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AHO Aktuell - 21.10.1999

Antibiotika: Einsatz in der Humanmedizin häufig unqualifiziert


(aho) Kaum eine Woche vergeht, in der nicht Landwirten und
Tierärzten vorgeworfen wird, mit Antibiotika leichtfertig und
unqualifiziert umzugehen. Offensichtlich gibt es aber auch – wie
eine britische Studie belegt - in der Humanmedizin erheblichen
Handlungsbedarf.

Obwohl jeder Humanmediziner wissen sollte, dass Antibiotika bei
Halsschmerzen nur geringen Nutzen haben, werden sie häufig
verordnet. Um zu erfahren, warum Ärzte ihren Patienten trotzdem
Antibiotika verschreiben, wurden in Südwales (Groß Britannien)
praktische Ärzte und ihre Patienten befragt. Das Ergebnis war
verblüffend: Den befragten Medizinern war der geringe Wert einer
Antibiotikatherapie bei Halsschmerzen durchaus bewußt. Trotzdem
verordneten sie häufig Antibiotika “weil die Patienten dies erwarten"
und um das Verhältnis von Arzt und Patient nicht zu stören.

Etwa 30% der Patienten gab an, dass sie die Verordnung eines
Antibiotikums erwarteten. Mütter akzeptierten eher eine
“antibiotika-freie Behandlung” für ihre Kinder als für sich selbst.
Trotzdem war die Zufriedenheit mit der Behandlung bzw. mit dem
Arzt nicht an eine Verordnung von Antibiotika geknüpft. Viele
Patienten wollten auch nur beraten und beruhigt werden und
suchten Linderung ihrer Halsbeschwerden. Ein Grossteil der
Mediziner waren der Meinung, dass die Patienten wegen einer
Erkältung oder Halsschmerzen gar nicht zum Arzt hätten gehen
müssen. Trotzdem wollten die Ärzte nicht einfach wegschicken, in
dem sie auf die Tatsache hinweisen, dass man bei
Viruserkrankungen “sowieso nichts machen kann”.

Eine Verordnung eines Antibiotikums verkürze den Arztbesuch
erheblich. Die Ärzte hatten den Eindruck, dass ihre Patienten viel
zufriedener als nach langwierigen Erläuterungen über den Sinn
und Unsinn eines Antibiotikaeinsatzes seien. Viele Ärzte gaben
an, dass sie selbst erhebliche Zweifel an ihrer Verschreibungspraxis
haben. Entschuldigend wurde vorgebracht, dass doch ein gewisser
prophylaktischer Nutzen für den Patienten gegeben sei und die
eingesetzten Antibiotika keine sogenannten “Breitspektrumantibiotika”
seien, die sowieso kaum zur Selektion resistenter Keime beitrügen.

Der Grossteil der befragten Mediziner schlug vor, den Einsatz von
Antibiotika durch Medieninformationen zu reduzieren.

Quelle:
Butler, CC., Rollnick, S., Pill, R., Maggs-Rapport, F., Stott, N.:
Understanding the culture of prescribing: qualitative study of general
practitioners' and patients' perceptions of antibiotics for sore
throats. BMJ 1998 Sep. 5;317(7159) S. 637 - 42

 



 

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