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AHO Aktuell - 02.09.2000

Kommentar zur Schweinepest in Großbritannien: Unsicher


(ED) Der Ausbruch der Schweinepest in drei Grafschaften Englands
Anfang August hat gezeigt, dass die gemeinsame Bekämpfung der Seuche
in der Europäischen Union und der Auftritt als Exportregion von
Schweinen und Schweinefleisch gegenüber Kunden in Drittländern zu
wünschen übrig lässt. Die Niederlande verhängten ein Importverbot
für lebende Schweine aus dem gesamten Vereinigten Königreich. Kurz
darauf schloss sich Belgien an. Es folgte Spanien und bezog auch noch
Schweinefleisch in das Importverbot mit ein.

Damit nahmen die drei Staaten die EU-rechtliche Sicherheitsklausel
in Anspruch, nach der nationale Schutzmaßnahmen erlaubt sind, solange
keine Übereinkunft über eine gemeinschaftliche Reaktion im Seuchenfall
besteht. Rechtlich gesehen ist alles einwandfrei.

Dennoch ergeben sich zwei Fragen. Erstens - wie weit reicht das
Vertrauen in die britischen Veterinärbehörden? Anscheinend nicht
weiter als bis zur eigenen Landesgrenze. Ein vielleicht berechtigtes
Misstrauen, denn die Tierärzte von British Quality-Pigs, dem
betroffenen Zusammenschluss von Schweineerzeugern, baten das Bonner
Agrarressort um dessen Krisenplan. Den scheint es in Großbritannien
nicht zu geben. Zweitens - warum reagierte die EU nicht als
Gemeinschaft und das sofort nach dem Seuchenausbruch? Der
Informationsfluss und die Entscheidungswege scheinen noch an einer
gewissen Trägheit zu kranken. Immerhin musste das deutsche
Landwirtschaftsministerium konkrete Angaben über den aktuellen
Seuchenverlauf von der EU-Kommission erst anfordern. Erst etwa eine
Woche nach dem Pestausbruch reagierte die Kommission mit einem
Importverbot, allerdings gemäßigter als die Niederlande, Belgien und
Spanien: Lediglich England - also nur einem Teil Großbritanniens -
untersagte die EU die Ausfuhr von lebenden Schweinen. Inzwischen
hat die Kommission das betroffene Gebiet auf nur noch drei Grafschaften
weiter eingegrenzt.

Das EU-weit geltende Prinzip der Regionalisierung, worunter die
Einteilung in Beobachtungs- und Sperrbezirke im Kampf gegen die Seuche
zu verstehen ist, scheint noch nicht alle EU-Mitgliedstaaten zu
überzeugen. Das Vertrauen in die britischen Veterinärbehörden
vorausgesetzt, hätte es doch eigentlich genügt, den Importstopp von
Anfang an auf die betroffenen Grafschaften zu beschränken. Das
Misstrauen in das gemeinschaftliche Seuchenbekämpfungskonzept ist
marktstrategisch nicht unbedingt klug. Bei den Exportkunden der EU,
etwa in Asien und den USA, könnte die unterschiedliche Handhabung
der EU-Strategie zur Seuchenbekämpfung in den einzelnen Mitgliedstaaten
einen zumindest zweifelhaften Eindruck hinterlassen. Dies könnte auch
die Durchsetzung der eventuell bald zulässigen Ringimpfungen mit
Markerimpfstoffen im akuten Seuchenfall erschweren. Vor dem Hintergrund
der bisherigen Geschehnisse jedoch werden sich Drittländer, die
Schweine und Schweinefleisch aus der EU importieren, nur schwer von
einer sicheren Handhabung der neuen Medikamente und entsprechender
Test-Kits überzeugen lassen.

Klaus Knippertz, Frankfurt am Main
Aktueller Wochenend-Kommentar vom 26. Aug. 2000,
Agrarzeitung ERNÄHRUNGSDIENST
 



 

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