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AHO Aktuell - 18.02.1998

RKI warnt vor Auswirkungen des Antibiotikaeinsatzes in der Tiermast


Forschungen am Robert Koch-Institut in Wernigerode haben
belegt, daß der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast in
erheblichem Maße zur Verbreitung von bestimmten resistenten
Bakterien und ihrer Resistenzgene auf den Menschen beiträgt.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat daraufhin auf ein
Verbot für den Einsatz des Glykopeptidantibiotikums Avoparcin
als Futterzusatz zur Beschleunigung der Gewichtszunahme von
Tieren hingewirkt, das für Deutschland vom Bundesministerium
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Januar 1996
ausgesprochen wurde. Im führenden amerikanischen
Wissenschaftsjournal Science wurde jetzt eine
Übersichtsarbeit des RKI-Wissenschaftlers Wolfgang Witte zu
der Thematik veröffentlicht (Science, 279 1998 996-997).

Durch weitergehende Untersuchungen der von Prof. Witte
geleiteten Arbeitsgruppe am RKI konnte nunmehr ein deutlicher
Rückgang der Häufigkeit des Auftretens glykopetidresistenter
Enterokokken in Fleischprodukten nachgewiesen werden. So
waren noch 1994 alle untersuchten Proben des im Handel
angebotenen Geflügels massiv von glykopeptidresistenten
Enterokokken besiedelt, während dies 1997 nur noch bei 25
Prozent der untersuchten Proben der Fall war. Im selben
Zeitraum ist auch beim Menschen ein Rückgang des Befalls mit
den resistenten Bakterien zu verzeichnen gewesen. Wurden sie
1994 noch bei 12 Prozent der gesunden, nicht hospitalisierten
Menschen gefunden, so trat der Erreger 1997 nur bei 3,3
Prozent der Probanden auf. Aufgrund dieses Rückgangs kann
auch erwartet werden, daß glykopeptidresistente
Enterokokken deutlich weniger häufig in Krankenhäuser
eingeschleppt werden, wo sie bislang bei vorgeschädigten
Patienten immer wieder zu schwersten Infektionen führen.

Eine mit der Situation vor dem Verbot von Avoparcin für die
Tiermast vergleichbare Lage ist auch bei anderen Antibiotika
anzutreffen. Eine Resistenz gegenüber dem Antibiotikum
Virginiamycin konnte beispielsweise bei Krankheitserregern
gefunden werden, die beim Menschen Infektionen ausgelöst
hatten, noch bevor es überhaupt zur Behandlung von
Patienten zum Einsatz kam. Virginiamycin wurde aber schon
lange als Wachstumsförderer in der Tiermast eingesetzt. Das
entsprechende Resistenzgen konnte von den Wissenschaftlern
des RKI bei Enterokokken von Masttieren und Fleischprodukten
nachgewiesen werden.

"Die am RKI in Wernigerode erzielten Forschungsergebnisse
legen nahe, zukünftig auf antibiotische Mastbeschleuniger in
der Tiermast völlig zu verzichten, um nicht mehr kalkulierbare
Risiken für die Gesundheit des Menschen zu vermeiden," meint
Prof. Reinhard Kurth, Leiter des Robert Koch-Instituts. In
Schweden ist zum Beispiel der Einsatz von Antibiotika in der
Tiermast seit 1986 verboten.

Die Resistenzentwicklung bakterieller Infektionserreger gegen
Antibiotika wird durch zwei Hauptkomponenten bestimmt: dem
Vorhandensein übertragbarer Resistenzgene einerseits und
andererseits dem Selektionsdruck, dem die Erreger durch den
Einsatz von Antibiotika ausgesetzt sind.
Krankenhauspatienten, die naturgemäß für Infektionen
besonders empfänglich sind und deshalb mit Antibiotika
behandelt werden müssen sowie industriemäßig gehaltene
Masttiere sind derzeit die beiden wesentlichen Reservoire der
Antibiotikaresistenz. Neben dem Einsatz zur Therapie und
Prophylaxe infolge von Infektketten, die sich in großen
Mastbeständen sehr rasch ausbreiten können, werden
erhebliche Mengen antibakterieller Wirkstoffe in der Tiermast
auch als Wachstumsförderer eingesetzt.

Pressemitteilung des Robert Koch-Instituts
14.2.1998
 



 

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