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AHO Aktuell - 10.04.2000

Antibiotika-Resistenz: Risiken durch Gen - Pflanzen?


(idw) Zahlreiche gentechnisch veränderten Kulturpflanzen tragen
ein Gen in sich, das sie resistent macht gegen ein bestimmtes
Antibiotikum. Können diese Resistenzgene durch einen Gentransfer in
Bakterien gelangen? Werden dadurch womöglich Krankheitserreger
unempfindlich gegen wichtige Antibiotika? Letztlich: Welche Risiken
gehen von Antibiotika-Resistenzgenen in gentechnisch veränderten
Pflanzen aus? Mit dieser Frage befasst sich die Mikrobiologin Dr.
Kornelia Smalla von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und
Forstwirtschaft (BBA) in Braunschweig. In der Fachzeitschrift
"Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes" haben sie
und ihre Mitarbeiter das Thema jetzt ausführlich beleuchtet. Demnach
lenkt die öffentliche Debatte über mögliche Risiken von Antibiotika-
Resistenzgenen in transgenen Pflanzen von den eigentlichen Ursachen
der zunehmenden Resistenzentwicklung ab.


Resistenzgene gegen Antibiotika wie Kanamycin und Neomycin dienen den
Gentechnikern als Marker, um festzustellen, ob eine Genübertragung
erfolgreich verlaufen ist. Sie werden im Paket zusammen mit den
eigentlich interessierenden Genen in Pflanzenzellen hineingeschleust.
Können sich die Zellen auf antibiotikahaltigem Nährboden zu jungen
Pflänzchen regenerieren, ist dies ein Zeichen, dass die übertragenen
Gene erfolgreich in das Erbgut der Pflanze eingebaut worden sind.

Die Diskussion um Antibiotika-Resistenzgene in gentechnisch veränderten
Pflanzen kann nach Meinung der Autoren nicht losgelöst von der gesamten
Resistenzproblematik betrachtet werden. Bei zahlreichen Mikroorganismen
sind Resistenzgene natürlicherweise verbreitet. Das ergibt sich allein
schon aus der Tatsache, dass die Antibiotika produzierenden Bakterien
und Pilze sich selbst gegen diese Stoffe schützen müssen.

Zwischen Mikroorganismen ist der Austausch von Genen, die auf
ringförmigen kleinen DNA-Strängen - so genannten Plasmiden - sitzen,
weit verbreitet. Zwar konnten die Forscher um Kornelia Smalla auch
nachweisen, dass unter ganz bestimmten Laborbedingungen DNA-Bruchstücke
aus Pflanzen in das Erbgut von Bakterien aufgenommen werden können. Die
Wahrscheinlichkeit dafür ist aber in der natürlichen Umwelt, zum
Beispiel im Boden, äußerst gering und dürfte - gemessen an dem
natürlichen Genaustausch zwischen Bakterien - keine Rolle spielen. Unter
Feldbedingungen konnte ein Gentransfer von Pflanzen auf Bakterien
bislang nicht nachgewiesen werden.

Eine Untersuchung verschiedener Umweltproben wie Abwasser, Flusswasser,
Schweinegülle und Boden ergab, dass ein teilweise beträchtlicher Anteil
der dort vorkommenden Bakterien resistent gegen das Antibiotikum
Kanamycin ist: In Bodenproben lag der Anteil bei 0,001 - 5 %; in einer
Schweinegülleprobe aus den Niederlanden fand die Arbeitsgruppe sogar 39
% Kanamycin-resistente Bakterien. Das lenkt dem Blick auf einen ganz
anderen Anwendungsbereich für Antibiotika: die intensive
Nutztierhaltung. Rund 50 % aller Antibiotika werden hier eingesetzt;
etwa ein Fünftel davon zur Behandlung von Tierkrankhheiten, die übrigen
vier Fünftel zu prophylaktischen Zwecken und als wachstumsfördernde
Futtermittelzusätze. Oft sind es die gleichen Antibiotika, die auch beim
Menschen zum Einsatz kommen. In den zurückliegenden fünf Jahrzehnten hat
der steigende Gebrauch von Antibiotika bei Mensch und Tier zu einem
beispiellosen Selektionsdruck geführt. Mehrfachantibiotika-resistente
Bakterien sind heute weit verbreitet.

Auch wenn die Autoren in ihrer Bewertung nicht gänzlich ausschließen
können, dass es im Boden zu einem Gentransfer von Pflanzen auf Bakterien
kommen kann, so schätzen sie das Risiko einer zusätzlichen Verbreitung
von Antibiotika-Resistenzgenen durch die landwirtschaftliche Nutzung
transgener Pflanzen als sehr gering ein. Ungleich schwerer wirke dagegen
der gestiegene Verbrauch antibiotischer Mittel in der Humanmedizin und
der Nutztierhaltung. Ohne eine drastische Reduzierung des
Antibiotika-Einsatzes in diesen Bereichen, so machen Kornelia Smalla und
Mitarbeiter deutlich, wird das sich verschärfende Problem der
Antibiotika-Resistenz von Bakterien nicht einzudämmen sein.

Die Entwicklung in den Forschungslabors der Pflanzenzüchter geht dahin,
Markergene nach erfolgreicher Genübertragung wieder zu entfernen. Damit
wäre auch das Problem der Antibiotika-Resistenzgene in gentechnisch
veränderten Pflanzen vom Tisch. Bis solche transgenen Pflanzen aber
angebaut werden können, werden noch einige Jahre vergehen.


Der Artikel "Antibiotika-Resistenzgene als Marker in gentechnisch
veränderten Pflanzen - Gefahr durch horizontalen Gentransfer?" ist
erschienen im Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes,
Heft 3/2000, S. 62-68.

Quelle:

Informationsdienst Wissenschaft (idw) - Pressemitteilung
Senat der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des BML,
10.04.2000
 



 

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