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AHO Aktuell - 19.07.2000

Kommentar: Keine Garantie

Von Kristina Sinemus, Darmstadt


Die neu aufgeflammte Diskussion über den Einsatz der Gentechnik in
Lebensmitteln hat viele Betroffene verunsichert. Zunehmend wird auch
Kritik an gentechnisch veränderten Futtermitteln laut. Was ist dran
an dieser Kritik?

In Deutschland finden derzeit nur die Verarbeitungsprodukte von zwei
gentechnisch veränderte Pflanzen Einsatz in Futtermitteln: Der Bt-Mais
(Novartis) und die Roundup-Ready Sojabohne (Monsanto), die beide
überwiegend aus Nordamerika importiert werden. Der Bt-Mais enthält
ein Gen, das ihn resistent gegen die Larven des Maiszünsler macht.
Die Pflanze stellt ein Gift her, das selektiv gegen bestimmte
Schmetterlingsraupen wirkt und für andere Lebewesen hingegen
ungefährlich ist. Der Einsatz von Insektiziden zum Schutz der Ernte
wird dadurch überflüssig. Die Roundup-Ready Sojabohne hingegen ist
resistent gegen das Herbizid Roundup-Ready. Dadurch wird eine
leichtere und effektivere Unkrautbekämpfung möglich. Unter günstigen
Bedingungen kann sich die eingesetzte Menge an Herbiziden um bis zu
30 Prozent verringern.

Die Sicherheitsbewertung für Futtermittel orientiert sich im
wesentlichen an den gesetzlichen Regelungen für gentechnisch veränderte
Lebensmittel (Novel-Food-Verordnung). Diese bezieht sich bei der
Zulassung neuer Lebensmittel darauf, ob im Vergleich zu konventionellen
Produkten diese als "substanziell äquivalent" betrachtet werden können.
Dies ist der Fall, wenn sie sich weder in Zusammensetzung,
Stoffwechsel, noch im Gehalt an unerwünschten Stoffen wesentlich
unterscheiden. Diese Lebensmittel / Futtermittel können dann analog
den traditionellen eingesetzt werden. Dabei muss beachtet werden, dass
auch herkömmliche Lebens- und Futtermittel eine natürliche
Variationsbreite in ihren Inhaltsstoffen aufweisen, die keinerlei
Auswirkungen auf die Qualität des Endproduktes haben.

Sowohl der Bt-Mai, als auch die Roundup-Ready Sojabohne zeigen - außer
den gewollten - keine wesentlichen Veränderungen von Inhaltsstoffen
gegenüber den herkömmlichen Pflanzen. Die substantielle Äquivalenz
ist somit gegeben. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit der neu
eingeführten Gene und Proteine wurden in zahlreichen Untersuchungen
(zum Beispiel Allergietests und Tierversuche) sichergestellt und die
Pflanzen auf dieser Grundlage zugelassen.

Inzwischen liegen eine Reihe von Untersuchungen über den Einsatz von
gentechnisch veränderten Pflanzen als Futtermittel vor. Neben
Milchkühen wurden Schweine, Mastrinder, Legehennen, Broiler, Schafe
und der Katzenwels untersucht. Dabei konnten keine signifikanten
Unterschiede zu der Fütterung mit traditionellen Futtermitteln
festgestellt werden. Während bei den Roundup-Ready Sojabohnen kein
qualitativer Unterschied beim Futter zu erkennen ist, weist der
Bt-Mais sogar einen Vorteil gegenüber herkömmlichen Mais auf. Der
Bt-Mais ist wesentlich besser gegen den Maiszünsler geschützt und
weist daher eine geringere Befallsdichte auf. Da Fraßwunden des
Maiszünslers zu verstärktem Pilzbefall an den Maispflanzen führen,
ist die Belastung durch von Pilzen gebildeten Mykotoxine beim
Bt-Mais bis zu achtfach geringer als beim herkömmlichen Mais.

