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AHO Aktuell - 02.12.2000

Der BLL gibt Hintergrundinformationen zu BSE


(Bonn) - In den letzten zehn Jahren sind die Erkenntnisse über
BSE erheblich gewachsen und es sind umfassende Maßnahmen
ergriffen worden, um ein hohes Maß an Sicherheit für die
Verbraucher zu gewährleisten. Der Bund für Lebensmittelrecht
und Lebensmittelkunde e.V. bietet nachfolgende
Fachinformationen zum Thema BSE.


1. Ausgangssituation

Bisher ist die Ursache des positiven BSE-Befundes bei einem
deutschen Rind aus Schleswig-Holstein ungeklärt. Tiermehl darf
in der EU seit 1994 nicht an Wiederkäuer (Entscheidung
94/381/EG vom 27.6.1994) verfüttert werden, so dass eine
Übertragung auf diesem Weg ausgeschlossen sein sollte. In
Deutschland war es auch davor nicht üblich, Tiermehl an
Wiederkäuer zu verfüttern. Zudem wird das in Deutschland immer
schon praktizierte und seit 1998 in Europa verpflichtend
vorgeschriebene Verfahren der Tiermehlherstellung
(Hochdruck-Sterilisationsverfahren) hinsichtlich der Abtötung des
BSE-Erregers vom BgVV als sicher bewertet (BgVV-Pressedienst
26/2000 vom 28.11.2000).


2. Verbot von Tiermehlen

Dass es dennoch zu einem völligen Verbot von Tiermehlen auch
für andere Tiere kommen wird, beruht nicht zuletzt auf den
Erwartungen der Öffentlichkeit an die Politik. Die
Bundesregierung hat den Entwurf für ein "Gesetz über das Verbot
des Verfütterns, des innergemeinschaftlichen Verbringens und
der Ausfuhr bestimmter Futtermittel" vorbereitet, das neben dem
Verbot der Verfütterung von Tiermehlen auch das von Fleisch-,
Fleischknochen- sowie Blutmehlen, von Tierfetten, Geflügel- und
Fischmehlen, mit Ausnahme proteinhaltiger Erzeugnisse und
Fette aus Geweben von Fischen, die zur Verfütterung an Fische
bestimmt sind, vorsieht. Das Gesetz wird nach Zustimmung des
Bundesrates am 2.12.2000 veröffentlicht und einen Tag später in
Kraft treten. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, das
Verbrauchervertrauen wiederherzustellen. Die angekündigte
Initiative der Bundesregierung, bereits Anfang Dezember 2000 in
Brüssel auf eine einheitliche europäische Lösung hinzuwirken, ist
konsequent.


3. BSE-Schnelltest

Die Bundesregierung und die Bundesländer sehen darüber
hinaus eine rasche Ausweitung der sogenannten
BSE-Schnelltests vor, auch um weitere verlässliche
epidemiologische Erkenntnisse zur Verbreitung von BSE in
Deutschland zu gewinnen. Dies ist nachhaltig zu begrüßen.

Allerdings haben die heute verfügbaren Methoden nach wie vor
Limitierungen: Sie können nicht beim lebenden Tier, sondern nur
nach der Schlachtung angewendet werden. Die für den Test
erforderliche Gewebeprobe kann nur aus dem Hirn entnommen
werden; andere Materialien (wie etwa Muskelfleisch bzw. Blut)
eignen sich für die Tests derzeit nicht. Mit den zur Zeit
eingesetzten Testverfahren lässt sich die Infektion sicher nur bei
Tieren nachweisen, die mindestens 30 Monate alt sind und bei
denen die Erkrankung bereits deutlich fortgeschritten ist. Negative
Testergebnisse bei jüngeren Tieren sind nicht aussagekräftig
(BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28.11.2000).

Der Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse sind insoweit
Grenzen gesetzt, als ein negatives Testergebnis nicht die
absolute BSE-Freiheit der Tiere - unabhängig vom Alter -
garantieren kann (BgVV-Pressedienst 25/2000 vom 21.11.2000),
da die Menge der Erreger unter der Nachweisgrenze der Tests
liegen kann.

Es sind Entwicklungen absehbar, die Schnelltests zu
standardisieren und so weiter zu entwickeln, dass die
Nachweisgrenze gesenkt wird und die Ergebnisse damit an
Aussagekraft gewinnen. Wünschenswert wäre auch die
Anwendungsmöglichkeit am lebenden Tier.

