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AHO Aktuell - 16.01.2000

Konsumenten - und Umweltängste: Was ist real? Was ist Hysterie?


(aho) Kaum eine Woche vergeht, in der nicht in den Medien über
Umweltbelastungen, vergiftete Nahrungsmittel oder Killer-Viren
berichtet wird. Offensichtlich haben diese Berichte einen Einfluss
auf die Psyche der Menschen und manifestieren sich in realen
Krankheitssymptomen. Dies berichten Wissenschaftler im New England
Journal of Medicine.

So klagte vor einem Jahr eine Lehrerin in einer Schule in McMinnville,
Tennessee, USA, über Kopfschmerzen, Benommenheit, Atemnot und Übelkeit,
nachdem sie im Klassenraum einen benzinartigen Geruch im Klassenzimmer
wahrgenommen hatte. Kurz darauf zeigten weitere Schüler ähnliche
Symptome. Als der Klassenraum evakuiert wurde, erkrankten weitere
Schüler. Schließlich wurden 99 Schüler und Schulpersonal ins örtliche
Krankenhaus eingeliefert. Alle konnten nach etwa 24 Stunden weitgehend
genesen entlassen werden. Über diesen "Krankheitsausbruch" wurde
ausführlich in den Medien berichtet. Darauf hin wurde die Schule für
fünf Tage geschlossen. Als dann der Unterricht wieder aufgenommen
wurde, klagten wiederum 71 Personen über Gesundheitsbeschwerden.

Eine ganze Reihe von Behörden und namhafte Institute schalteten sich
in die Aufklärung der Vorgänge ein. Die Untersuchungen umfaßten Blut -
und Urinproben; ebenso wurden Boden -, Wasser und Luftproben aus der
Umgebung der Schule analysiert. Es konnten keinen erhöhten
Schadstoffgehalt oder epidemiologische Gründe für die Massenerkrankung
festgestellt werden. Und doch bestand aus medizinischer Sicht kein
Zweifel an der Echtheit der Krankheitssymptome. Eine Befragung, die
einen Monat später durchgeführt wurde, zeigte, dass insbesondere
weibliche Schüler und Lehrer von dieser mysteriösen Erkrankung
betroffen waren. Sie trat dann auf , wenn bekannt wurde, dass ein
Klassenkamerad oder Klassenkameradin krank war und wenn über einen
ungewöhnlichen Geruch berichtet wurde.

Der größte Teil der Betroffenen im "Fall Tennessee" erholte sich in
kurzer Zeit. Einige wenige Betroffene beklagten weiterhin eine
Beeinträchtigung ihrer Gesundheit, die sie auf eine fortwährende
Verseuchung und Kontamination zurückführen. Ebenso hält sich bis heute
in der Wohnbevölkerung der Verdacht, dass man die reale Ursache noch
nicht gefunden habe oder daß die Untersucher selbst die Ursache
vertuschen.

Ausbrüche von Massenhysterie sind möglicherweise häufiger als bisher
angenommen. Dramatische und wiederholte Medienberichte befördern ganz
offensichtlich solche Vorgänge. Fälle von "Pychogenen Erkrankungen"
oder "Massenhysterie" wurden schon vor Jahrhunderten beobachtet. Zu
diesen Zeiten waren es Geister und Dämonen. Wurden sie in neuerer
Zeit durch Viren, Umweltchemikalien und Gifte in Lebensmittel ersetzt?


Quellen:

Timothy F. Jones, Allen S. Craig, Debbie Hoy, Elaine W. Gunter,
David L. Ashley, Dana B. Barr, John W. Brock, William Schaffner
Mass Psychogenic Illness Attributed to Toxic Exposure at a High School
The New England Journal of Medicine 2000;342:96-100

Simon Wessely, Editorial: Responding to Mass Psychogenic Illness
The New England Journal of Medicine 2000; 342:129-130
 



 

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