Alle verfütterten Proteine - ganz gleich ob von gentechnisch
veränderten Pflanzen oder nicht - werden von den Tieren praktisch
komplett verdaut. Somit enthalten weder Fleisch, noch Eier oder
Milch neue Proteine durch Verfütterung gentechnisch veränderter
Pflanzen. Ein neues Allergierisiko durch Verzehr tierischer Produkte,
zu deren Herstellung gentechnisch veränderte Futterpflanzen verwendet
wurden, kann daher ausgeschlossen werden.

Auch durch die neuen Gene der Futterpflanzen entsteht für den Menschen
kein neues Risiko. Täglich nimmt der Mensch über seine normale Nahrung
bis zu 1 g DNA auf, Schweine bis zu 5 g und Kühe bis zu 20g DNA. Alle
Lebewesen müssen sich daher seit Beginn ihrer Existenz mit "Fremd-DNA"
in ihrer Nahrung auseinandersetzen, ohne das Gentechnik im Spiel war.
Die durch Gentechnik neu eingeführte DNA in Futterpflanzen verändert
diese Situation nicht, da sie nur einen sehr geringen Anteil an der
Gesamt-DNA der Nahrung von Tier und Mensch ausmacht.

Die DNA wird fast vollständig im Magen-Darmtrakt durch die Magensäure
und Verdauungsenzyme abgebaut. In geringen Mengen gelangen verbleibende
DNA-Bruchstücke in Blutzellen und einige innere Organe und können dort
nachgewiesen werden. Die Menge der neuen Gene in gentechnisch
veränderten Futterpflanzen ist jedoch so gering im Vergleich zur
restlichen Pflanzen-DNA, dass nur allgemein Pflanzen-DNA in Blut von
Kühen und Hühnern nachgewiesen werden konnte. Die neuen Gene von
Roundup-Ready-Sojabohnen und Bt-Mais waren mit der empfindlichsten
verfügbaren Nachweismethode weder im Blut noch in der Milch von Kühen
nachzuweisen.

Trotzdem wird der Ruf nach Gentechnik freiem Futter laut. Aber ist
das überhaupt machbar? Zunächst muss berücksichtigt werden, dass wir es
heute mit einem globalen Markt zu tun haben. Von den 200 Mio. t an
Futtermitteln, die heute in der EU jährlich benötigt werden, stammen
etwa 60 Prozent, das sind 120 Mio. t., aus industrieller Produktion.
Nur 40 Prozent des Bedarfs wird von den Farmen selbst hergestellt.
Von diesen 120 Mio. aus industrieller Produktion wird ein großer Teil
importiert. Etwa ein Drittel der industriell hergestellten Futtermittel
stammt so aus Quellen, die potentiell mit gentechnisch veränderten
Pflanzen arbeiten. Dies zeigt, das Garantieerklärungen für absolut
Gentechnik freie Futtermittel nicht möglich sind.

Eine hundertprozentige Trennung der Futtermittel vom Erzeuger bis zum
Verbraucher wiederum ist ein umfangreicher Vorgang, der nicht von heute
auf morgen möglich sein wird.Falls die Märkte den Aufbau eines völlig
autarken Vertriebs- und Produktionsnetzes für Gentechnik freie
Futtermittel fordern würden, ist mit erheblichen Mehrkosten für zu
rechnen, die dann auf den Verbraucher weitergegeben werden würden.
Und auch am Ende des langfristigen und teuren Umstellungsprozesses wird
es unmöglich sein, Futtermittel herzustellen, die garantiert keine
gentechnische Veränderung enthalten, da Verunreinigungen nie
auszuschließen sind.

Dr. Kristina Sinemus ist Geschäftsführerin der Genius GmbH, Darmstadt
Kommentar KRAFTFUTTER / FEED MAGAZINE
Aktueller Kommentar des Monats Juli/August
 



 

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