Im Kunden-Lieferanten-Verhältnis zeichnen sich Forderungen ab,
Schnelltest-Untersuchungen durchgängig bei allen Schlachttieren
durchzuführen. Dies erscheint als eine sinnvolle Maßnahme des
vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes mit den
vorgenannten faktischen Einschränkungen. Dabei muss aber
auch beachtet werden, dass derzeit nicht annähernd
ausreichende Kapazitäten vorhanden sind, um jedes Schlachttier
über 30 Monate einem solchen Test zu unterziehen.


4. Zur Sicherheit einzelner Zutaten

Aus dem Mitgliederkreis wird - ebenso wie aus der Öffentlichkeit
und den Medien - eine Fülle von Fragen an den BLL gerichtet, die
sich im Wesentlichen auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit
von Rindfleisch und anderen Erzeugnissen vom Rind richten.

Nach dem aktuellen Erkenntnisstand der Wissenschaft ergibt sich
folgendes Bild:

- Fleisch (Muskelfleisch) wird weitgehend als sicher bewertet. Bei
Versuchen mit Fleisch erkrankter Tiere konnte in keinem Fall
eine Infektion erzeugt werden (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom
28. November 2000). Das Infektionsrisiko bei Muskelfleisch ist
somit als äußerst gering einzuschätzen (DGE aktuell 31/2000
vom 28.11.2000).
Es ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass seit 1. Oktober
2000 die sogenannten Risikomaterialien, in denen sich der
Erreger konzentrieren kann (Hirn, Augen, Mandeln, Rückenmark
und bestimmte Darmabschnitte), nicht in die Lebensmittelkette
gelangen dürfen (Entscheidung 2000/418/EG vom 29.6.2000; s.
auch Ausführungen unter Ziffer 6.).
Laut BgVV ist das Fleisch von Schweinen, Geflügel und Fischen
nach heutigem Wissen in Bezug auf das BSE-Risiko als sicher
anzusehen. Schafe können an der BSE-ähnlichen Seuche
Scrapie erkranken. Solange wissenschaftliche Fragestellungen
hinsichtlich möglicher Zusammenhänge zwischen Scrapie und
BSE noch nicht beantwortet sind, besteht bei dem Verzehr von
Schafen ein gewisses Restrisiko, das derzeit wissenschaftlich
nicht abgeschätzt werden kann (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom
28.11.2000).

- Die in Deutschland in Suppen und Soßen eingesetzten
Fleischextrakte stammen aus Südamerika. Für diese Region gibt
es keine Hinweise auf BSE. Fleischextrakte sind Nebenprodukte
bei der Corned Beef-Herstellung.

- Für Wursthüllen aus Rinderdarm ergibt sich ein neuer
Sachstand: Nach einer jüngsten Stellungnahme des
Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der EU vom 27./28.
November 2000 wird der gesamte Rinderdarm - nicht nur wie
bisher der untere Teil des Dünndarms, das Ileum - als
Risikomaterial eingestuft. Die Europäische Kommission wird den
Katalog der Risikomaterialien, die entfernt und zerstört werden
müssen, auf den gesamten Darmtrakt von Rindern aller
Altersklassen erweitern, d.h. Änderung der Entscheidung
2000/418/EG vom 29.6.2000, nach der lediglich das Ileum von
über 12 Monate alten Rindern als Risikomaterial eingestuft und
bei der Gewinnung der Därme zu entfernen ist. Nach Angaben
der Hersteller befinden sich ca. 80 % der Würste in Deutschland
in Schweine- bzw. Schafsdärmen (Saitlinge).

- Es gibt wissenschaftlich übereinstimmend - national wie
international - keine Hinweise für eine Übertragbarkeit von BSE
durch Milch und Milchprodukte, die daher als sicher eingestuft
werden (Pressemitteilung der WHO Nr. 113/2000 vom November
2000; der Europäischen Kommission vom 17.5.1999; des SEAC
(Spongiform Encephalopathy Advisory Committee) der britischen
Regierung vom Januar 1998; BgVV-Pressedienst 26/2000 vom
28. November 2000; Feststellung der Bundesanstalt für
Milchforschung vom 29. November 2000). Nach den
Erkenntnissen des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses der
EU vom März 1999 wurden weder in Milch noch in Milchdrüsen
BSE-Erreger nachgewiesen.

