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AHO Aktuell - 09.09.2000

CDU: Für eine ethisch verantwortbare Nutzung der Gentechnik


Beschluss des Geschäftsführenden Vorstandes der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion auf der Klausurtagung vom 7. September 2000 in
Hildesheim ("Hildesheimer Erklärung")

Der Geschäftsführende Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion spricht
sich für eine ethisch verantwortbare Nutzung der Gentechnologie aus.
Bio- und Gentechnologie sind Schlüsseltechnologien des 21.
Jahrhunderts, die das Leben der kommenden Generationen entscheidend
prägen werden.

Das Potential der Gentechnologie in den Bereichen Medizin,
Landwirtschaft, Lebensmittelherstellung und Umwelttechnik ist
derzeit noch kaum abzuschätzen. Unzweifelhaft jedoch bietet die
Gentechnologie Chancen zur Heilung bisher unheilbarer Krankheiten
und damit zur Linderung von Schmerz und Leid sowie zur besseren
Bekämpfung von Hunger und Armut durch die Züchtung von Pflanzen,
die besser an extreme Wachstumsbedingungen angepasst sind. Bereits
heute gibt es eine Vielzahl erfolgreicher Anwendungen.

Deutschland nimmt nicht zuletzt dank der Initiativen der früheren
CDU/CSU-FDP-Regierung beispielsweise zum Bio-Regio-Wettbewerb sowie
zur Harmonisierung und Entbürokratisierung des Gentechnikrechts
eine Spitzenposition in der Bio- und Gentechnologie ein. Dies gilt
auch für die Zahl der Unternehmensgründungen und das ökonomische
Zukunftspotential, insbesondere hinsichtlich des Arbeitsmarktes.

Die Rot-Grüne-Bundesregierung darf diese Chance nicht aufgrund
technikfeindlicher Ressentiments verspielen. Das von der Regierung
angestrebte Moratorium für die Aussetzung gentechnisch veränderter
Pflanzen wie auch das von der zuständigen Ministerin Fischer
aufgelegte "Forschungs- und Beobachtungsprogramm" zur Einführung der
Gentechnologie in der deutschen Landwirtschaft dürfen nicht als
Hemmnisse für eine ethisch verantwortbare Nutzung missbraucht werden.

Forschung und Technik müssen unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit
dem Gebot des Schutzes der unteilbaren und unveräußerlichen
Menschenwürde stehen. Der Mensch darf nicht zum Objekt von Forschungs-
und Wirtschaftsinteressen werden. Dies sehen wir als eine besondere
Verantwortung christdemokratischer und christlichsozialer Parteien.

Die Unverfügbarkeit des eigenen Genoms und der Schutz seiner Daten ist
unveräußerliches Recht jedes einzelnen Menschen. Das menschliche Genom
als solches darf nicht patentiert werden. Das Selbstbestimmungsrecht
des Einzelnen erfordert die Befähigung zur gesundheitlichen Selbstver-
antwortung durch das Schul- und Bildungssystem sowie durch genetische
Beratung im Gesundheitswesen.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist für den Einsatz zellbiologischer
Methoden zur Heilung von schweren Krankheiten. Eingriffe in die
menschliche Keimbahn und das Klonen von Menschen lehnen wir jedoch ab.

Es gibt keine einfachen Antworten auf die komplexen wissenschaftlichen,
rechtlichen, wirtschaftlichen und ethischen Fragen der Bio- und vor
allem der Gentechnologie. Es muss aber Aufgabe der Politik sein, die
Grenzen der verantwortbaren Forschung und Nutzung zu definieren. Hierzu
müssen wir insbesondere die richtigen Fragen stellen. Und wir müssen
die Ängste der Menschen ernst nehmen und mit Information zu mehr
Aufklärung beitragen.

Diese Aufgabe kann die Politik nicht allein bewältigen. Sie benötigt
den offenen Dialog, um Nutzen und Risiken neuer Technologien abschätzen
zu können. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion strebt einen fundierten
gesellschaftspolitischen und wissenschaftlichen Dialog an, der auf
blinden Fortschrittsoptimismus ebenso verzichtet wie auf irrationale
Technikfeindlichkeit.

Der Geschäftsführende Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat
folgendes beschlossen:

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat für den Themenbereich Bio- und
Gentechnologie Frau Katherina Reiche MdB zur Beauftragten für die
Humangenetik ("rote Gentechnologie") ernannt. Für die Gentechnik
in Landwirtschaft und Umwelt ("grüne Gentechnologie") ist
Helmut Heiderich MdB, Mitglied der Arbeitsgruppe Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten, zuständig.

Die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Frau Maria Böhmer MdB
bildet eine fraktionsinterne Arbeitsgemeinschaft, die sich
systematischmit den Chancen und Grenzen der Bio- und
Gentechnologie beschäftigen und alle Aspekte integrieren wird. In
den zuständigen Arbeitsgruppen der Fraktion sind Berichterstatter
für diese Thematik benannt.

Wir fordern die Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen, die
die Risiken der Humangenetik minimieren. Die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird die von ihr in der unionsgeführten
Regierung maßgeblich mitgestalteten Rechtsgrundlagen (z.B. dem
Embryonenschutzgesetz von 1991) kontinuierlich vor dem Hintergrund
der Forschungslage überprüfen und fortentwickeln.

Die Sicherung der Menschenwürde kann nicht allein mit den Mitteln
der nationalen Gesetzgebung erfolgen. Wir setzen uns daher für
möglichst einheitliche Grundsätze, insbesondere in den Ländern der
Europäischen Union, ein. Die Bundesregierung fordern wir auf, in
der Europäischen Union und im Europarat unterschiedlichen
rechtlichen Standards in den Ländern der EU entgegenzuwirken.

Die Rahmenbedingungen für die biotechnologische Forschung in
Deutschland muss durch gezielte Förderung des wissenschaftlichen
Nachwuchses verbessert werden, insbesondere durch die
Flexibilisierung der Ausbildungsstrukturen und -inhalte sowie
durch Leistungsanreize für die Wissenschaft. Naturwissenschaften
müssen bereits in der Schule wieder größeres Gewicht erhalten. Der
Übergang von der Forschung in die Wirtschaft durch Gründung von
Unternehmen sollte gezielt gefördert werden, beispielsweise durch
Modelle, bei denen Jungunternehmern die technischen Fragen der
Geschäftsführung wie Buchhaltung abgenommen werden.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird offensiv den Dialog mit den
relevanten gesellschaftlichen Gruppen suchen: u.a. mit
den Kirchen, Ärzten, Wissenschaftlern, der Industrie und
Interessenverbänden. Hierzu zählen auch Besuche bei
Forschungseinrichtungen und Unternehmen.


CDU-Bundesgeschäftsstelle, 08.09.2000
 



 

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