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AHO Aktuell - 14.04.2000

Erbgut der Listeria - Bakterien entschlüsselt


(idw) Der Krankheitserreger Listeria monocytogenes ist wieder
einmal in die Schlagzeilen geraten: Am 12. April wurde bei einer
Pressekonferenz anlässlich des Kongresses "Genom 2000" in Paris
bekannt gegeben, dass das gesamte Erbgut des Bakteriums
entschlüsselt wurde. An dieser Arbeit waren auch Wissenschaftler
vom Biozentrum der Universität Würzburg beteiligt. Bislang tauchte
ihr Forschungsobjekt vor allem dann in den Schlagzeilen auf, wenn
es Lebensmittel verseucht hatte - in Deutschland zuletzt geschehen
im März 2000.

Auf Grund ihrer weiten Verbreitung und ihrer Eigenschaft, sich sogar
noch bei Kühlschranktemperaturen vermehren zu können, werden
Bakterien aus der Gattung Listeria immer wieder in bestimmten
Lebensmitteln gefunden, zum Beispiel in Weichkäse, in manchen
Fleisch- und Fischprodukten, aber auch in vorgeschnittenen
Fertigsalaten. Es sind aber nicht alle Listeria-Arten krankheits -
erregend, und in der Regel gelten gesunde Erwachsene als recht
widerstandsfähig selbst gegen Infektionen mit den aggressiveren
Vertretern dieser Bakterien.

In manchen Fällen aber können die Listerien ernste, ja lebens -
bedrohliche Infektionen verursachen, beispielsweise Gehirnentzündungen.
Das liegt an ihrer ungewöhnlichen Fähigkeit, nicht nur in der Umwelt,
sondern auch in den Fresszellen des Immunsystems zu überleben. Den
Angriffen dieser Fresszellen können nur wenige Bakterien widerstehen:
Außer Listeria monocytogenes zählen hierzu unter anderem so bedeutende
Krankheitskeime wie Salmonellen oder die Erreger der Tuberkulose.

Als Modell für diese Erregergruppe werden Listerien in etlichen
Laboratorien auf der ganzen Welt untersucht - so auch im Würzburger
Biozentrum. Der Mikrobiologe Prof. Dr. Jürgen Kreft: "Ausnahmsweise sind
die europäischen Forscher auf diesem Gebiet insgesamt führend vor ihren
Kollegen in den USA." Aus diesem Grund und wegen der Bedeutung im
Lebensmittelbereich finanziert die Europäische Union (EU) seit 1998 ein
Gemeinschaftsprojekt, bei dem zehn Forschergruppen aus Frankreich,
Spanien und Deutschland die Erbinformation von Listeria monocytogenes
entschlüsselt haben.

Die Mikrobiologen vom Biozentrum konnten bei der technischen
Durchführung ihres Aufgabenteils auf die Hilfe ihrer Kollegen aus der
Virologie und der Hygiene zurückgreifen. Das Gesamtprojekt steht jetzt
vor seinem Abschluss: Nachdem nun der Informationsgehalt aller 3.000
Gene bekannt ist, sollen diese in den kommenden Monaten noch näher
charakterisiert werden, soweit dies mit den Methoden der Bioinformatik
möglich ist.

Der dabei anfallende, umfangreiche Datensatz ist zwar von unschätzbarem
Wert für einige biologische Fragestellungen, lasse aber nur begrenzte
Aussagen über die Vorgänge in der lebenden Zelle und beim
Infektionsverlauf zu. Folglich hat die EU bereits das Anschlussprojekt
REALIS genehmigt: Die schon bisher europaweit zusammenarbeitenden
Forschergruppen sollen die Funktion und das Zusammenspiel der
Listerien-Gene untersuchen, welche für die Krankheitsentstehung beim
Menschen und für die Vermehrung in der Umwelt und in Lebensmitteln
verantwortlich sind. Von einer solchen systematischen Analyse sowie dem
Vergleich mit anderen, schon genauer bekannten Krankheitserregern
erwarten die Forscher wichtige Erkenntnisse zur Kontrolle, Vorbeugung
und Behandlung von Infektionen mit Listerien und anderen Erregern.

Aus dem Gesamtetat des von der Gesellschaft für Biotechnologische
Forschung in Braunschweig koordinierten Projekts wird den Arbeitsgruppen
von Prof. Dr. Werner Goebel, Prof. Dr. Kreft und PD Dr. Michael Kuhn am
Würzburger Lehrstuhl für Mikrobiologie in den kommenden drei Jahren
insgesamt eine halbe Million Mark zur Verfügung stehen. Der Frage, wie
sich die Fähigkeit zur Krankheitsauslösung innerhalb der vielgestaltigen
Gattung Listeria entwickelt hat, geht auch die Arbeitsgruppe von Prof.
Kreft seit zwei Jahren im Rahmen eines Schwerpunktprogramms der
Deutschen Forschungsgemeinschaft nach: Die Mittel für eine zweite
Förderperiode wurden in diesen Tagen bewilligt.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Werner Goebel,
T (0931) 888-4400;
E-Mail
Prof. Dr. Jürgen Kreft,
T (0931) 888-4419,
Fax (0931) 888-4402,
E-Mail

Quelle:

Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 14.04.2000
 



 

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