung des Eintrages von Tetrazyklinen in Böden und Grundwasser
möglich sind. Industrie, Landwirtschaft und Medizin sollten nach
Möglichkeiten suchen, zur Entlastung der Umwelt auf diesem Gebiet
beizutragen.

Gleichzeitig unterstützen die Forscher auch die Empfehlungen des
unabhängigen Wissenschaftlichen Beirates Bodenschutz beim
Bundesumweltministerium. Im Gutachten "Wege zum vorsorgenden
Bodenschutz" weist der Beirat auf Defizite in der Umweltüberwachung von
Tierarzneimitteln hin und empfiehlt eine umfassende Prüfung der
Umwelteffekte von Tierarzneimitteln. Insbesondere soll den vermuteten
Effekten auf die Mikrobiologie nachgegangen und die Versickerung durch
den Boden in das Grundwasser untersucht werden.

Berlin, den 05.12.2000

! Die Veröffentlichung "Charakterisierung und Verwertung von Abfällen
aus der Massentierhaltung unter Berücksichtigung verschiedener Böden"
ist in der Reihe TEXTE des Umweltbundesamtes als Nr. 44/00 erschienen,
umfasst 145 Seiten und kostet 20,- DM. Sie kann gegen Einsendung eines
Verrechnungsschecks an die Firma Werbung und Vertrieb, Ahornstraße 1 -
2, 10787 Berlin, bestellt werden. Bitte bei der Bestellung TEXTE 44/00
angeben und auch den Absender nicht vergessen. Eine 18seitige
Kurzfassung kann über die Pressestelle per E-Mail bestellt
werden.


Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Umweltbundesamt (UBA), 05.12.2000
 



 

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