- Speisegelatine für Lebensmittel wird nach Angaben der
Hersteller in Deutschland zu 90 % aus Schweinen gewonnen, die
restlichen 10 % aus Rinderhäuten, bei denen keine Infektiösität
nachgewiesen werden konnte (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom
28. November 2000). Nach einer Bewertung der WHO wird
Speisegelatine auf Basis vom Rind als sicher angesehen, wenn
die Herstellung nach solchen Verfahren durchgeführt wird, die
mögliche Erreger inaktivieren (WHO-Pressemitteilung Nr. 113,
November 2000; Bericht des Wissenschaftlichen
Lenkungsausschusses der EU vom 26. Januar 2000; Feststellung
der Bundesanstalt für Milchforschung vom 29. November 2000).
Die in Deutschland angewendeten Methoden entsprechen diesen
Vorgaben (BgVV-Pressedienst 26/2000 vom 28. November
2000).

- Talg wird nach einer Bewertung der WHO
(WHO-Pressemitteilung Nr. 113 vom November 2000) als sicher
beurteilt, wenn die Herstellung nach solchen Verfahren
durchgeführt wird, die mögliche Erreger inaktivieren.


5. Etikettierung

Die Rindfleisch-Etikettierungsverordnung Nr. 1760/2000/EG vom
17.7.2000 schreibt für alle ab dem 1. Januar 1998 geborenen
Rinder die Anbringung zweier identischer Ohrmarken und einen
Tierpass vor, der es ermöglicht, den Weg des Tieres bis zum
Geburtsbetrieb lückenlos zurückzuverfolgen. Alle Mitgliedstaaten
müssen darüber hinaus zentrale Datenbanken einrichten, in
denen die Lebenswege aller in dem jeweiligen Mitgliedstaat
vorhandenen Rinder dokumentiert werden.

Seit dem 1. September 2000 sind zudem in allen Mitgliedstaaten
bei Vermarktung von Rindfleisch verpflichtend folgende Angaben
zu machen:

- Referenznummer oder Referenzcode, mit dem die Verbindung
zwischen dem Fleisch und dem Tier gewährleistet wird,

- Zulassungsnummer des Schlachthofs, in dem das Tier
geschlachtet wurde

- Zulassungsnummer des Zerlegungsbetriebes.

Ab 1. Januar 2002 werden zusätzlich Angaben zum Ort der
Geburt und Mast des Tieres, von dem das Fleisch stammt,
obligatorisch. In Deutschland sind auch diese Angaben bereits
ab Ende 2000 verpflichtend vorgeschrieben.


6. Neue EU-Vorschläge gegen BSE

Die Europäische Kommission hat am 29.11.2000 weitere
Maßnahmen zur Bekämpfung von BSE verabschiedet, die am
4.12. 2000 dem Agrarrat in Brüssel zur Diskussion und
Entscheidung vorgelegt werden. Die Kommission schlägt u.a. vor:

- Die Verfütterung von Tier-, Fleisch- und Knochenmehl an alle
landwirtschaftlichen Nutztiere soll zeitlich begrenzt verboten
werden.

- Alle Rinder mit einem Alter von mehr als 30 Monaten werden auf
BSE getestet, um das Verbrauchervertrauen wiederherzustellen.

- Die aktuelle Liste der spezifischen Risikomaterialien, welche
entfernt und vernichtet werden müssen, soll auf den vollständigen
Darm von Rindern ausgeweitet werden.

- Es wird ein Programm entwickelt, um alle Rinder mit einem Alter
von mehr als 30 Monaten, die nicht auf BSE getestet wurden, aus
dem Markt zu nehmen.


7. Schlussbetrachtung
In den letzten zehn Jahren sind die Erkenntnisse über BSE
erheblich gewachsen und es sind umfassende Maßnahmen - wie
in dieser Information beschrieben - ergriffen worden, um ein
hohes Maß an Sicherheit für die Verbraucher zu gewährleisten.
Laufende wissenschaftliche Forschungen zielen darauf ab, noch
bestehende Lücken zu schließen. Die Lebensmittelwirtschaft wird
verantwortungsbewusst ihrer lebensmittelrechtlichen
Sorgfaltspflicht nachgehen, um dem Verbraucher weiterhin
sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittel anbieten zu
können.

2000-12-01

Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. (BLL)
Öffentlichkeitsarbeit: Britta von der Gönna
Godesberger Allee 142-148
53175 Bonn
Telefon: 0228/819930
Telefax: 0228/375069
eMail: bll@bll-online.de
Internet: http://www.bll-online.de
 



 

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