Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 08.09.2000

Ist deutsches Tiermehl wirklich BSE-sicher?


(aho) Erneut haben Dr. Helmut Born (Generalsekretär des Deutschen
Bauernverbandes), Dr. Walter Schulz-Schaeffer (Neuropathologe am
Referenzzentrum für Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen der Universität
Göttingen) und sogar Bärbel Höhn als Landwirtschaftsministerin von
Nordrhein-Westfalen, das deutsche Verfahren der Drucksterilisation
von toten Tieren und Schlachtabfällen als BSE-sicher bezeichnet.

Der Diplom - Biologe Roland Heynkes teilt hierzu mit:

Leider gibt es für diese Behauptung keinerlei Beweise und daher
ist sie unwissenschaftlich, verharmlosend und gefährlich. Gefährlich
ist diese leichtfertige Annahme vor allem deshalb, weil der deutsche
Bauernverband daraus die logische Forderung ableitet, daß solchermaßen
"sicher" produziertes Tiermehl weiterhin ohne zusätzliche Sicherheits-
maßnahmen als kostensparendes Futtermittel in der Landwirtschaft
eingesetzt werden solle.

Dr. Born geht sogar soweit, die deutschen Rinderbestände als
eindeutig BSE-frei zu bezeichnen. Angesichts von wenig mehr als 5000
BSE-Tests an in Deutschland geschlachteten Rindern ist diese Behauptung
vollkommen haltlos und kann nur als Propaganda bezeichnet werden.
Vollkommen abwegig ist auch die von Dr. Born suggerierte Horror-
vorstellung, der Beschluß der EU-Kommission könne Deutschland
zur Aufgabe des Drucksterilisationsverfahrens zwingen.

Die EU-Kommission hingegen will aus gutem Grund, daß die bei BSE- oder
Scrapie-infizierten Tieren besonders hochinfektiösen Gewebe
grundsätzlich nicht als Nahrung für Mensch und Tier verwendet werden.
Sie will Tiermehl und Fleischknochenmehl nur noch ohne die
gefährlichsten Gewebe produzieren lassen, weil die bisher durch-
geführten Forschungsarbeiten zwar die Untauglichkeit anderer Verfahren,
nicht aber die Sicherheit der Dampfdrucksterilisation nachweisen
konnten [3]. Hingegen reichten im Tierexperiment selbst einstündige
Dampfdrucksterilisationen bei 134°C sowie Dampfdrucksterilisationen
bei 135°C bzw. 134-138°C für mindestens 18 Min. zur Inaktivierung
von Scrapie- und BSE-Erregern nicht aus [2]. Sogar nach einer
Einäscherung bei 600°C erwiesen sich Prionen noch als infektiös [1].

Selbstverständlich sind diese Fakten jedem in der BSE-Forschung
tätigen Wissenschaftler wohl bekannt. Daher kann man der
Mathematikerin Höhn ihre Fehleinschätzung noch nachsehen und der
Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes kann wohl nicht
anders. Aber man kann sich nur erstaunt und entsetzt fragen, was
wohl den Neuropathologen Schulz-Schaeffer zu seinen verharmlosenden
und wissenschaftlich völlig haltlosen Äußerungen veranlaßt haben
mag.

Literaturzitate:

1 . Brown,P.; Rau,E.H.; Johnson,B.K.; Bacote,A.E.; Gibbs,C.J. Jr;
Gajdusek,D.C. - New studies on the heat resistance of hamster-adapted
scrapie agent: threshold survival after ashing at 600 degrees C
suggests an inorganic template of replication. -
Proceedings of the National Academy of Sciences of the United
States of America 2000 Mar 28; 97(7): 3418-21

2 . Taylor,D.M.; Fraser,H.; McConnell,I.; Brown,D.A.; Brown,K.L.;
Lamza,K.A.; Smith,G.R.A. - Decontamination studies with the agents
of bovine spongiform encephalopathy and scrapie - Archives of
Virology 1994; 139(N3-4): 313-26

3 . Taylor,D.M.; Woodgate,S.L.; Fleetwood,A.J.; Cawthorne,R.J.G. -
Effect of rendering procedures on the scrapie agent -
Veterinary Record 1997; 141(N25): 643-9
 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de