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AHO Aktuell - 07.03.2000

BgVV fordert niedrigeren Beurteilungswert für Listerien


Der von einer Handelskette vorgenommene Rückruf von listerienbelastetem
Harzer Käse in Deutschland und die Fälle schwerer Listeriose-
Erkrankungen in Frankreich sind für das Bundesinstitut für
gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) erneut
Anlass, die Hersteller von Lebensmitteln aufzufordern, durch
verbesserte Hygiene bei der Produktion dafür zu sorgen, dass die
Lebensmittel möglichst frei von Listerien sind. Die Überwachungsbehörden
der Länder sollten weiterhin dieser Problematik besondere Aufmerksamkeit
widmen. Bereits vor einem Jahr hat das BgVV darauf hingewiesen, dass
bestimmte Lebensmittel, zu denen vor allem Rohmilchprodukte, aber
auch bestimmte Fleisch- und Fischerzeugnisse sowie pflanzliche
Lebensmittel gehören, mit Listerien belastet sein können.

Listerien sind Bakterien, die in der Umwelt, vor allem auch im
landwirtschaftlichen Bereich, weit verbreitet sind. Die Spezies
Listeria monocytogenes hat auch als Krankheitserreger bei Mensch
und Tier eine Bedeutung. Meist nimmt die Erkrankung beim Menschen
einen relativ harmlosen Verlauf, der einer grippalen Infektion ähnelt.
Bestimmte Risikogruppen, zu denen besonders Schwangere und Neugeborene
zählen, können ernste Symptome (Totgeburt oder Frühgeburt und
Neugeborenenlisteriose) entwickeln. Auch bei älteren und anderen in
ihrer Immunantwort auf Infektionen geschwächten Menschen kommen
schwere Formen der Listeriose mit dem Bild einer Meningitis oder
Sepsis vor. Diese Krankheitsformen verlaufen in etwa 30% der Fälle
tödlich.

Eine Kontamination von Lebensmitteln mit Listerien kann auf
verschiedenen Stufen der Gewinnung und Bearbeitung erfolgen.
Insbesondere Lebensmittel tierischer Herkunft wie Rohmilch und rohes
Fleisch können während der Gewinnung, z.B. beim Melken oder beim
Schlachten, kontaminiert werden. Daher ist nicht auszuschließen, dass
bei Käse, der aus Rohmilch hergestellt wird, eine Kontamination der
Ausgangsmilch die Ursache für das Vorkommen von Listerien im Endprodukt
ist. Bei Käse, der aus wärmebehandelter Milch hergestellt wird, sind
die Listerien bei ordnungsgemäß durchgeführter Pasteurisationder Milch
abgetötet. Bei mangelnder Hygiene im Bearbeitungsprozess ergeben sich
jedoch nach der Wärmebehandlung erneute Kontaminationsmöglichkeiten
für das Produkt. Dies gilt nicht nur für Käse, sondern auch für andere
tierische und pflanzliche Lebensmittel. Beispiele für mangelnde Hygiene
sind unsaubere Arbeitsflächen und Geräte in den Lebensmittelbetrieben,
schlecht oder zu selten gereinigte Aufschnittmaschinen im
Lebensmittelhandel und Mängel in der persönlichen Hygiene von
Mitarbeitern.

Die Überlebens- und Vermehrungsfähigkeit von Listerien in Lebensmitteln
ist von dem Herstellungsverfahren, der weiteren technologischen
Behandlung und den Lagerungsbedingungen abhängig. Kochen, Braten,
Sterilisieren und Pasteurisieren tötet die Bakterien ab. In
Lebensmitteln, die wenig Wasser, viel Salz oder Konservierungsstoffe
enthalten oder sehr sauer sind (z.B. Sauerkraut, Mixed Pickles und
Joghurt), ist eine Vermehrung nur noch verzögert oder überhaupt nicht
mehr möglich. Gute Wachstumsmöglichkeiten im Vergleich zu
konkurrierenden Keimen haben Listerien bei reduziertem Sauerstoff-
angebot (z.B. in vakuumverpacktem Brühwurstaufschnitt und Räucherfisch)
und langen Lagerzeiten der Lebensmittel unter Kühlung.

Aus den genannten Gründen ist bei einer Vielzahl von Lebensmitteln
damit zu rechnen, dass sie Listerien enthalten können. Infolgedessen
können Infektionen des Menschen nach derzeitigem Wissensstand nicht
ausgeschlossen werden. Das Infektionsrisiko kann jedoch vermindert
werden, wenn sich Verbraucher, insbesondere Menschen mit geschwächter
Abwehrkraft, daran halten,

Fleisch- und Fischgerichte vollständig durchzugaren,
Rohmilch abzukochen und
Hackfleisch nicht roh zu essen.

Schwangere sollten zusätzlich auf den Genuss von Rohmilchweichkäse
verzichten und (auch bei anderen Käsesorten) die Käserinde nicht
mit verzehren.

Darüber hinaus empfiehlt das BgVV, bei leichtverderblichen
Lebensmitteln streng auf das Mindesthaltbarkeitsdatum zu achten und
besonders Produkte in Vakuumverpackungen möglichst lange vor diesem
Datum zu verbrauchen.

Für Milch und Milchprodukte gilt, dass in ihnen auf der Hersteller-,
Groß- und Zwischenhandelsebene keine Keime von Listeria monocytogenes
nachweisbar sein dürfen.

Darüber hinaus empfiehlt das BgVV eine Erniedrigung des
Beurteilungswertes für Listerien in verzehrsfertigen Lebensmitteln.
In Zukunft sollten verzehrsfertige Lebensmittel schon dann beanstandet
werden, wenn sie mehr als 100 Keime pro Gramm bzw. Milliliter
Lebensmittel enthalten. Dieser Wert soll für den Zeitpunkt des Verzehrs
innerhalb der Mindesthaltbarkeitsfrist gelten. Damit sind die
Lebensmittelproduzenten aufgefordert, durch entsprechende Maßnahmen
prospektiv diesen neuen, verschärften Beurteilungswert zu gewährleisten
und durch Untersuchungen zu belegen, dass eine Vermehrung der Erreger
über den Beurteilungswert hinaus in dieser Zeitspanne nicht möglich ist.

Diese Empfehlung des BgVV wird zur Zeit mit den für die
Lebensmittelüberwachung zuständigen Ländern abgestimmt.

Das BgVV wird außerdem darauf drängen, dass der vorgeschlagene
Beurteilungswert in der gesamten Europäischen Union eingeführt wird,
um EU- weit eine Verbesserung und harmonisierung des gesundheitlichen
Verbraucherschutzes zu erreichen.

BgVV - Pressedienst, 06/2000, 25. 2. 2000 (überarbeitet am 6.3.2000)
 



 

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