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AHO Aktuell - 15.06.1999

Mäuse: Hantavirusinfektion des Typs Dobrova in Deutschland


(aho) - Die Weltgesundheitsorganisation stuft Hantaviren als zunehmende
gesundheitliche Bedrohung für den Menschen ein, ähnlich anderen
gefährlichen Keimen wie den Aids-, Ebola- und Marburg-Viren. Als
Hantaviren wird eine Gruppe von Viren bezeichnet, die erstmals am
Fluß Hanta in Korea während des Krieges in den fünfziger Jahren bei
mehr als 3000 Soldaten identifiziert wurden. Hantaviren waren aber
auch die Ursache des sogenannten Schlammfiebers, an dem 1942 mehr
als 10 000 finnische und deutsche Soldaten erkrankten. Zur Zeit sind
in China und Korea jährlich bis zu 150 000 Zivilpersonen Opfer von
Infektionen mit diesen Viren, deren Subtypen - benannt nach dem Ort
der ersten Beobachtung (Hanta, Puumala, Seoul, Dobrava, Sin Nombre
oder Tula) inzwischen auch in Südosteuropa und in Deutschland
anzutreffen sind. Die letzte bekannt gewordene Seuche trat bei
Soldaten im Bosnienkrieg auf.

Übertragen werden die Viren durch Mäuse, wobei jeder Virustyp von
einer anderen Mäuseart über deren Ausscheidungen verbreitet wird.
Deshalb treten Hantavirusinfektionen bevorzugt bei Personen auf,
die im Freien leben wie Soldaten, oder bei Arbeitern in Land- und
Forstwirtschaft. Erkrankungen zeigen sich als Nierenversagen (In
der Fachsprache als "haemorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom
(HFRS) bezeichnet.Das heißt die Kranken haben plötzlich hohes Fieber
und klagen über starke Rücken-, Kopf-, und Bauchschmerzen. Es kommt
zur Vergrößerung der Leber und zum Versagen der Nierenfunktion. Wegen
des geringen Bekanntheitsgrades von Hantavirusinfektionen unter Ärzten
in Europa werden die Erkrankungen sogar mit Blinddarm- und mit
Leberentzündung verwechselt oder als "Nierenversagen unklarer Herkunft"
oder schwere Grippe verkannt. An Hantaviren zu denken, führt auf die
Spur der richtigen Diagnose. Wissenschaftler der Charité um Helga
Meisel vom "Institut für Virologie" haben jetzt in der Zeitschrift
"European Journal of Clinical Microbiology and Infectious Diseases"
((Eur J Clin Microbiol Infect Dis 17 [1998] 884-885) den ersten Fall
einer Hantavirusinfektion des Typs Dobrova in Deutschland publiziert.
Bisher war nur der harmlosere Typ Puumala bekannt. Infektionen mit Typ
Debrova, der vor allem in Südosteuropa durch die Gelbhalsmaus verbreitet
wird, verlaufen in etwa 10 % der Fälle tödlich. Eine ursächliche
Behandlung existiert nicht.

In der Charité wurden im letzten Sommer Blutproben eines 19 Jahre
alten Mannes aus einer ländlichen Region Ostdeutschlands untersucht.
Der Mann war mit Fieber von 39 Grad Celsius, Schüttelfrost, Kopf-,
Rücken- und Muskelschmerzen sowie schwerem Durchfall und Übelkeit in
ein Krankenhaus eingeliefert worden. Sehr rasch entwickelte sich ein
akutes Nierenversagen, das erst nach Tagen beherrscht werden konnte.
Der Patient überlebte und konnte zwei Wochen später entlassen werden,
nachdem seine Beschwerden mit Ausnahme einer Vergrößerung der Leber
verschwunden waren. Im Labor waren zunächst Antikörper gegen Hantaviren
im Blut des Kranken nachgewiesen worden. Weitere Spezialtests ergaben
dann, daß es sich um den Typ Dobrova der Hantaviren handelte. Die
speziellen Nachweisverfahren dürfen nur in Labors der Sicherheitsstufe
III (von IV möglichen) erbracht werden. Ein solches Labor, das den
Umgang mit den potentiell höchst gefährlichen Viren erlaubt, existiert
seit kurzem am Institut für Virologie der Charité. Es ist bisher das
einzige in Deutschland, das Tests zum Nachweis von Hantaviren durchführt,
und steht selbstverständlich, wie Frau Dr. Meisel sagt, jedem Arzt, bzw.
jedem Krankenhaus, das einen entsprechenden Verdacht hegt, zur Verfügung.
Tatsächlich wird die Möglichkeit der Diagnostik an der Charité schon von
zahlreichen auswärtigen Ärzten genutzt. Dabei haben sich bisher alle
Hantavirusinfektionen, die diagnostiziert werden konnten ( bisher
etwa ein Dutzend) als vom Typ Dobrova erwiesen.

Ökologische Bedingungen, die die Vermehrung von Mäusen begünstigen,
aber auch der Tourismus, dürften zukünftig zu stärkerer Verbreitung
dieser bisher noch wenig bekannten Keime beitragen.

Charité; AUS DER MEDIZIN FÜR DIE MEDIEN Nr. 3 / 1999
Pressereferat-Forschung
Dr. med. Silvia Schattenfroh
Augustenburger Platz 1
13353 Berlin

Anmerkung: Die Arbeit ist soeben erschienen, obwohl die Zitierstelle
auf das Jahr 1998 verweist. Das hat verlagstechnische Gründe. (S.Sch.)
 



 

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