Aktuelle Meldungen  -  Nachrichten suchen  -  kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

AHO Aktuell - 28.04.2000

Transparenz in der Lebensmittelproduktion


(ED) Eine hohe Transparenz der Produkt- und Prozessqualität in der
Lebensmittelkette forderten Vertreter von Medien und Lebensmittelhandel
kürzlich auf einer Tagung von Mischfutterherstellern. Insbesondere der
Mischfutterindustrie legte Claus Peter Simon von der Wochenzeitung "Die
Woche" hohe Transparenz nahe, da ihnen in der Öffentlichkeit ein Image
von "im Verborgenen handeln" anhaftet. Andererseits erklärte er aber
auch, dass mehr Informationen nicht unbedingt zu einem Vertrauensgewinn
der Verbraucher führen. Dies hätten beispielsweise Untersuchungen zur
Aufklärung über die Gentechnik ergeben.

Im Lebensmittelhandel scheint man zum Teil Informationen sogar zu
Positionen zu verarbeiten, die zwar gegenüber Verbrauchern gut klingen,
die aus fachlicher Sicht aber regelrecht als abstrus bezeichnet werden
müssen. Erzielt ein erfolgreich wirtschaftender Landwirt tägliche
Zunahmen in der Schweinemast von mehr als 900 g, so wird er durch den
Handel mit dem Vorwurf belastet, er überschreite akzeptable Grenzen.
Dass ein solches Leistungspotenzial in der Landwirtschaft nur mit
gesunden, gut ernährten Tieren und unter tiergerechten Haltungsbe-
dingungen erreicht werden kann, wird hier übersehen. Differenzierte
Betrachtungen, die vielleicht auch sinnvolle Anpassungsreaktionen
seitens der Erzeuger zur Folge haben könnten, finden zu wenig statt.
Viel mehr stehen stark emotional behaftete Positionen nicht nur bei
Verbrauchern, sondern oft genug auch bei der Industrie und im Handel
im Vordergrund. Die Maßnahmen, mit denen ein Vertrauensgewinn erzielt
werden soll, sind zweifelhaft. Beispielsweise die EU-weit ab dem Jahr
2002 beschlossene Rindfleischetikettierungspflicht beginnend mit der
Geburt hat ein Kosten-Nutzen-Verhältnis, bei dem Emotionen auf der
Nutzenseite ein hohes Gewicht verliehen wird. Vielleicht wird die
Rindfleischetikettierung im Falle von Kontaminationen im Fleisch,
die hoffentlich nicht so bald wieder Bedeutung erlangen, eine
Rückverfolgung zum Verursacher ermöglichen. Angesichts der vielfältig
denkbaren Fehlerquellen wird dies aber auch in Zukunft nur begrenzt
möglich sein. Kriminelle Energien werden nicht durch Verpflichtungen
zur Aufzeichnung gestoppt.

Die Rindfleischetikettierung rückt allerdings für Handel und Verbraucher
die gesamte Produktionskette von der Geburt des Tieres bis an die
Ladentheke stärker in den Blickpunkt. Das bringt die Chance, dass
Qualitätssicherung auch vermittelt werden kann. Voraussetzung dafür ist,
dass Landwirt, Betriebsmittellieferant, Schlachtbetrieb und Verarbeiter
die Qualitätssicherung jeweils für ihre Produktion, aber auch auf der
Lieferanten- und Abnehmerseite, konsequent umsetzen. Auf jeder Stufe
müssen zudem spezielle Risiken erfasst und entsprechende Maßnahmen
ergriffen werden. Konsequente und klare Kommunikation kann letztendlich
dazu führen, dass Einzelhandel und Verbraucher die Beteiligten als
professionell und gut arbeitend anerkennen. Dann werden sie ihnen auch
eher Transparenz bescheinigen und von der emotionalen Ebene auf die
sachliche übergehen. Die politische Entscheidung zur Rindfleisch-
etikettierung allein ist dagegen eher als Beruhigungspille zu
betrachten, die über den Placebo-Effekt nicht hinaus kommt.

Ulrike Buchmann, Frankfurt am Main
Emotional - Aktueller Kommentar vom 26. April 2000
AGRARZEITUNG ERNÄHRUNGSDIENST
 



 

  zum Seitenbeginn


© Copyright

AHO Aktuell ist ein Service von ANIMAL-HEALTH-ONLINE und @grar.de